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Musikglück zwischen Erde und Himmel |
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Das 27. Kammermusikfest Lockenhaus als spannende Tour de France - ein Rückblick Lcokenhaus (kammermusikfest) - In der burgenländischen Gemeinde Lockenhaus wurde die französische Fahne wieder eingezogen und ein russischer Wimpel abgenommen. Eineinhalb Wochen lang wehten beim 27. Internationalen Kammermusikfest Lockenhaus französische Klänge und Melodien durch den Ort, gewürzt mit Akkorden von Sergej Prokofieff. Gidon Kremer und die von ihm eingeladenen Musikerinnen und Musiker aus aller Welt konzentrierten sich im französischen Schwerpunkt auf César Franck, Francis Poulenc und Olivier Messiaen und umspielten sie mit Werken von deren Zeitgenossen, Lehrern und Schülern wie Gabriel Fauré, Maurice Ravel, Claude Debussy, Marcel Dupré, Charles-Marie Widor und Jean Langlais. Komponisten mit klingenden Namen, die aber in Mitteleuropa großteils nicht zu den bevorzugten auf den Konzertprogrammen gehören. Umso schöner waren die Entdeckungen, die in Lockenhaus für das Kenner-Publikum und zum Teil auch für die auftretenden Musiker zu machen waren. Hier tat sich ein musikalischer Horizont auf, von dem bisher höchstens kleine Streiflichter zu hören waren, den Musiker und Zuhörer aber nun in all seiner Farbenpracht und Weite erlebten. Von einem an Höhepunkten reichen Festival welche noch herauszuheben, fällt schwer und hat auch etwas von Ungerechtigkeit an sich. Dennoch seien hier einige wenige Glanzpunkte genannt. So etwa ein Querschnitt durch das Orgelschaffen von Messiaen, bei dem die englische Organistin Jennifer Bate, die noch mit Messiaen persönlich dessen Musik erarbeitet und einstudiert hat, die Lockenhauser Orgel in ein farbenreiches französisches Instrument voller ungeahnter Schattierungen verwandelte und mit ihrem flüssigen Spielstil für weit ausschwingende Klänge sorgte. Auch mit dem deutschen Pianisten Markus Bellheim, Gewinner des Messiaen-Wettbewerbs, war ein ausgewiesener Spezialist für Messiaens Musik zu hören, der nach vielen wunderbar klaren Darbietungen als Solist schließlich im Duo mit der georgischen Pianistin Khatia Buniatishvili, einer weiteren faszinierenden und herausragenden Musikerpersönlichkeit dieses Festivals, mit Messiaens "Visions de l'Amen" zu mitternächtlicher Stunde in der Pfarrkirche Lockenhaus das Musizieren und Hören zum transzendentalen Prozess machte. Erde und Himmel waren sich in Momenten dieser exemplarischen Aufführung ganz nah. Mit den "Trois petits Liturgies" von Messiaen klang das Festival am Sonntag aus, wobei die Kremerata Baltica und der ukrainische Mädchenchor Schedrik unter der Leitung von Roman Kofman leuchtend klare Harmonien aufsteigen ließen und gleichzeitig mit pulsierender und präziser Rhythmik die Verbindung zur Erde bewahrten. César Franck entpuppte sich mit seinen Orgelwerken und seiner Kammermusik als heroisch um ein neues Formbewusstsein und eine neue musikalische Philosophie ringender Komponist von großer Bedeutung für die Musik des 19. Jahrhunderts. Seine Violinsonate in einer Fassung mit Viola von Maxim Rysanow, der sie mit großer Leidenschaft und Virtuosität umsetzte, oder das meisterhafte Streichquartett in einer mustergültig alle Farbwerte umsetzenden Aufführung mit dem Quatuor Ÿsaye wurden aber noch übertroffen von der fulminanten Umsetzung einer Bearbeitung der d-Moll-Symphonie für Violine und Klavier durch Gidon Kremer und den lettischen Pianisten Andrius Zlabys, einem der dominierenden Musiker dieses Festivals am Flügel. So wie Messiaens Musik die Zuhörer und Musiker zum seligen Lächeln brachte, entlockte ihnen Poulencs Musik viel herzhaftes Lachen: Der pointierte Stil des Franzosen und seine Freude an den spielerischen Elementen der Musik breiteten sich als positive Stimmung auf das Festival aus. Da bedarf es keiner witzigen Kommentierung, diese Musik vermittelt hundert Mal mehr und echteren Humor als es Worte könnten - und hinter der Spielfreudigkeit klingen ein großer humanistischer Geist und berührende Erinnerungen an die musikalische Vergangenheit durch, sei es in den Bläsersonaten, in denen die besten Solisten Europas wie der Oboist Alexei Ogrintchouk und der Klarinettist Mate Bekavac zu hören waren, sei es in größer besetzten Kammermusikwerken mit vokaler Note und im großartigen Orgelkonzert, in dessen Aufführung mit Iveta Aplkalna als Solistin Verklärung und Vergnügen ineinander übergingen. Prokofieffs melodisches Genie kam am schönsten in einer Aufführung der Cellosonate mit dem ungarischen Musiker Miklós Perényi zum Ausdruck, während im Schlusskonzert auf der Burg "Peter und der Wolf" in einer bestechenden kammermusikalischen Fassung für Spannung und Unterhaltung sorgte. Ein Ausschnitt neuerer französischer Musik wurde mit einer fesselnden Aufführung von Henri Dutilleux' Streichquartett durch das Wiener Hugo Wolf Quartett eindrucksvoll beleuchtet. Das bestens besuchte Festival löste auch wieder eine enorme internationale und nationale Medienresonanz aus, neben vielen Berichterstattern von Printmedien waren auch die TV-Sender ORF und Arte vertreten. Das Kammermusikfest in Zahlen: Konzerte: 17 Künstler: 146 Besucher: 6.715 (exkl. Freikarten) Besucheraufteilung: Österreich: 57% Deutschland: 33% Restliche 10% Ungarn, Slowenien, Schweiz, Australien Davon neue Besucher: 13% http://www.kammermusikfest.at |
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