Abgeordnete beklagen Fehlen von Venture-Capital
Wien (pk) - Ein Bericht über die Jahresvorschau 2008 auf Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms
der Europäischen Kommission sowie das Arbeitsprogramm des Europäischen Rates, der Österreichische
Forschungs- und Technologiebericht, aber auch eine Aktuelle Aussprache boten den Abgeordneten des Ausschusses für
Forschung, Innovation und Technologie am 02.07. ein weites Feld für eine Standortbestimmung der österreichischen
Forschungspolitik.
In der Debatte wurde von mehreren Abgeordneten auf den Umstand verwiesen, dass es im Unterschied etwa zur Schweiz
in Österreich an dem für innovative Unternehmungen so wichtigen Venture-Capital mangelt. Abgeordnete
Karin Hakl (V) warnte, das Fehlen von Risikokapital für die unternehmensnahe Forschung habe bereits zur Abwanderung
von zahlreichen hoffnungsvollen Forschungsbetrieben aus Österreich geführt. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker
(G) machte ebenfalls den Mangel an Risikokapital neben jenem an hochqualifiziertem Forschungspersonal für
die Abwanderung von Forschungseinrichtungen verantwortlich, während Abgeordneter Martin Graf (F) daran zweifelte,
dass das derzeit in Begutachtung befindliche Investitionsgarantie-Gesetz eine ausreichende Antwort auf das Problem
geben werde.
Hakl, die insgesamt von erfreulichen Entwicklungen der Forschung in Österreich sprach, kritisierte überdies
den wachsenden Bürokratieaufwand bei der Forschungsförderungs-Gesellschaft und forderte zudem mehr Geld
als bisher für Forschungskooperationen mit den Fachhochschulen.
Abgeordneter Kurt Grünewald (G) warnte vor der Abwanderung österreichischer WissenschafterInnen und meinte,
die Mobilität scheitere oft an den UOG-Strukturen, die es für heimische Spitzenkräfte mangels Karrieremöglichkeiten
unattraktiv machen, nach einem Auslandsaufenthalt an österreichische Hochschulen zurückzukehren. Was
die europäische Perspektive betrifft, äußerte Grünewald Bedenken hinsichtlich verstärkter
Investitionen in Richtung Atomenergie, dies vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen französischen EU-Präsidentschaft.
Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) begrüßte den Zuwachs der unternehmensbezogenen Forschungsquote in Österreich
und brachte den neugeschaffenen Klima- und Energiefonds und die diesbezügliche Zusammenarbeit der einzelnen
Ministerien zur Sprache.
Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) merkte zum Klima- und Energiefonds an, dieser sollte sich in erster Linie
auf die Energieversorgungssicherheit und die Entwicklung erneuerbarer Energieträger konzentrieren.
Die Forcierung der erneuerbaren Energie war auch zentrales Anliegen der Abgeordneten Norbert Hofer (F) und Peter
Marizzi (S). Marizzi sah dabei vor allem die staatlichen Leitbetriebe wie die OMV zu verstärkten Investitionen
aufgerufen.
Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) wies auf die Situation der Frauen in der Wissenschaft hin und sprach von nach
wie vor bestehenden Benachteiligungen.
Abgeordneter Veit Schalle (B) wiederum stellte fest, immer mehr junge Menschen würden in die falsche Richtung
studieren, und forderte eine entsprechende Aufklärung.
Bundesminister Johannes Hahn hielt zunächst zum Thema Kernkraft in der EU fest, Österreich habe sich
intensiv dafür eingebracht, dass sich die EU in diesem Bereich auf die Sicherheit konzentriere und Kernforschung
Gegenstand der nationalen Initiativen bleibe. Insgesamt könne man aber nicht die Augen davor verschließen,
dass alle anderen EU-Staaten mit unterschiedlicher Intensität einen Ausbau der Kernenergie betreiben. Österreich
wäre daher gut beraten, sagte Hahn, sich in der Sicherheitsforschung stärker zu involvieren. Dazu bedürfe
es aber auch einer entsprechenden heimischen Expertise, gab er zu bedenken.
