Erste Bank Analysten: Die Aktienmärkte sollten sich im 3Q – und möglicherweise darüber
hinaus – bei hoher Volatilität seitwärts bewegen
Wien (erste bank) - Laut den Analysten der Erste Bank wurden die CEE-Volkswirtschaften bisher kaum
von der Abkühlung der Weltwirtschaft berührt. "Die im 2Q vermutlich erfolgte leichte Abschwächung
ist unserer Meinung nach eher durch die Konjunkturentwicklung zu erklären. Im aktuellen Konjunkturzyklus dürften
wir die Wachstumsspitze bereits überschritten haben. In den kommenden Quartalen sollte sich das Wachstum weiter
abschwächen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe: Die Zinsanhebungen sollten ihre Wirkung entfalten.
Der angespannte Arbeitsmarkt lässt ein über dem Potential liegendes Wachstum nicht mehr zu, und schließlich
beeinträchtigen die hohen Energie- und Lebensmittelpreise die Kaufkraft der Konsumenten. Auf Grund des bestehenden
Nachholbedarfs werden die Wachstumsraten aber auch weiterhin über jenen der entwickelten Märkte liegen",
meint Henning Esskuchen, Co-Head CEE Equity Research der Erste Bank.
Für die Analysten der Erste Bank ist der Wachstumsrückgang in CEE eher eine Folge des Konjunkturzyklus
denn eine direkte Auswirkung der gegenwärtigen globalen Turbulenzen. Die Inflation bleibt auch weiterhin überall
ein Thema. Angesichts der Tatsache, dass die zur Wahl stehenden Länder allesamt unter der Inflation leiden,
entscheiden wir uns für die CEE-Märkte nicht nur deshalb, weil dort die Inflation mit entsprechend hoher
Inlandsnachfrage und Wachstum einher geht. Noch schwerer wiegt vielleicht das Argument, die CEE-Zentralbanken besäßen
noch das Instrumentarium, um mit einer solchen Situation umzugehen. Während die US-Notenbank Fed und die EZB
einerseits die Konjunktur in Gang halten und andererseits die durch externe Faktoren angeheizte Inflation bekämpfen
müssen, erhebt sich die große Frage, inwieweit die Erhöhung der Zinsen die Inflation im Inland
überhaupt dämpfen wird. In CEE besteht bei Inlandsnachfrage und Kreditvergabe hingegen eine hohe Dynamik,
die durch Zinsanhebungen durchaus zu beeinflussen sein könnte.
ZEW-Indikator für CEE: Weitgehend positive Bewertung der aktuellen Wirtschaftslage in Zentral- und Osteuropa.
Ausblick bis auf Weiteres vorsichtig
Der jüngste von ZEW/Erste Bank veröffentlichte Indikatorwert für die Konjunkturaussichten
bestätigte erneut, dass sich der Ausblick verschlechtert hat. Sowohl im Euroraum als auch in CEE soll sich
die Wirtschaftslage weiter eingetrübt haben. Zwei Drittel der Befragten betrachten die aktuelle Lage für
CEE als normal (65,5%). Niemand stufte sie als schlecht ein. Jedenfalls bewerten 35% die aktuelle Lage noch als
gut, während im Euroraum nur 15% die Lage als gut und 82% sie als normal bewerten. Bei den wirtschaftlichen
Erwartungen sind die Einschätzungen für CEE zwischen "unverändert" und "schwächer
werdend" ausgeglichen (jeweils 43%). Bei der Spezialfrage ging es diesmal um die erwartete Preisentwicklung
bei Rohstoffen. Die Mehrheit der Befragten rechnet offenbar mit weiterhin steigenden Rohstoffpreisen.
Die Börsen werden sich bei hoher Volatilität seitwärts bewegen:
Erste Bank Analysten: "Wir erwarten für das dritte Quartal - und möglicherweise sogar bis
Jahresende - keine deutliche Erholung mehr. Wir setzen weiterhin auf Liquidität und Größe, was
für die üblichen Verdächtigen wie Österreich, Polen und (auch aus anderen Gründen) Russland
spricht. Die Rohstoffpreise sollten auch weiterhin von der erwarteten Nachfrage sowie der Spekulation bestimmt
werden. Damit bleibt die Energie der bevorzugte Sektor. Österreich und Polen bleiben in unserem Portfolio
übergewichtet, wenn auch in geringerem Maße als zuletzt".
