Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom Juli 2008
Wien (oenb) - Nach einem starken Start in das Jahr 2008 wird sich das Wachstum der österreichischen
Wirtschaft im weiteren Jahrsverlauf deutlich abschwächen. „Der globale Gegenwind hat in den letzten Monaten
an Stärke gewonnen und wird zu einer deutlichen Abkühlung der wirtschaftlichen Dynamik in Österreich
führen. Wir erwarten, dass die österreichische Wirtschaft zur Jahresmitte 2008 in eine Phase unterdurchschnittlichen
Wachstums eintritt, die bis ins Jahr 2009 hineinreichen wird“, so OeNB-Direktor Josef Christl. Vor dem Hintergrund
der Finanzmarktturbulenzen und gestiegener Rohstoffpreise lässt der Konjunkturindikator der OeNB ein Wachstum
des realen BIP von jeweils 0,4% im zweiten und dritten Quartal 2008 (saison- und arbeitstägig bereinigt, gegenüber
dem Vorquartal) erwarten. Im Vergleich zum Jahresbeginn wird sich das Wirtschaftswachstum damit beinahe halbieren.
Ähnlich schwache Wachstumsraten wurden zuletzt vor mehr als drei Jahren erreicht. Gegenüber der letzten
Veröffentlichung des Konjunkturindikators vom März 2008 wurde die Wachstumsprognose für das zweite
Quartal 2008 um 0,1 Prozentpunkt nach unten revidiert.
In Folge der überraschend robusten Entwicklung in der Sachgüterindustrie und temporärer Faktoren
wie dem milden Winter zeigte sich das Wirtschaftswachstum im Euroraum – in erster Linie getrieben durch Österreichs
wichtigsten Handelspartner Deutschland – zu Jahresbeginn erstaunlich robust. Die Folgen der Finanzmarktkrise und
der gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreise werden aber nicht spurlos an der europäischen Wirtschaft
vorübergehen. Zahlreiche Vorlaufindikatoren signalisieren eine merkliche Abschwächung der wirtschaftlichen
Dynamik in den kommenden Quartalen. In der Folge wird sich auch das Wachstum der österreichischen Exporte
verringern. Aufgrund der hohen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exportwirtschaft und der großen
Bedeutung der Wachstumsmärkte in Mittel- und Südosteuropa bleiben die Exporte jedoch die wichtigste Konjunkturstütze.
Hinzu kommen die guten Aussichten für die Tourismuswirtschaft.
Als Reaktion auf die Abkühlung der internationalen Konjunktur haben die österreichischen Unternehmen
ihre Investitionspläne für das Jahr 2008 zurückgenommen. Aufgrund des sehr flachen Investitionsverlaufs
in der Hochkonjunkturphase der letzten beiden Jahre ist jedoch kein deutlicher Einbruch des Investitionswachstums
zu befürchten. Sehr gedämpft bleibt der private Konsum, der sich in den vergangenen Jahren bereits sehr
schwach entwickelt hat. Angesichts des starken Preisauftriebs bleibt den privaten Haushalten aber auch in den nächsten
Monaten kein Spielraum, ihre Konsumausgaben auszudehnen. Ein konjunktureller Lichtblick ist die aktuelle Entwicklung
am Arbeitsmarkt. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten stieg im Juni um 2,8%. Für die zweite
Jahreshälfte signalisiert die Entwicklung der offenen Stellen zwar eine Abflachung der Dynamik, trotzdem werden
von der Beschäftigungsentwicklung aber noch bis zum Jahresende wichtige Impulse für das verfügbare
Einkommen der privaten Haushalte ausgehen.
Das Risiko für die weitere Konjunkturentwicklung ist ungewöhnlich hoch. Das österreichische Finanzsystem
ist von der Finanzmarktkrise zwar kaum direkt betroffen. Die Folgen für die Weltwirtschaft lassen sich aber
aus heutiger Sicht noch immer nicht endgültig abschätzen und stellen somit für die österreichische
Wirtschaft ein potenzielles Abwärtsrisiko dar. Auch von einem weiteren Ansteigen der Rohstoffpreise und einer
neuerlichen Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar könnten zusätzliche dämpfende Effekte
auf die österreichische Wirtschaft ausgehen. |