Hinsichtlich der Abwanderung heimischer SpitzenforscherInnen gab Hahn Entwarnung und wies darauf hin, dass 90 %
der Schrödinger-Stipendiaten wieder nach Österreich zurückkehren. Dazu komme noch, dass sich Österreich
in den letzten Jahren als hochattraktiver Arbeitsmarkt in zunehmendem Maße auch für Wissenschafter aus
den USA erwiesen habe.
Hahn berichtete weiters von großen Aufwendungen für die Frauenförderung, die aber, wie er zu bedenken
gab, dort an Grenzen stoßen, wo das Exzellenzkriterium so wichtig sei, dass die geschlechtsspezifischen Aspekte
nur sekundäre Bedeutung haben.
Hinsichtlich des Klima- & Energiefonds merkte Hahn an, Ziel sei es, fünf Prozent der Gesamtsumme der Grundlagenforschung
zu widmen. Derzeit lägen Anträge in einem Gesamtvolumen von fünf bis sechs Millionen Euro vor, berichtete
das Regierungsmitglied, das sich zuversichtlich zeigte, dass es gelingen werde, die bisher vorhandenen Defizite
auszugleichen.
Schließlich äußerte sich der Minister noch zu Fragen der Hochbegabten- und Frühförderung
und zur Vereinbarkeit von Forschung und Familie. Er berichtete von den geplanten Fördermaßnahmen im
internationalen Kontext, wobei China, Indien und Russland im Fokus des Interesses stünden.
Zuletzt setzte sich Hahn noch mit den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften auseinander, die ihm ein besonderes
Anliegen seien. Hier habe eine höhere Sensibilität Einzug gehalten, Österreich stehe im internationalen
Vergleich gut, wenngleich weitere Maßnahmen geboten seien.
Staatssekretärin Christa Kranzl bezeichnete die alternativen Energieträger als Schwerpunkt des Ministeriums,
beklagte aber, vor allem auf dem Gebiet der Photovoltaik fehle es an einem heimischen Markt, sodass 97 % in den
Export gehen. Das Ministerium arbeite an einer intensiven Informationskampagne über Kosten und Nutzen dieser
Technologie. Auf dem Sektor der Passivhäuser wiederum habe Österreich die größte Dichte in
Europa.
Die Rückflüsse aus dem 6. EU-Rahmenprogramm bezifferte Kranzl mit 117 % und drückte ihre Zuversicht
aus, dass auch das kommende Rahmenprogramm einen ähnlichen Erfolg für Österreich bringen werde.
Gut positioniert sei Österreich auch bei den Patentanmeldungen, vor allem im Bereich der Schlüsseltechnologien.
Gefördert würden auch weiterhin Frauen bei der Forschung in Unternehmen, wobei ein Schwerpunkt auf Frauen
in Technik und Naturwissenschaften gelegt werde. Hier setze man teilweise schon in den Kindergärten an, um
entsprechendes Interesse früh zu stärken. Mit Forschungsschecks für Innovationspraktika würde
zudem eine weitere Initiative gesetzt. Bis dato gebe es 450 Bewerbungen, nächstes Jahr würden es wahrscheinlich
bereits 1.000 sein, zumal Unis, FH und Betriebe dieses Projekt gut annähmen. Es sei dies eine Win-Win-Situation
für die Betriebe, weil ihnen keine Kosten entstünden.
Schließlich setzte sich Kranzl noch mit dem direkten Engagement bei den Bildungseinrichtungen und mit den
Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung auseinander.
Bei der Abstimmung wurden die beiden Berichte jeweils einstimmig zur Kenntnis genommen.
Die ursprünglich angesetzte Aussprache über aktuelle Fragen aus dem Arbeitsbereich des Ausschusses wurde
vertagt.
Vertagt wurden schließlich auch Anträge des BZÖ betreffend Umsetzung der Vorschläge des Rechnungshofs
zur Verwaltungsreform sowie Erreichung einer F&E-Quote von 3 % bis 2010 sowie eine Initiative der FPÖ
betreffend Erhöhung des Beitrags Österreichs zur Europäischen Weltraumorganisation ESA. |