Vorschlag der Erste Bank:
- Leicht übergewichten - Polen: Polen scheint bei den polnischen Anlegern weiter an Attraktivität eingebüßt
zu haben, da die Pensionsfonds ihre Aktiengewichtung auf weniger als 30% zurückgenommen haben. Die inländischen
Investmentfonds verzeichneten weitere Cash-Abflüsse. Dieser Trend hält nun bereits seit November letzten
Jahres an. Damit ist die zuvor akzeptierte geringfügig höhere Bewertung für diesen Markt zu einem
negativen Argument geworden.
- Leicht übergewichten - Österreich: Für Österreich mussten wir unsere Modellergebnisse nachbessern,
um zu unserer Bewertung "Übergewichten" zu gelangen. Der Markt ist jedoch nach wie vor mit einem
prognostizierten KGV von 10,5 bewertet. Zudem wird nach den vorangegangenen negativen Gewinnrevisionen die Gewinnentwicklung
nun wieder positiver eingeschätzt.
- Leicht übergewichten - Tschechische Republik: Für die Tschechische Republik ergab sich aus unserem
Modell eine Empfehlung zu einer leichten Übergewichtung. Der Markt wirkt zwar etwas unspektakulär, bleibt
in der Region aber ein sicherer Hafen.
- Ungarn: Übergewichten, wenn auch weniger stark als vom Modell empfohlen. Für Ungarn lautete der Vorschlag
unseres Modells "Übergewichten", doch entschlossen wir uns - wie schon in früheren Ausgaben
- zu einer etwas abgeschwächten Vorgangsweise. Die groß angelegten Maßnahmen gegen die auf makroökonomischer
Ebene bestehenden Schwierigkeiten haben keine sofortigen Erfolge gezeitigt, auch die (durch das Lohnwachstum getriebene)
Inflation bleibt problematisch. Die Bewertung spricht nach wie vor deutlich zu Gunsten der Region. Eine Verbesserung
der Nachrichtenlage auf der Makroseite könnte die Grundlage für einen Performanceanstieg bilden.
- SEE bewegt sich in Richtung Neutral. Während wir die Outperformance des serbischen Marktes im zweiten
Quartal als spekulativ bedingt beurteilen, erkennen wir auf dem rumänischen Markt - für Wagemutige -
noch ein gewisses Potenzial. Das makroökonomische Gesamtbild des Marktes ist sicherlich noch ein wenig getrübt,
doch ist aus den jüngsten Daten zu schließen, dass es sich bei dem aktuell hohen Leistungsbilanzdefizit
nicht um eine Einbahnstraße handelt. Die umgesetzten Maßnahmen könnten tatsächlich das Exportwachstum
fördern und die Einfuhren einschränken. Insbesondere die immer noch solide Entwicklung der Investitionen
erscheint als ermutigendes Signal. Kroatien kämpft immer noch mit Schwierigkeiten, doch sind zumindest die
Bewertungen noch ein wenig weiter zurückgegangen. Daher stellt die Bewertung - der Hauptgrund für die
vorhergegangene Untergewichtung - keinen besonderen Nachteil mehr dar. Damit positionieren wir die Region als mehr
oder weniger neutral.
- Höhere Gewichtung - Russland: Russland ging aus unseren Modellberechnungen als klarer Sieger hervor. Wir
bestätigen dieses Ergebnis, indem wir den Markt in Richtung Übergewichten empfehlen. Die Rohstoffpreise
und der politische Wille, die Wirtschaft zu stärken, sollten für den Markt im derzeit turbulenten Umfeld
stützend wirken.
- Untergewichten - Türkei: Laut unserem Modell sind in der Türkei nur sehr leicht negative Erträge
zu erwarten. Wir betrachten den Markt auch weiterhin als eine Option, sobald die politischen Fragen gelöst
sind. Dies könnte allerdings bis Anfang nächsten Jahres dauern. Gegenwärtig nehmen wir die niedrige
Bewertung zur Kenntnis, bleiben vorerst aber noch bei der Marktbeurteilung "Untergewichten/Neutral".
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