Innsbruck (universität) - Die Suche nach neuen Kristallformen von Arzneistoffen
steht im Mittelpunkt einer erfolgreichen Kooperation zwischen dem Pharmaunternehmen Sandoz und mehreren Instituten
der Universität Innsbruck. Das gemeinsame Projekt wurde am 02.07. in Wien mit einem der diesjährigen
science2business Preise für die besten Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft ausgezeichnet.
Im Mittelpunkt der seit Mitte 2004 bestehenden Kooperation zwischen Sandoz und den Instituten für Pharmazie,
für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie und für Mineralogie und Petrographie an der Universität
Innsbruck steht die Auffindung und Charakterisierung neuer Kristallformen von Arzneistoffen. Diese polymorphen
Formen sind aus chemisch identischen Wirkstoffmolekülen aufgebaut, die sich aber in der Anordnung im Festkörper,
d.h. in der Kristallstruktur, unterscheiden. Dies wiederum kann zu Unterschieden im physikalisch chemischen Verhalten
wie zum Beispiel der Löslichkeit und damit der Bioverfügbarkeit führen. Das Phänomen der Polymorphie
betrifft aber nicht nur Arzneistoffe, sondern alle Arten von synthetischen und natürlichen Materialien und
muss zum Beispiel auch bei der Produktion von Farbstoffen, Sprengmitteln, Pflanzenschutzstoffen und sogar bei der
Schokoladenherstellung berücksichtigt werden. Ferner beeinflusst Polymorphie auch viele im Erdinneren ablaufende
Prozesse ganz wesentlich.
Von Fragen der Grundlagenforschung bis zu Patenten
„Unsere Untersuchungen ermöglichen einerseits die Entwicklung besser wirksamer und verträglicherer Medikamente“,
erklären Prof. Ulrich Griesser vom Institut für Pharmazie und der Chemiker Prof. Herwig Schottenberger,
„andererseits kann anhand der gewonnenen Daten die Arzneimittelproduktion optimiert und das Know-how durch Patentierung
geschützt werden.“ Die Mineralogen Prof. Volker Kahlenberg und Prof. Richard Tessadri ergänzen: „Die
Charakterisierung der Kristallformen erfolgt durch verschiedene modernste Methoden wie Röntgendiffraktometrie,
Schwingungsspektroskopie und thermoanalytische Verfahren.“ Doktoranden und Postdocs an den beteiligten Universitätsinstituten
bemühen sich außerdem um die Entwicklung neuer Analysenstrategien und von theoretischen Ansätzen
zur Erfassung von Struktur-Eigenschaftsbeziehungen von Arzneistoffen. Ein weiterer Schwerpunkt der Kooperation
liegt in der Erforschung und Patentierung verbesserter Syntheseverfahren zur Herstellung der bearbeiteten Arzneistoffe.
Dies ist wichtig um unabhängige Bezugsquellen für die Wirkstoffe zu garantieren sowie eine höhere
Wertschöpfung zu gewährleisten. Basierend auf den durchgeführten Arbeiten wurden bisher insgesamt
15 Patente angemeldet.
Erfolgreiche Partnerschaft
Im Rahmen des auf sechs Jahre anberaumten Projekts fließen insgesamt rund 4 Millionen Euro an die Universität
Innsbruck. Aus den Mitteln werden sowohl mehrere wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finanziert,
als auch neue, hochmoderne Analysegeräte angeschafft. „Mit dem gemeinsamen Projekt führen wir eine seit
Jahrzehnten laufende universitäre Partnerschaft mit dem Kundler Pharmahersteller erfolgreich fort“, freut
sich Prof. Griesser. „Sandoz hat mit der Universität Innsbruck einen kompetenten Partner für Projekte,
die Arbeiten auf höchstem wissenschaftlichem Niveau verlangen. Die bisherige intensive Zusammenarbeit im Rahmen
des Projekts hat klar gezeigt, dass beide Seiten enorm voneinander profitieren und dass speziell in unserem Forschungsgebiet
die Fusion von Wissenschaft und industrieller Praxis notwendig und wichtig ist“, sagen Dr. Johannes Ludescher,
Leiter des Polymorphismusgruppe und Dr. Arthur Pichler, Leiter des Analytiklabors in der Polymorphismusgruppe bei
Sandoz in Kundl.
Preis für erfolgreiche Kooperation
Die science2business Preise wurden heuer zum zweiten Mal für die besten Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft
vergeben. Die mit insgesamt 12.000 Euro dotierten Preise werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
bereitgestellt. Teilnahmeberechtigt waren alle F&E Kooperationen im naturwissenschaftlichen Bereich. Insgesamt
haben 32 Kooperationen eingereicht, an denen insgesamt 177 verschiedene Kooperationspartner aus zwölf Nationen
beteiligt sind. |