BM
Schmied: "Restitution als historische Pflicht"
Novelle des Kunstgüterrückgabegesetzes in Begutachtung
Wien (bmukk) - "Die Restitution geraubter Güter ist eine historische Pflicht, der die Republik
Österreich nachkommt", so Kulturministerin Claudia Schmied. Das Kulturministerium hat in den vergangenen
Monaten in enger Kooperation mit Clemens Jabloner und in Verhandlungen mit den Experten des Finanzministeriums
eine Novelle des Kunstgüterrückgabegesetzes erarbeitet, die sich bis 1.Septmeber in Begutachtung befindet.
Die zehnjährige Praxis des 1998 beschlossenen Kunstrückgabegesetzes ergab:
1. Die einzelnen Bestimmungen sind zu eng gefasst, um einer vollständigen Rückgabe bedenklicher Kunstgegenstände
bzw. sonstigem beweglichem Kulturgut im Bundeseigentum nachzukommen. Der Beirat interpretierte das Gesetz sehr
weit ("Kunstgegenstände", Entziehungen außerhalb des Bundesgebietes bzw. in NS-Deutschland
vor 1938, entzogene Gegenstände, die heute nicht bei den Bundesmuseen und Sammlungen inventarisiert sind).
2. Verkäufe zurückgegebener Kunstgegenstände durch ehemals NS-Verfolgte an den Bund unter dem
Druck des Ausfuhrverbotes sind bisher nicht erfasst.
3. Die auf bloß ein Jahr beschränkte Funktionsperiode der Beiratsmitglieder hat sich als nicht praktikabel
erwiesen.
4. Die bestehende Kommission für Provenienzforschung nimmt eine wesentliche Rolle im Rückgabegeschehen
ein, ist aber bislang im Gesetz nicht vorgesehen.
5. Die Ausnahmen von den Beschränkungen des Denkmalschutzgesetzes gelten nur für die Rückgaben
des Bundes, wären aber auf die zwischenzeitig beschlossenen Rückgabemaßnahmen der Länder und
Gemeinden auszuweiten.
Die Novelle umfasst daher folgende Punkte:
1. Präzisierung und Konkretisierung der rechtlichen Grundlagen im Sinne einer möglichst vollständigen
Rückgabe bedenklicher Bestände aus Bundeseigentum. Die Tatbestände werden entsprechend der bisherigen
Auslegung durch den Beirat konkretisiert:
1. Die Ermächtigung zur Rückgabe soll sich nicht nur auf "Kunstgegenstände" beziehen,
sondern nun auch ausdrücklich "sonstiges bewegliches Kulturgut" erfassen. Einige bereits bisher
zurückgegebene Sammlungsgegenstände etwa aus dem Technischen Museum oder dem Naturhistorischen Museum
konnten nur bei sehr weiter Auslegung als "Kunstgegenstände" verstanden werden.
2. Die Rückgabe soll sich nicht nur auf Kunstgegenstände und sonstiges Kulturgut, das bei den Bundesmuseen
oder der Bundesmobiliensammlung inventarisiert ist, beschränkt bleiben, sondern sich auch auf "sonstiges
Bundeseigentum" beziehen. Der Zufall der Inventarisation soll nicht über die Rückgabe entscheiden
(etwa hat der Beirat die Rückgabe eines bei der ehem. Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ, Burgenland
inventarisiertes, vom NS-Regime entzogenes Gemälde empfohlen).
3. Das bisherige unklare Erfordernis einer tatsächlichen Rückstellung (im Zusammenhang mit Widmungen
an die Bundesmuseen für die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen) wird saniert. Es wird klargestellt, dass es
genügt, wenn für den gewidmeten Gegenstand bloß ein Rückstellungsanspruch bestanden hätte.
4. Weiters sollen auch Gegenstände zurückgegeben werden können, die in der NS-Zeit entzogen
waren und nach der Rückgabe unter dem Druck des Ausfuhrverbotes vom Bund entgeltlich erworben wurden. Eine
empfangene Geldzahlung (oder sonstige Gegenleistung) wäre allerdings bei einer Rückgabe dem Bund (valorisiert)
zurückzuerstatten.
5. Rückgabefähig sollen auch Gegenstände sein, die außerhalb des Gebiets der Republik
Österreich und auch vor 1938 vom NS-Regime entzogene wurden. Ein neuer § 1 Z. 2a bezieht sich daher auf
Entziehungen zwischen 31. Jänner 1933 und 8. Mai 1945 im Herrschaftsgebiet NS-Deutschlands.
2. Stärkung der Unabhängigkeit des Beirates (Verlängerung der Funktionsperiode auf drei Jahre)
und Festschreibung der Aufgaben der Kommission für Provenienzforschung.
3. Gleichbehandlung von Gegenständen, die von den Ländern und Gemeinden restituiert wurden durch Einfügung
einer entsprechenden Verordnungsermächtigung der BMUKK.
Die Novelle befindet in der Begutachtung (Ende der Begutachtungsfrist: 1. September 2008). |
Morak: Ministerin Schmied hat gemeinsamem Anliegen großen Schaden zugefügt
ÖVP-Kultursprecher: Begutachtung ohne Abwarten der Gespräche der Ministerienvertreter
ist schwerer Fehler
Wien (övp-pk) - "Die SPÖ suchte den Weg in die Öffentlichkeit diesmal nicht direkt
über die Kronen-Zeitung. Dennoch ist die Vorgangsweise von Bundesministerin Schmied verblüffend. In einer
so wichtigen Materie wie dem Kunstrückgabegesetz in Begutachtung zu gehen, ohne das Ende der Gespräche
der betroffenen Ministerienvertreter abzuwarten, halte ich für einen schweren Fehler", so ÖVP Kultursprecher
Abg. Franz Morak am 01.07. in Reaktion auf die Presseaussendung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst
und Kultur, in der die Begutachtung der Novelle des Kunstrückgabegesetzes bekannt gegeben wird.
Morak betonte, dass es eine Reihe von konstruktiven Gesprächen auf Beamten- und Büroebene gegeben habe.
Allerdings sei noch in einigen Punkten Gesprächsbedarf gegeben. "Schade, dass diese Gespräche nicht
zu Ende geführt werden konnten - umso größer wird der Gesprächsbedarf nach Ende der Begutachtung
sein."
"Offenbar weiß aber in der SPÖ niemand mehr, was der eine denkt und der andere tut. Der SPÖ-interne
Koordinierungsbedarf ist wohl nicht mehr zu bewältigen - was sagt Ministerin Schmied? Was sagt der Parteivorsitzende
Faymann? Was sagt der Bundeskanzler? Was sagt der SPÖ-Klub? - sodass in völliger Hektik ein Begutachtungsentwurf
ausgeschickt wird, ohne in der Sache selber zu einem Ergebnis kommen zu wollen. Nach den bisherigen Erfahrungen
hält im Augenblick in der SPÖ nichts, geschweige denn etwas, das ausgemacht ist. Sie haben unserem gemeinsamen
Anliegen großen Schaden zugefügt, Frau Minister. Zurück an den Start", so Morak. |