Forschungs- und Technologiebericht 2008 liegt dem Nationalrat vor
Wien (pk) - Der jährlich erscheinende österreichische Forschungs- und Technologiebericht
ist eine Zusammenstellung von aktuellen Daten, Befunden und Einschätzungen zur österreichischen Forschungs-,
Technologie- und Innovationspolitik und bietet einen Überblick über die Position Österreichs in
diesem Politikfeld. Der vorliegende Bericht wurde im Auftrag des Wissenschafts- und des Innovationsministeriums
erstellt.
Aktuelle Entwicklungen
Auch im Jahr 2008 werden sich die F&E-Ausgaben in Österreich sehr erfreulich entwickeln. Lag deren Anteil
2007 bei 2,55 Prozent, so darf man für 2008 mit 2,63 Prozent rechnen. Die heimische F&E-Quote übertrifft
damit sowohl den Durchschnitt der EU-Mitgliedsländer als auch den Vergleichswert der OECD-Staaten. Besonders
der Anteil des Unternehmenssektors, der den überwiegenden Teil der österreichischen F&E-Ausgaben
finanziert, entwickelt sich in den letzten Jahren sehr dynamisch. Ebenso konnte der öffentliche Sektor seinen
Finanzierungsbeitrag beträchtlich steigern.
Auch die zuletzt erschienene Ausgabe des "European Innovation Scoreboard" weist für Österreich
eine gute Innovationsperformance auf. Österreich liegt im Gesamtranking an 8. Stelle und gemeinsam mit Irland,
Luxemburg, Frankreich, Belgien und den Niederlanden im guten Mittelfeld. Seit 2003 weist Österreich zudem
die höchste Dynamik unter den "EU 15" auf, wobei die Tendenz weiter steigend ist. Europaweit führend
in Sachen Innovation sind auch weiterhin Schweden, Finnland, Dänemark und Deutschland.
Zwar habe die österreichische Forschungs- und Technologiepolitik 2007 mit der Einführung von Innovationsschecks,
der Einrichtung des Klima- und Energiefonds sowie dem österreichischen Forschungsdialog wesentliche Schritte
in der Weiterentwicklung dieses Politikfeldes gesetzt, doch würden sich, heißt es in dem Bericht, die
Wirkungen und Ergebnisse dieser Aktivitäten erst in den nächsten Jahren vollständig beurteilen lassen.
Bemerkenswert sei, dass Österreichs Unternehmer in den letzten 10 Jahren ihre Forschungsanstrengungen beträchtlich
erhöht hätten. Österreich sei gemeinsam mit Deutschland, Dänemark und Finnland eines jener
Länder in der EU, in denen die Ausgaben für F&E im Unternehmenssektor relativ zum BIP am deutlichsten
gestiegen seien, hält der Bericht fest. Mit diesem quantitativen Zuwachs vollziehe sich aber auch ein qualitativer
Wandel.
Dieser zeige sich unter anderem in einer Analyse des österreichischen Patentportfolios. Traditionelle Stärken
wie Materialwissenschaften, Werkzeugmaschinen und Bauwesen konnten beibehalten werden, während Schwächen
in Informationstechnologien, Medizintechnik oder Halbleitern reduziert werden konnten bzw. sich sogar in Stärken
gewandelt haben.
Ein ähnlicher qualitativer und quantitativer Wandel im österreichischen Unternehmenssektor lässt
sich auch in einer Branchenperspektive erkennen. In nahezu allen Branchen erhöhte sich die F&E-Intensität.
Zugleich ist ein langsamer Strukturwandel hin zu F&E-intensiveren Branchen zu verzeichnen. Trotz deutlicher
Anzeichen eines Wandels stützt die Analyse aber nach wie vor die Einschätzung, dass das österreichische
Strukturparadoxon fortbesteht: Österreichische Unternehmen sind besonders in traditionellen Branchen spezialisiert
und hier auch sehr wettbewerbsfähig.
