17. Braunauer Zeitgeschichte-Tage   

erstellt am
26. 06. 08

"Faszination Fußball" 27.- 29. Juni 2008
Innsbruck (hrb) - Fußball als Gegenstand von Kunst und Kultur ist nicht neu und hat anlässlich der diesjährigen EURO 2008 in Österreich und der Schweiz Konjunktur. Österreich bietet dabei ein besonders spannendes Spiel der Künste auf. Der Urheberrechtlich geschützte Titel des Großprojekts lautet „Kunst im Spiel 2008“.

Den Anstoß bilden Kunstausstellungen wie „Länderspiel“ im Museum Moderner Kunst Kärnten bis hin zu spektakulären Körper-Inszenierungen des New Yorker Künstlers Spencer Tunick (*1967) im Ernst-Happel-Stadion in Wien. Abgesteckt wird das Spielfeld der Künste in Österreich von dem österreichischen Künstler Werner Feiersinger (*1966), der an ausgewählten Plätzen individuell gestaltete Cornerstangen aufstellt: damit markiert er sowohl in Klagenfurt als auch in ganz Österreich ein virtuelles Spielfeld künstlerischer Auseinandersetzung.

Der Fußball als Motiv spielt in etlichen Epochen der Kunstgeschichte bis heute eine Rolle. Die Anfänge der Verbindung von Kunst und modernem Sport (sports and pastimes) liegen im frühen 18. Jahrhundert im Mutterland des Sports: England. Das Sportmotiv im Allgemeinen (Jagdszenen, Pferderennen, Boxen, Football etc.) diffundierte auf dem Wege des Genrebildes und der (politischen) Karikatur in die Kunst hinein. Kunsthistorisch gesehen stehen die Karikaturen in der Tradition der Genremalerei wie die wohl berühmteste Fußballdarstellung des 19. Jahrhunderts „Football“ (1839) von Thomas Webster deutlich macht.

Ausgehend von England setzte später in den 1870er Jahren der weltweite Siegeszug des Fußballspiels ein wie wir ihn heute kennen. In Deutschland wurde der Fußball noch 1898 von dem Stuttgarter Turnlehrer Karl Planck als „Fußlümmelei“, „Strauchballspiel“ und „englische Krankheit“ geschmäht. Renommierte Karikaturisten wie Paul Simmel (1887-1933), Thomas Theodor Heine (1867-1948) und viele andere zeichneten für deutsche Satirezeitschriften beispielhafte Fußballkarikaturen: unter anderem für die „Lustigen Blätter“, die von Januar 1887 an in Berlin erschien oder die deutsche Satirezeitschrift „Simplicissimus“ (1896 in München gegründet). Im Jahr 1869 gründete William Luson Thomas (Künstler und Sozialreformer) in London die Zeitschrift „The Graphic“. Zuvor waren in der Metropole des 18. Jahrhunderts, London die Zeitschrift „The Sporting Magazine“ (1792) und im Jahr 1822 die Zeitschrift „Annals of Sporting“ gegründet worden. Herausragende Karikaturisten karikierten die zeittypischen gesellschaftlichen Vergnügungen und Erscheinungen zu denen auch der in seinen Anfängen noch nicht durch Regeln gezügelte englische Fußball zählte.

Das 19. Jahrhundert avancierte aufgrund der fortschrittlichen Errungenschaften der Drucktechnik zur Ära der Zeitungsgründungen. Charles Heath (1785-1848) war im Jahr 1820 die Vervielfältigung mittels Stahltafeln gelungen, eine entscheidende Innovation. Die schnelllebigen Printmedien waren das erste Massenkommunikationsmittel! Illustrationen hatten zu jener Zeit die Funktion heutiger Fernsehbilder. Es waren zuerst die Künstler, Karikaturisten, Illustratoren, die im Auftrag der Verleger dafür sorgten, dass gesellschaftliche Ereignisse wie Fußballspiele der Leserschaft in Wort und Bild vermittelt wurden. Ein Bild sagt eben mehr als 1000 Worte wie Kurt Tucholsky im Jahr 1926 treffend im UHU aus dem Hause Ullstein schrieb…

Fußball ist längst ein bedeutender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Kulturfaktor: Fußball ist Teil einer Massenkultur.

Anhand ausgewählter Darstellungen werden die Spuren des Fußballmotivs vom frühen 19. Jahrhundert bis hinein in die zeitgenössische Kunst der Gegenwart verfolgt. Lückenlose Berichterstattung wird dabei von der Referentin keinesfalls angestrebt.

Es wird ein Bogen gespannt von beispielhaften Karikaturen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts - unter anderem von Paul Simmel und Thomas Theodor Heine - über Klassiker der „Fußballkunst“ von Markus Lüpertz (*1941 in Liberec (Reichenberg) in Böhmen) und Andy Warhol (1928-1987) bis hin zu Kunst und Karikatur Gegenwart: Gezeigt werden Darstellungen der österreichischen KünstlerInnen Maria Lassnig (*1919 in Kappel in Krappfeld), Deborah Sengl (*1974 in Wien), Erwin Wurm (*1954 in Bruck an der Mur) sowie der deutschen Künstler Andreas Amrhein (*1963 in Marburg, Hessen), Michael Panknin (*1956) Roland Stratmann (*1964 in Weseke/NRW).

Im Verlauf des Spiels wird es einige Einwürfe geben, die Bildreportagen des 19. Jahrhunderts aus den illustrierten Zeitschriften „The Graphic“ und „Leipziger Illustrirte Zeitung“ betreffen sowie Grafiken und Pressezeichnungen der Weimarer Zeit von Theo Matejko (1893-1946), Jean Jacoby (1891-1936) und Willi Baumeister (1889-1955). Die Olympischen Kunstwettbewerbe (1912-1948) werden in diesem Zusammenhang ebenfalls schlaglichtartig thematisiert.

Die Auswahl der Werke zeigt einerseits wie unterschiedlich Künstlerinnen und Künstler sich dem Phänomen Fußball nähern: kritisch, ironisch oder humorvoll und anderseits wie unterschiedlich das Fußballmotiv genutzt wurde. Zahlreiche Erscheinungen und Motive des Fußballspiels werden in den Zeichnungen, Bildern, Objekten, Skulpturen und Installationen thematisiert.

Informationen: http://www.hrb.at/bzt
 
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