| Photochemische Prozesse gezielt unterdrückt Frankfurt (idw) - Pflanzen nützen Licht als Energiequelle. Aber wie schützen sie sich vor
			Schäden durch zu starke Sonneneinstrahlung? Der molekulare Mechanismus dieses fundamentalen Prozesses ist
			noch weitgehend unbekannt. Einen Teil des Rätsels jedoch konnte der theoretische Chemiker Privatdozent Andreas
			Dreuw von der Goethe- Universität lösen: Er sagte einen Mechanismus vorher, der es Pflanzen ermöglicht,
			die gewöhnlich stattfindende Umwandlung des Lichts in chemische Energie zu unterdrücken und die Extradosis
			Sonnenstrahlung stattdessen direkt in Wärme umzuwandeln. "Als ich das vorschlug, hat mir keiner geglaubt",
			erinnert sich der Theoretiker, der für seine Habilitationsschrift unlängst den mit 5.000 Euro dotierten
			Willkomm- Preis erhielt. Tatsächlich wurden seine Vorhersagen zwei Jahre später experimentell bestätigt.
 
 Pflanzen fangen die Sonnenenergie mit lichtsammelnden Antennenkomplexen ein, die aus mehreren hundert Pigment-Molekülen
			bestehen: das sind zwei Sorten Chlorophyll und verschiedene Carotinoide, die beispielsweise als Farbstoff der Karotte
			bekannt sind. Die Lichtenergie regt Elektronen in den Pigmenten an, und ein ausgefeilter Transportmechanismus zwischen
			zwei Photosystemen sorgt dafür, dass die Elektronen bei ihrer Rückkehr in den Grundzustand chemische
			Energie erzeugen. Bei starker Sonneneinstrahlung würde die Pflanze sich allerdings selbst zerstören,
			wenn sie alles Licht auf diese Weise umwandelte. Verhindert wird dies durch einen nicht- photochemischen Quenching-Prozess
			(von engl. "to quench", dämpfen, löschen) dessen molekularer Mechanismus gegenwärtig ein
			heißes Thema in der Photosyntheseforschung ist.
 
 Um herauszufinden, wie dieser Prozess auf molekularer Ebene abläuft, arbeitet der theoretische Chemiker eng
			mit Experimentatoren an der Universität Frankfurt und dem benachbarten Max-Planck-Institut für Biophysik
			zusammen. "Aus den Pflanzen, die wir bisher untersucht haben, könnte man mittlerweile einen großen
			Salat machen", meint Dreuw, "Wir hatten Gurke, Spinat und Erbsen." Zunächst werden aus den
			Blättern die Proteine der lichtsammelnden Komplexe extrahiert. Dann versucht man mit ultrakurzen Laserpulsen
			die gesuchten elektronischen Übergänge gezielt anzuregen. Dreuws Aufgabe ist es, die theoretischen Annahmen,
			die solchen Experimenten zugrunde liegen, durch Simulationen zu überprüfen. "Gegenwärtig gehen
			wir davon aus, dass sich ein Quenching-Komplex aus Carotinoiden und Chlorophyll bildet, dessen elektronische Struktur
			so beschaffen ist, dass photochemische Prozesse nicht möglich sind", erklärt er.
 
 Die enge Zusammenarbeit mit Experimentatoren ist Dreuw wichtig. Wenn seine Doktoranden und Diplomanden mit ihm
			wissenschaftliche Probleme diskutieren wollen, müssen sie nicht nur geistig, sondern auch körperlich
			fit sein: jeden Mittag zieht Dreuw die Laufschuhe an und dreht seine 10-Kilometer lange Runde vom Frankfurter Riedberg
			über Bonames, Kalbach, den alten Flughafen und läuft an der Nidda entlang zurück. Danach ist er
			wieder fit für die zweite Tageshälfte.
 
 Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt
			am Main. Vor 94 Jahren von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn größten
			Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln
			als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Rund um das historische Poelzig-Ensemble
			im Frankfurter Westend entsteht derzeit für rund 600 Millionen Euro der schönste Campus Deutschlands.
			Mit 45 eingeworbenen Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Uni den deutschen Spitzenplatz ein.
			In drei Forschungsrankings des CHE in Folge und in der Exzellenzinitiative zeigt sich die Goethe-Universität
			als eine der forschungsstärksten Hochschulen Deutschlands.
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