Bei kleinen, jungen und innovativen Unternehmen ist oft die nötige Kapitaldeckung über traditionelle
Finanzierungsquellen schwer, so der Bericht. Hieraus ergebe sich eine besondere Bedeutung von "Private Equity
und Venture Capital" für Innovation und Wachstum. Die Verringerung von Wohlfahrtsverlusten durch Marktversagen,
der positive Beitrag zum gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel sowie zusätzliche Wachstumsimpulse sind drei
gute Gründe, warum die Politik "Private Equity und Venture Capital" besondere Aufmerksamkeit schenken
sollte. Das Hauptaugenmerk liege dabei neben der Notwendigkeit von öffentlicher Förderung auf der Schaffung
optimaler Rahmenbedingen, resümiert der Bericht.
Eine der wesentlichsten langfristigen Herausforderungen für die Politik ist die Bewältigung des Klimawandels,
konstatiert der Bericht weiter. Technologische Innovationen sind auch hier einer der zentralen Lösungsansätze,
denn für einen Wandel in Richtung nachhaltiger und klimaschonender Wirtschaftsstrukturen müssten langfristig
radikal neue technologische Lösungen entwickelt werden. Zielgerichtete technologische Förderprogramme
können diesen Wandel beschleunigen und sowohl positive ökologische als auch ökonomische Effekte
generieren. Neben der größeren Unabhängigkeit von Energieimporten und der Vermeidung von Emissionen
kann die Investition in die Entwicklung energie- und emissionseffizienter Technologien auch Exportchancen für
Umwelttechnologieproduzenten schaffen.
Universitäten im Wandel
Universitäten sind im Innovationssystem die wichtigsten Quellen für neue wissenschaftliche Erkenntnisse.
Eine weitere Aufgabe von Universitäten besteht in der Ausbildung hochqualifizierter Humanressourcen, so der
Bericht. Die Teilnahme am Bologna-Prozess und das Inkrafttreten des UG 2002 haben die Rahmenbedingungen für
die Erfüllung dieser beiden Aufgaben wesentlich verändert und werden auch die weitere Entwicklung während
der nächsten Jahre beeinflussen, zeigen sich die Autoren des Berichts überzeugt.
Ein Beispiel dafür sei die Entwicklung der Drittmittelfinanzierung. Es sinke der Anteil der Zuwendungen, die
Hochschulen von der öffentlichen Hand ohne Zweckbindung erhielten. Gleichzeitig steigt der Anteil der Mittel
aus antragsorientierter Forschung, wobei ein wesentlicher Teil dieser Mittel vom Fonds für wissenschaftliche
Forschung stammt. Ebenso steigt der Anteil der Hochschulfinanzierung durch Unternehmen und ausländische Organisationen,
ist dem Bericht zu entnehmen.
Mit dem Inkrafttreten des UG 2002 sind österreichische Universitäten verpflichtet, Wissensbilanzen zu
publizieren. Diese Wissensbilanzen sind eine Darstellung und Bewertung des intellektuellen Kapitals der Universität.
Damit wird über strategische Schwerpunktsetzung, Personalentwicklung, Forschungsoutputs, Drittmittelfinanzierung
und Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen Auskunft gegeben. Die Wissensbilanz ist damit neben Leistungsvereinbarung
und Evaluierung ein wichtiges Steuerungsinstrument für Universitäten und liefert darüber hinaus
wertvolle Informationen für die Wissenschafts- und Bildungspolitik, meinen die Autoren des Berichts.
Mit dem Bologna-Prozess und der steigenden Nachfrage nach wissenschaftlichem Personal verändert sich auch
die bisher übliche Form des Doktoratsstudiums. Verschiedene Universitäten haben Doktoratsprogramme eingerichtet,
in denen Studierende in enger thematischer Abstimmung in einer Gruppe und mit einer promotionsbezogenen Finanzierung
arbeiten. Die Dissertation dient vor allem zur Vorbereitung einer wissenschaftlichen Laufbahn. Auch hier zeichnen
sich strukturelle Änderungen ab, welche zielorientierter und damit effektiver die notwendigen Voraussetzungen
für eine wissenschaftliche Karriere bieten sollen, heißt es in dem Bericht.
