Köln (idw) - Mit Nachweis der Konzentration des Anti-Müller-Hormons (AMH) im Blut kann möglicherweise
die Fruchtbarkeit einer Frau wesentlich besser als mit dem Lebensalter beurteilt werden. Deshalb helfen die neuen
Studienergebnisse von Prof. Dr. med. Peter Mallmann, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
der Uniklinik Köln und Dr. med. Christian Gnoth, Leiter der Praxisklinik für Gynäkologsiche Endokrinologie
und Reproduktionsmedizin in Grevenbroich, die diesen Zusammenhang nachweisen, kinderlosen Paaren bei der Familienplanung.
Reproduktionsmedizinische Hilfen müssen bei später Familiengründung vor allem deshalb überproportional
in Anspruch genommen werden, weil die ovarielle Reserve (Zahl der Eianlagen) zur Neige geht. Für die betroffenen
Paare bedeutet das eventuell eine hohe physische-, psychische- und finanzielle Belastung. Deshalb ist vor jeder
Entscheidung für oder gegen eine Kinderwunschbehandlung eine individuelle Prognoseabschätzung dringend
erforderlich. Mallmann und Gnoth konnten in einer jüngst publizierten Studie in der international renommierten
Fachzeitschrift Human Reproduction zeigen, dass das AMH ein empfindlicher Parameter ist, die Antwort der Eierstöcke
auf eine hormonelle Stimulationsbehandlung vorherzusagen und damit die Reserve an Eianlagen der Eierstöcke
und auch den Erfolg einer In-Vitro-Fertilisationsbehandlung (der so genannten "künstlichen Befruchtung",
IVF) abzuschätzen. Bei einem Anti-Müller-Hormonwert ? 1,6 ng/ml fanden sie - altersunabhängig -
97% aller Frauen mit einer reduzierten Reserve an Eianlagen. Fällt das Anti-Müller-Hormon unter 0,5 ng/ml
ist diese Reserve sogar hochgradig eingeschränkt und die Aussicht auf eine erfolgreiche IVF-Behandlung sinkt
auf unter 12 Prozent. Bei Anti-M üller-Hormonwerten unterhalb der Nachweisgrenze (? 0,1 ng/ml) ist eine In-Vitro-Fertilisationsbehandlung
nicht mehr sinnvoll, da die Eierstöcke zu erschöpft sind. Mallmann und Gnoth konnten in der Studie zeigen,
dass bei niedrigen AMH-Werten (? 1,26 ng/ml und > 0,5 ng/ml) durch eine Dosissteigerung der eingesetzten Hormone
die Aussicht auf eine Schwangerschaft verbessert werden konnte.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass das Anti-Müller-Hormon als Screening-Parameter geeignet ist, die Reserve
an Eianlagen abzuschätzen und somit ein Zeitmaß der so genannten "biologischen Uhr" ist. Zurzeit
empfehlen die Autoren bei niedrigen Anti-Müller- Hormonwerten, zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung
zur Bestimmung der Zahl kleiner Eibläschen im Eierstock durchzuführen, um die Genauigkeit der Abschätzung
zu erhöhen. Das AMH ist darüber hinaus damit ein viel versprechender Parameter, den Übergang in
die Menopause (bei niedrigen AMH-Werten zu über 75% innerhalb der nächsten 3 - 5 Jahre) und damit das
Ende der fruchtbaren Zeit vorherzusagen.
Mallmann und Gnoth empfehlen, das Anti-Müller-Hormon bei Frauen über 30 und besonders über 35 Jahre
als Screening-Test zum Abschätzen des Fertilitätsstatus einzusetzen und damit interessierten Frauen eine
Antwort auf die Frage zu geben: Wie lange kann ich noch mit der Umsetzung meines Kinderwunsches warten? |