Schmied: "Österreich und EU auf einer Linie: Gelungene Bildung ist der Schlüssel zu gelungener Integration"   

erstellt am
02. 07. 08

Kommission veröffentlicht Green Paper und startet Konsultationsprozess
Wien (bmukk) - Die Europäisch Union beschäftigt sich mit dem Thema "Bildung für Kinder mit Migrationshintergrund". Auf Basis eines Green Papers der Kommission und im Rahmen eines Konsultationsprozesses bis zum 31. Dezember soll das Thema mit allen Mitgliedsstaaten behandelt werden. Bildungsministerin Claudia Schmied begrüßt diesen Schritt der Kommission, die dieses Thema aktiv aufgreift. "Gelungene Bildung ist der Schlüssel zu gelungener Integration. Österreich hat besonderen Handlungsbedarf, wie uns die Ergebnisse der PISA-Studie zeigen. Darum setzt Österreich durch die Sprachförderung im Kindergarten, die Verlängerung und die Ausweitung der Deutschförderkurse an den Pflichtschulen oder den Ausbau von muttersprachlichem Unterricht wichtige Schritte zur Integration. Auch der Vorschlag des Innenministeriums, Schulen mit hohem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund mit mehr Ressourcen auszustatten hat meine volle Unterstützung", so Schmied.

Die Aussagen der Kommission zusammengefasst:

Starker Zuzug aus Drittstaaten und Mobilität innerhalb der EU führten in den vergangenen Jahren in vielen Mitgliedsstaaten zu einem starken Anstieg der Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund in den Schulen. Innerhalb der EU-15 wurden mindestens 10% der 15-Jährigen in einem anderen Land geboren oder haben Eltern, die beide aus einem anderen Land kommen. In der 4. Klasse Volksschule nähert sich der Anteil 15%. In Ländern wie Irland, Italien oder Spanien hat sich der Prozentsatz seit 2000 verdreifacht oder vervierfacht.

Weiters haben Migrationsströme die Tendenz, zu Ballungen in urbanen Gegenden oder bestimmten Städten zu führen.

Die Herausforderungen für Schulen (Qualität, Zugangsgerechtigkeit, Integration) sind dort besonders hoch, wo sprachliche und kulturelle Unterschiede mit sozioökonomischer Benachteiligung zusammenfallen. Diese Faktoren konzentrieren sich oft auf bestimmte Gegenden und Schulen. Dort liegt auch der Fokus des Green Paper.

Zur Bildungssituation von Kindern mit Migrationshintergrund in Europa zeigt das Papier Handlungsbedarf auf. Kinder mit Migrationshintergrund schneiden in allen getesteten Bereichen schlechter ab, als Kinder ohne Migrationshintergrund. Nationale Indikatoren bestätigen diesen Eindruck. Die verwendeten Daten leiten sich aus den PISA und PIRLS Studien ab.

Das Muster spiegelt sich auch in den Schuleinschreibungen: Kinder mit Migrationshintergrund besuchen weniger oft vorschulische Einrichtungen und wenn erst später. Im Pflichtschulalter gleichen sich die Zahlen an, später zeigt sich, dass Kinder mit Migrationshintergrund in berufsbildenden Schulen überrepräsentiert sind, die typischerweise nicht zu höherer Bildung führen. Besonders deutlich zeigt sich der Unterschied bei frühen Schulabbrechern. All diese Faktoren führen zu vergleichsweise geringen Zahlen von Kindern mit Migrationshintergrund, die ein Universitätsstudium abschließen.

In einigen Ländern, darunter auch Österreich, verschlechtern sich die Testergebnisse von Schülern mit Migrationshintergrund von der ersten zur zweiten Generation. Es scheint, dass Bildung hier nicht nur als integrative Kraft versagt hat, sondern es besteht auch die Gefahr, dass die höheren Unterschiede im Lernerfolg soziale Unterschiede weiter einzementieren. "Hier müssen wir handeln. Der Ausbau der Deutschförderung und die Intensivierung des muttersprachlichen Unterrichts müssen hier Hand in Hand gehen", so Schmied.

Um den Herausforderungen des höheren Anteils von Kindern mit Migrationshintergrund im Bildungssystem zu begegnen, bedarf es laut Green Paper der Kommission einer neuen Art des Unterrichts aber auch neuer Wege Zugänge zu Familien mit Migrationshintergrund und Gemeinschaften zu finden.

Die Kommission sieht die Gefahr, dass hohe Konzentrationen von SchülerInnen mit Migrationshintergrund die ohnehin vorhandenen Unterschiede im Schulsystem entlang sozioökonomischer Bruchlinien verstärken (Weggang der sozialökonomisch Stärkeren von bestimmten Schulen).

"Die Herausforderungen für das Bildungssystem in diesem Zusammenhang müssen immer im weiteren Kontext der sozialen Integration gesehen werden. Jedes Versagen des Schulsystems wird sich im sozialen Zusammenhalt der gesamten Gesellschaft spiegeln", so Schmied.
Die Kommission empfiehlt folgende positive politische Antworten für gelungene Bildung und damit für gelungene Integration:

Generell sind Bildungssysteme die Chancengleichheit fördern auch effektiver im Umgang mit den Bedürfnissen von MigrantInnenkindern.

Erwerb der Gastlandsprache ist zentral für Integration (Kurse, Früherwerb, Lehrer-kompetenz für Gastlandsprache als Zweitsprache).

Förderung der Muttersprache.

Gezielte Förderung und bessere Ressourcenausstattung um Bildungsnachteilen entgegenzuwirken für Individuen oder auch Schulen mit hohem Migrantenanteil.

Zusätzliche Bildungsförderung für bestimmte Zielgruppen - z.B. Lernzentren, Mentoring, Partnerschaften mit Elternorganisationen oder Institutionen der jeweiligen Communities, Schul-MediatorInnen.

Zweite Bildungschance.

Vorschulbildung bringt hohe Erfolge, allerdings sind gerade Migrantenkinder oft jene mit den geringsten Zugangsmöglichkeiten.

Präventionsstrategien gegen Segregation (z.B. "magnet schools").

Qualitätssicherung an den Schulen, Teacher Training, mehr LehrerInnen mit Migrationshintergrund.

Interkulturelle Bildung.

Obgleich Bildung nationale Angelegenheit ist, empfiehlt sich gerade im Bereich Migration die Zusammenarbeit mit der EU. Die EU wird diesen Prozess unterstützen, etwa durch Empfehlungen zu Schlüsselkompetenzen oder neue Bildungsprogramme. Die Kommission will im Dezember 2008 Vorschläge für einen neunen Rahmen für die offene Methode der Koordinierung bringen, die sich auch auf Bildung für Migrantenkinder beziehen, etwa die mögliche Entwicklung von Benchmarks und Indikatoren in diesem Bereich. "Österreich wird sich aktiv einbringen. Vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass etwa an unseren Volksschulen der Anteil von Kindern mit anderer Erstsprache als Deutsch zwischen den Schuljahren 1993/94 und 2006/07 von 11,3 % auf 20,3 % gestiegen ist, hat dieses Thema besondere Relevanz", so Schmied abschließend.
 
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