StrömungsmechanikerInnen der Technischen Universität (TU) Wien untersuchen komplexe
Strömungsphänomene mit Hilfe von Computersimulationen
Wien (tu) - Komplexe Strömungsmuster kann man zu Hause in der Küche beobachten. Erhitzt
man Öl in einer Pfanne und gibt eine Handvoll Aluminiumpulver dazu, können Strömungen in der transparenten
Flüssigkeit sichtbar gemacht werden. Mit etwas Glück entsteht ein regelmäßiges Muster aus
lauter Sechsecken. Jedes Sechseck ist eine Zelle, in der die Flüssigkeit, wie bei einem Springbrunnen in der
Mitte emporsteigt und sich am Rand senkrecht nach unten bewegt. So entsteht in jeder dieser Zellen ein kleiner
Kreislauf, der wiederum zur Selbstorganisation der Flüssigkeit insgesamt beiträgt. Projektassistent und
Famelab-Sieger 2008 Bernhard Weingartner vom Institut für Strömungsmechanik und Wärmeübertragung
der TU Wien erklärt: "Im Rahmen eines FWF-Projektes untersuchen wir unter der Leitung von Prof. Kuhlmann,
wie in scheinbar regellosen Strömungen plötzlich Strukturen entstehen. In Computersimulationen lassen
wir auf die Strömung in einem welligen Kanal kleine zufällige Störungen wirken, wie sie in realen
Experimenten unvermeidbar auftreten. Bei kleinen Durchflussgeschwindigkeiten haben diese Störungen keinen
Einfluss. Ab einer kritischen Geschwindigkeit erzeugen sie aber eine ganze Reihe von Wirbelmustern. Diese können
eine komplexe räumliche Struktur aufweisen und zusätzlich mit einer bestimmten Frequenz pulsieren, sind
aber dennoch genau vorhersagbar. Erst bei noch grösseren Geschwindigkeiten erfolgt der Übergang zu einer
völlig chaotischen, turbulenten Bewegung. Für bestimmte Anwendungen, wie die künstliche Membranlunge,
sind diese Simulationen von entscheidender Bedeutung", sagt Weingartner.
Bei einer Membranlunge wird das Blut außerhalb des Körpers in einem welligen Kanal mit Sauerstoff versetzt.
Weingartner: "Das Blut soll möglichst gut durchmischt werden. Dafür kann man die dreidimensionalen
pulsierenden Wirbelmuster gezielt einsetzen. Gleichzeitig sollen aber die einzelnen biologischen Zellen im Blut
nicht durch die auftretenden Kräfte zerstört werden. Man muss also über die Strömung in diesem
Kanal sehr genau Bescheid wissen, um die optimalen Betriebsbedingungen zu finden." Dieselben Mechanismen der
Musterbildung treten in vielen Phänomenen auf, von der Wolkenbildung in der Natur bis zu technischen Anwendungen.
Eine wichtige Rolle spielen die komplexen Bewegungen von Flüssigkeiten etwa bei der Herstellung von Siliziumeinkristallen,
dem Ausgangsmaterial für die Chipherstellung. Effekte, bei denen es zu bestimmten Konzentrationen in der Kristallschmelze
kommt und damit zur Beeinträchtigung der Qualität der Endprodukte, sollen vermieden werden. "Man
möchte genau vorhersagen, welche Strömungsmuster unter welchen Bedingungen auftreten. Diese können
dann benutzt werden, um die Schmelze homogen zu durchmischen. Viele Parameter, unter anderem die Temperatur, die
Materialzusammensetzung sowie Schwankungen in der Oberflächenspannung, spielen hier zusammen", resümiert
Bernhard Weingartner. Die Untersuchungen der Strömungsphänomene erfolgen in Zusammenarbeit mit der Universität
Udine. |