Kurze Sommerunterbrechung bewusste Entscheidung
Wien (sk) - Parlamentspräsidentin Barbara Prammer zieht für die im September vorzeitig
ablaufende Legislaturperiode eine positive Bilanz: Es gab 151 Ausschusssitzungen und eine "hohe Anzahl von
69 Plenarsitzungen", bei denen 40 Prozent der Beschlüsse einstimmig waren, so Prammer am 11.07. in einer
Pressekonferenz. Die Tagungsperiode vor der Sommerpause endet am 18. Juni und beginnt wider am 9. September. Prammer
betonte, man habe sich bewusst für eine kurze Sommerunterbrechung entschieden. Die SPÖ-Linie zur EU verteidigt
Prammer: "Wenn die Menschen nicht mit uns gehen, wenn die Skepsis weiter voranschreitet, dann scheitert das
europäische Projekt. Das wäre eine Katastrophe für Österreich und eine Katastrophe für
Europa."
Die Parlamentspräsidentin könnte sich auch eine Sommerpause des Hohen Hauses von lediglich einem Monat
vorstellen. Sie wies aber darauf hin, dass bei einer fortgesetzten Verkürzung der in der Verfassung vorgesehenen
zweimonatigen Pause eine Änderung der Verfassung nötig wäre. Die theoretische Möglichkeit,
auch für die Opposition, Sondersitzungen auch während der Sommerpause einzuberufen, bestehe.
Prammer betonte: "Ich bin überzeugt, dass der Parlamentarismus dann lebt, wenn er sich ständig weiterentwickelt."
Nationalrat und Bundesrat würden auf zwei Beinen stehen: Gesetzgebung und Kontrolle der Vollziehung. Dass
der Untersuchungsausschuss nicht über dem Sommer weitergeht, begründet die Parlamentspräsidentin
mit den Wahlkampfaufgaben der Abgeordneten sowie mit dem Wunsch, den U-Ausschuss nicht als Wahlkampfthema zu benutzen.
"Ich lege größten Wert darauf, dass das Instrument des U-Ausschusses ein ernst zu nehmendes Instrument
bleibt und nicht in den Wahlkampf hineingezogen wird." Wenn aber noch Fragen in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand
offen sind, müsse das zu gegebener Zeit behandelt werden.
Von großer Bedeutung in der ablaufenden Legislaturperiode sei der Lissabon-Vertrag gewesen, der im April
2008 ratifiziert wurde. Prammer wies hier auf das Recht zur Überprüfung der EU-Vorhaben nach dem Subsidiaritätsprinzip
hin, wobei die Parlamente ihre Einwände direkt an die EU-Institutionen richten können.
Hervorzuheben sei bei der internationalen Arbeit auch der Nord-Süd-Dialog. Die Öffnung des Hauses wurde
fortgesetzt. Es fanden zwar weniger Veranstaltungen statt, die aber von höhere Qualität, betonte Prammer.
Positiv bewertete Prammer auch die Zusammenarbeit mit Gerald Matt als Kurator der Kunstprojekte sowie die Demokratiewerkstatt.
Seit 25. Oktober 2007 sind mit diesem Projekt 7.100 Kinder und Jugendliche ins Parlament gekommen, um in Workshops
die Instrumente der Demokratie selbst auszuprobieren "und einen Einblick in die demokratischen Spielregeln
zu erhalten".
Zu erwähnen ist für Prammer auch die gestiegene Anzahl an BesucherInnen im Hohen Haus sowie die "hohe
Professionalität" der MitarbeiterInnen im Parlament. Auch was Frauen in Spitzenpositionen betrifft, steht
das Parlament gut da. So fallen bei sieben Dienstleiterpositionen drei auf Frauen. Das sei, so Prammer, "ein
extrem guter Schnitt", und ab Herbst wird eine Frau stellvertretende Parlamentsdirektorin sein.
Auf Anfrage, ob sie auch als Zweite Nationalratspräsidentin zur Verfügung stehen würde, meinte Prammer:
"Natürlich. Aber ich gehe davon aus, dass die Sozialdemokratie einen guten Wahlkampf machen wird und
als Erster in die Zielgerade kommt." Ob sie selbst in Oberösterreich als Spitzenkandidatin aufgestellt
werde, könne sie nicht beantworten. "Das werden die Gremien entscheiden."
Kritik, dass der designierte SPÖ-Vorsitzende Werner Faymann im letzten Plenumstag nicht anwesend war, wies
Prammer mit dem Hinweis, dass in der Tagesordnung klar lediglich eine Erklärung zu Europa von Bundeskanzler
Alfred Gusenbauer und Außenministerin Plassnik vorgesehen war, zurück.
Prammer erklärte, sie würde wichtige Themen der SPÖ zuerst in den Gremien besprechen und dann in
die Öffentlichkeit gehen, aber inhaltlich stehe sie voll und ganz hinter der SPÖ-Position zur Europa-Frage.
Abschließend hielt Prammer fest, dass auf parlamentarischer Ebene, etwa über die Parlamentshomepage
oder mit den Europa-Tagen, Informationspolitik über die EU stattgefunden hat. "Wir haben im Parlament
unser Möglichstes getan - aber in erster Linie ist das die Aufgabe der Außenministerin." |