Abwanderung aus ländlichen Gebieten nimmt dramatische Dimensionen an
Wien (gemeindebund) - "Die Veränderungen, die durch die demographische Entwicklung in Österreich
ausgelöst werden, werden für viele Gemeinden zur Existenzfrage", warnt Gemeindebund-Präsident
Bgm. Helmut Mödlhammer. "In nur 25 Jahren wird nur noch ein Drittel der Bevölkerung in ländlichen
Gemeinden leben, derzeit wohnen immerhin noch fast zwei Drittel der Menschen in kleineren Gemeinden am Land."
Diese Entwicklung habe, so Mödlhammer, für viele Gemeinden dramatische Folgen. "80 Prozent der Gemeinden
sind ja klein strukturiert und liegen in ländlichen Gebieten. Es ist absehbar, dass ein Großteil von
ihnen zu Abwanderungsgemeinden wird." Zusätzlich verschärft wird das Problem durch die neue Methodik,
mit der die Mittel des Bundes auf Länder und Gemeinden verteilt werden. Derzeit werden die Ertragsanteile
der Gemeinden auf Basis der Volkszählung von 2001 errechnet. Künftig soll es ja nicht mehr alle zehn
Jahre eine Volkszählung geben, sondern die Einwohnerdaten sollen jährlich online aus den Registern entnommen
werden. "Das bedeutet, dass jede Abwanderungsgemeinde den Verlust eines Einwohners sofort an der Abnahme der
Finanzmittel spüren wird."
"Die Gemeinden rund um die Ballungsräume hingegen haben durchwegs steigende Bevölkerungszahlen,
in den dünner besiedelten Gebieten ziehen immer noch viele junge Menschen weg oder pendeln in die Ballungsräume."
Steigende Spritpreise und dadurch abnehmende Mobilität würden den Trend der dauerhaften Abwanderung in
den kommenden Jahren weiter verstärken. "Viele können es sich schon jetzt nicht mehr leisten, in
den nächsten Ballungsraum zu pendeln und am Abend wieder heimzufahren. Diese Menschen werden tendenziell gleich
in die Stadt ziehen und ihre Wohnsitze am Land aufgeben." Laut einer aktuellen Umfrage des ÖAMTC überlegen
53 Prozent der Pendler einen Jobwechsel oder einen Umzug, weil der Leidensdruck durch die hohen Spritpreise immer
grösser wird.
Auch die steigende Lebenserwartung der Menschen wird zunehmend zum strukturellen Problem. "Heutzutage beträgt
die Lebenserwartung eines Mannes durchschnittlich 77,1 Jahre (Frauen: 82,7), bis zum Jahr 2050 steigt dieser Wert
auf 86 Jahre an (bei Frauen auf 90 Jahre). Die ländlichen Räume werden also sehr rasch überaltern."
"Seit Jahren fordern wir - bislang leider erfolglos - die Erarbeitung eines Masterplans für den ländlichen
Raum ein, in dem alle infrastrukturellen Einrichtungen dargestellt werden, die der ländliche Raum unbedingt
braucht, wenn man nicht will, dass diese Gebiete bald unbesiedelt sind. Der öffentliche Personennahverkehr
spielt hier natürlich auch eine entscheidende Rolle."
Die demographische Entwicklung selbst, so Mödlhammer, könne man nur wenig beeinflussen. "Die Politik
hat aber die Verpflichtung, sich mit den Folgen dieser Entwicklung zeitgerecht auseinanderzusetzen und Lösungen
anzubieten."
Der Gemeindebund hat die demographische Entwicklung daher auch zu einem seiner Arbeitsschwerpunkte des Jahres 2008
ausgewählt. Unter anderem werden hochkarätige Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft darüber
bei den "Kommunalen Sommergesprächen 2008" vom 30. Juli bis 1. August in Bad Aussee diskutieren
und nach Lösungen suchen. |