Internationalisierung
Als kleine offene Volkswirtschaft ist Österreich in hohem Maße auf eine starke internationale
Einbindung und Vernetzung angewiesen. Das österreichische Innovationssystem ist heute wesentlich stärker
internationalisiert als noch vor 20 Jahren. Treibende Kräfte sind hier einerseits die Investitionen ausländischer
multinationaler Unternehmen in Österreich, andererseits die Teilnahme an den europäischen Rahmenprogrammen
für Forschung und technologische Entwicklung.
Österreich ist allerdings nicht nur Zielland für F&E-Investitionen. Österreichische Unternehmen
betreiben immer öfter Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Ausland. Dabei stehen meistens Expansions-
und Marktmotive im Vordergrund. Deshalb sind diese Auslandsaktivitäten in vielen Fällen eine Ergänzung,
aber kein Ersatz der F&E-Aktivitäten des jeweiligen Unternehmens im Inland.
Der bedeutendste Impuls zur Internationalisierung von F&E von Seiten der Politik ist, so der Bericht, die Schaffung
eines gemeinsamen, über die nationalstaatlichen Grenzen hinausgehenden europäischen Forschungsraums.
Wichtigstes Instrument zur Schaffung dieses Raums ist das EU-Rahmenprogramm. Österreichische Organisationen
nahmen am 6. Rahmenprogramm sehr aktiv teil. Insbesondere bei den "neuen Instrumenten", die eine Zusammenarbeit
vieler Partnerorganisationen forcieren, ist die österreichische Beteiligung groß.
Frauen in der Forschung
Die Situation von Frauen in Forschung und Entwicklung ist in den letzten Jahren verstärkte Aufmerksamkeit
zuteil geworden. Hintergrund dieses Interesses ist der Umstand, dass in Österreich vergleichsweise wenig Frauen
in Forschung und Entwicklung tätig sind. Die Autoren des Berichts kommen zu dem Schluss, dass sich die Kluft
zwischen Frauen- und Männeranteilen in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung langsam verringert, was sich
unter anderem daran ablesen lasse, dass immer mehr Frauen in F&E tätig sind, immer mehr Forschungsanträge
von Frauen stammten und die Absolventinnenzahlen in den meisten wissenschaftlichen Disziplinen zunähmen.
Die größten Herausforderungen liegen nach wie vor in der Steigerung der Studentinnen- und Absolventinnenzahlen
in den für F&E wesentlichen Ingenieurswissenschaften sowie in der Aktivierung der noch stark unterrepräsentierten
Forscherinnen für den Unternehmenssektor, wobei besonderes Augenmerk auf die Besetzung höherer Positionen
zu legen wäre. Hinsichtlich Einkommen, der Übernahme von Führungsfunktionen und anderer objektiver
Karrieremerkmale hat sich die Situation von Frauen in Forschung und Entwicklung nur unwesentlich verändert,
hält der Bericht fest. Hier bestehe nach wie vor Handlungsbedarf.
Zukünftige Herausforderungen liegen auch in einer nachhaltigen Etablierung veränderter Strukturen: Arbeitsorganisation
und Arbeitskultur in Unternehmen, die Verfügbarkeit von Betreuungseinrichtungen sowie Karriere- und Rollenbilder
müssten verändert werden, wenn Frauen die gleichen Chancen im Arbeitsfeld F&E vorfinden sollen, schließen
die Autoren.
Der Jahresbericht 2007 des Wissenschaftsfonds und eine umfangreiche Faktendokumentation zu Forschungsförderung
und Forschungsaufträgen runden den Bericht ab. |