Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrt Gründungsakt
Wien (rk) - Im Juni jährt sich die Konstituierung der Wiener Philharmoniker
als Verein zum hundertsten Mal. Auch wenn die Gemeinschaft von Musikern bereits seit der Etablierung unter Otto
Nicolai im Jahre 1842 bestand, erhielt sie ihre juridische Organisationsform erst 1908. Dabei war es bereits 1873
zum ersten Vorstoß gekommen, die Mitglieder des Hof-Opernorchesters in einem Verein zu organisieren. Als
Name war "Philharmonische Gesellschaft in Wien" vorgesehen. Zu einer Realisierung des Vorhabens kam es
allerdings nicht.
Das Testament des Rudolf Putz
Der Tod des k.k. Beamten in Ruhe Rudolf Putz am 18. März 1908 änderte unvermutet einiges für
die Musikergemeinschaft. Bei der Testamentseröffnung stellte sich heraus, dass Putz die "Gesellschaft
der Philharmoniker in Wien" zu seinem Universalerben eingesetzt hatte. Unter anderem war den Künstlern
ein Haus in der Fasangasse im 3. Bezirk zugedacht. Um das Erbe antreten zu können, musste man sich allerdings
zuvor juristisch konstituieren, was bisher nicht der Fall war. Der Anwalt der Konzertvereinigung riet den Mitgliedern
zur Gründung eines behördlich genehmigten Vereins.
Vereinsgründung
Am 19. Juni 1908 beschloss die Hauptversammlung der Philharmoniker diesen Weg zu beschreiten. Am 22. Juni reichten
Alois Markl und Franz Heinrich als Vertreter der Philharmoniker die Statuten bei der Niederösterreichischen
Statthalterei in Wien als zuständiger Behörde zur Bewilligung ein. Bereits am 29. Juni 1908 entschied
die Statthalterei, die Bildung des Vereins "Wiener Philharmoniker" nicht zu untersagen - folglich also
zu genehmigen.
Erfolgsgeschichte
Die Philharmoniker verglichen sich mit den Nachkommen des Rudolf Putz, die das Testament angefochten hatten,
und traten 1909 das Erbe an. Es sollte einem gemeinnützigen Zweck zu Gunsten der Mitglieder gewidmet werden.
Die Musikergemeinschaft fand mit der Vereinsgründung zu jener organisatorischen und rechtlichen Form, die
sich in Krisenzeiten ebenso bewährte wie in Zeiten wirtschaftlichen Wohlergehens. Die Verfasstheit als Verein
macht es, so der Vorstand der Philharmoniker, Clemens Hellsberg, heute möglich, "die 'Philharmonische
Idee' des Otto Nicolai ... weiterhin zu institutionalisieren und in ihrer künstlerischen Grundtendenz zu wahren". |