Außenministerin beim Europaforum Wachau
Göttweig (bmeia) - "Beständigkeit lohnt sich. Gerade das Europaforum Wachau zeigt
das. Wir werden mit Geduld und Beharrlichkeit Linie halten. Wir dürfen und werden uns, auch zu Zeitpunkten
wo die Europaidee vielleicht nicht so populär ist, nicht in die Sackgasse der Vereinfachung und der Kurzschlüsse
jagen lassen", erklärte Außenministerin Ursula Plassnik am 05.07. beim Europaforum Wachau in Göttweig,
das dem Thema "Neuer Schwung für Europa" gewidmet war.
"Zuversicht - wichtigster Rohstoff in Europa"
"Zuversicht ist der wichtigste Rohstoff in Europa und die beste Anti-Angst-Strategie", betonte die Ministerin.
"Wir Politiker sind dazu da, diesen Rohstoff zu fördern und zu pflegen. Ich halte nichts von einer Politik,
die Dinge verspricht, die sie nicht einhalten kann. Wir brauchen heute Glaubwürdigkeit, nicht Kurzschlussaktionen
oder Kopfstände, die verunsichern und spalten. Ich will ein starkes Österreich im neuen Europa. Ein Europa
à la carte für jeden einzelnen der fast 500 Millionen EU-Bürger wird es nicht geben."
Plassnik: "Müdigkeit und Selbstverständlichkeit in unseren alternden, wohlhabenden Gesellschaften
gehören zu den größten Gefahren für Europa. Wir dürfen aber nicht nachlassen und glauben,
dass das europäische Projekt so weit fortgeschritten sei, dass es nicht mehr gefährdet werden könne."
Dabei gehe es nicht um ein abstraktes Europa, um irgendein Modell oder Konzept. "Es geht um das Mitgestalten
und Mitverantworten dieses konkreten Europas. Die Welt wartet nicht, bis Europa sich von seiner Eingeweideschau
befreit. Es ist an der Zeit sich mit vereinten Kräften den wirklichen Problemen, dem handfesten Europa zuzuwenden."
Handfestes Europa
"Wir wollen und dürfen uns nicht der Mutlosigkeit beugen." Es gehe jetzt darum, die aktuelle Aufmerksamkeit,
die das EU-Thema habe, zu nützen. Diese sei - so Plassnik - ein "unfreiwilliges Geschenk" des Regierungschefs
durch seinen Schwenk in der Europapolitik. Dazu schlug die Ministerin in ihrer Rede einige konkrete Schritte vor.
So kündigte Plassnik die Einrichtung einer neuen Europaplattform an, die unter www.europafreunde.at erreichbar
ist. "Wir brauchen neuen Schwung und positive Energie für Europa. Wir wollen die österreichischen
Europafreunde mobilisieren und sie einladen sich einzubringen." Als erstes "Ehrenmitglied" schlug
die Ministerin Miguel Herz-Kestranek vor.
Die Ministerin schlug auch vor, die erfolgreichen Europaforen in der Wachau und in Lech zu "klonen":
"Ich denke an ein "Europaforum Österreich", das alle Bundesländer und alle Bevölkerungsgruppen
erfasst. Wir werden nicht nachlassen, wir wollen und brauchen Menschen, die bewegen und die andere mitnehmen. Bewusste
Europäer, bewußte Österreicher sind besser als jede Werbeagentur."
Darüber hinaus arbeite das Außenministerium intensiv an neuen Regelungen zur Kennzeichnung von EU-Projekten
in Österreich: "Wir müssen die EU erlebbarer und sichtbarer machen. Jede Gemeinde in Österreich
sollte ihr Europaprofil stärken und klar ausschildern, wo überall Europa drinnen steckt", so Plassnik,
die einen Beschluss durch die Bundesregierung mit konkreten Zielsetzungen und Zeitplänen im Sommer in Aussicht
stellte.
Kein europapolitischer Wackelpudding
Plassnik erklärte, dass es kein Patentrezept gebe, um das Europabewusstsein zu stärken. "Die neue
Europafeindlichkeit kommt in einem raffinierten Kleid, als "Europa ja, aber ...". Hinter diesem "Aber"
verstecken sich Unzufriedenheiten, Sorgen und Ängste, die wir ernst nehmen müssen. Sie haben aber oftmals
mit der EU wenig zu tun. Es wäre daher ein Akt der intellektuellen Arroganz und Überheblichkeit, wenn
man behauptet, durch eine Einzelmaßnahme hier Abhilfe schaffen zu können", so Plassnik. Die Ministerin
verwies in diesem Zusammenhang auf die Forderung des SPÖ-Führungsduos nach EU-Volksabstimmungen: "Die
Forderung nach Volksabstimmungen ist grundsätzlich populär. Ich empfehle aber, einen zweiten Blick zu
machen. Was kann eine Volksabstimmung bewirken oder lösen? Würde sie einen einzigen Arbeitsplatz schaffen
oder absichern oder einen einzigen Preis senken?" Das irische "Nein" zum EU-Reformvertrag stelle
Europa vor eine Bewährungsprobe. Dies bedeute aber - so Plassnik - noch lange nicht, dass das Führungsduo
der SPÖ einen Kopfstand machen müsse, der dem Ansehen Österreichs in Europa schade. "Österreich
darf kein europapolitischer Wackelpudding sein."
Modellregion Niederösterreich
Plassnik würdigte abschließend auch die vielfältige Vorbild- und Vorreiterfunktion Niederösterreichs
im neuen Europa. Seit dem EU-Beitritt hat das Bundesland 5.300 Projekte umgesetzt, für die 557 Millionen an
öffentlichen Förderungen ausgezahlt wurden. Diese haben wiederum Investitionen in der Höhe von 2,3
Milliarden Euro ausgelöst. "Niederösterreich hat sich unter Landeshauptmann Erwin Pröll zu
einer erfolgreichen und sozialen Modellregion entwickelt." Die grenzüberschreitende niederösterreichische
Landesausstellung 2009, "Österreich. Tschechien. Im Herzen Europas" bezeichnete Plassnik als besonders
gelungenes Beispiel für die Zusammenarbeit im neuen partnerschaftlichen Europa. |