Wien (öj) - Augenblicklich herrscht einigermaßen Ruhe im Land,
viele der Spitzenpolitiker gönnen sich ein paar Urlaubstage. Derweil bleibt ein wesentliches Thema unverändert
im Vordergrund: die Teuerung und deren Ausgleich vor allem für kleine und mittlere Einkommen. Die Inflationsrate
für Juni 2008 betrug, nach Berechnungen der Statistik Austria, 3,9% (Mai 3,7%, April 3,3%, März 3,5%).
So hoch war die Teuerung zuletzt im April 1993. Massive Preissteigerungen bei Energie (Treibstoffe und Heizöl)
verursachten mehr als zwei Fünftel der Gesamtinflation. Etwa ein Fünftel der Teuerung ging auf die Preisentwicklung
bei Nahrungsmitteln zurück, die nach wie vor auf hohem Niveau verharrten. Preisdämpfend wirkten weiterhin
die Ausgaben für "Nachrichtenübermittlung" - wovon viele aber nicht wirklich profitieren können.
Nachdem die Gewerkschaft wegen der (noch) „brummenden Konjunktur“ eine harte Herbstlohnrunde angekündigt hatte,
ermahnte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl die Regierung, nicht die Hände in den Schoß
zu legen. Ganz im Gegenteil: der Finanzminister müsse rasch handeln, um den Menschen das Gefühl zu geben,
dass sie angesichts der Teuerungswelle der vergangenen Monate nicht im Stich gelassen würden. Vor allem jenen,
bei denen die Teuerung wie ein Keulenschlag wirke, müsse rasch noch heuer geholfen werden, so Leitl, der Kleinsteinkommensbezieher
und Familien, Pendler, kleine Frächter sowie Handelsagenten mit einbezieht.
Neben den von der Regierung bereits gesetzten Maßnahmen müsse mit einem Inflationsausgleichspaket der
Druck der Teuerung aus den im Herbst anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen genommen und ein Beitrag zur Stärkung
der Kaufkraft gesetzt werden. Doch die Wirtschaftskammer fordere nicht nur, sie habe auch konkrete Vorschläge
für den Finanzminister. Man will Maßnahmen, die ähnlich einem Warnsystem, bei erhöhter Inflation
automatisch wirken – zum Beispiel in Form eines Inflationsabsetzbetrages. Sobald die Inflationsrate über einen
Zeitraum von sechs Monaten 3 % überschreite und damit das EZB-Inflationsziel um 50 % übertreffe, sollten
besonders betroffene Gruppen mit einem Inflationsabsetzbetrag von bis zu 200 Euro entlastet werden. Wer keine Steuern
zahle, solle den Betrag in Form einer Negativsteuer ausbezahlt bekommen.
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures zeigte sich erfreut darüber, dass Leitl den von Bundeskanzler
Alfred Gusenbauer und der SPÖ schon Anfang des Jahres geäußerten Vorschlag aufgenommen hat, den
Menschen die Zusatzeinnahmen des Finanzministers durch die hohen Energiepreise als Inflations-Entlastung zukommen
zu lassen. Bei gutem Willen könne eine Steuerentlastung bereits 2009 wirksam werden und weitere Maßnahmen
wie zum Beispiel die Erhöhung des Pflegegelds könnte noch früher umgesetzt werden.
Als positives Indiz wertet Bures, dass sich immer mehr Stimmen in der ÖVP für ein Vorziehen der Steuerreform
aussprechen. Der Sonderministerrat im August sollte genützt werden, um gesetzliche Maßnahmen zu beschließen,
die zu einer deutlichen Abdämpfung der Teuerungs-Belastungen führen, so Bures.
ÖVP-Finanzsprecher Dr. Günter Stummvoll meinte dazu, anstatt rote Wahlgeschenke zu verteilen, müsse
den Menschen konkret geholfen werden. Die Entlastung müsse jetzt passieren, da würden die roten, ungedeckten
Wahlkampfschecks nichts helfen. Ein Vorziehen der Steuerreform auf 2009 wäre kontraproduktiv, da es zu zwei
bis drei Prozent Defizit führen würde und keine schnelle Hilfe beinhalte. Finanzminister Molterer habe
die Menschen um 700 Millionen Euro entlastet - mit Maßnahmen, die teilweise bereits umgesetzt worden seien.
Auch den von Faymann erst jetzt geforderten Gebührenstopp des Bundes habe Molterer bereits im Feber 2008 umgesetzt.
"Die wichtigen ersten Schritte zu einer raschen Entlastung der Menschen seien getan, Molterer arbeite bereits
an einem umfassenden Paket zum Teuerungsausgleich, das den Menschen sofort hilft und ihnen spürbare Erleichterung
bringt. Auch die Steuerreform 2010 soll weitere Entlastungen bringen.
Der Wirtschaftssprecher der Grünen, Werner Kogler, erklärte, die Umtriebigkeit von ÖVP und SPÖ
in Sachen Inflationsbekämpfung müsse stutzig machen. Beide Großparteien überböten sich
mit durchaus gut gemeinten Vorschlägen. Richtig und gerecht sei es, bestimmte steuerliche Entlastungen für
die BezieherInnen kleiner und mittlerer Einkommen rasch vorzunehmen. Inflationsbekämpfung im engeren Sinn
ist das natürlich keine, dazu müssten die Marktmechanismen in den besonders betroffenen Branchen – vor
allem im Lebensmittelhandel – gestärkt werden. Der hausgemachte Anteil der Inflation könne nur durch
ein schärferes Vorgehen des Wirtschaftsministers und der Wettbewerbsbehörde zurückgedrängt
werden. Insbesondere sei es aber längst notwendig, dass über eine Novellierung des Wettbewerbsrechts
die Bundeswettbewerbsbehörde und ihr Instrumentarium massiv gestärkt werden müßten.
FPÖ-NR Bernhard Themessl findet den Steuer-Hickhack zwischen Faymann und Molterer bereits unerträglich,
der Dauerstreit zwischen Rot und Schwarz müsse durch eine politische Wende beendet werden. Anstatt sich um
die teuerungsgeplagte Bevölkerung zu kümmern, würden jeden Tag leere Wahlversprechen verkündet
und gleichzeitig würde fleißig weitergestritten. Die vermeintlichen Regierungspartner hätten genügend
Zeit gehabt, die Menschen zu entlasten, aber es wurde nicht regiert, sondern blockiert. Im Gegensatz zu den Koalitionsparteien
hätten die Freiheitlichen schon lange die entsprechenden Maßnahmen zur dringend notwendigen Teuerungsbekämpfung
präsentiert: Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Energie und Treibstoffe – wofür sich jüngst
auch IHS-Chef Bernhard Felderer ausgesprochen hat.
Scharfe Kritik an der Weigerung der ÖVP, eine rasche Teuerungsbekämpfung umzusetzen, kommt von BZÖ-Wirtschaftssprecher
Veit Schalle. Die Menschen zu entlasten sei kein Schnellschuß, sondern eine Notwendigkeit. In der ÖVP
gebe es derzeit anscheinend einen massiven Grabenkampf zwischen den Bremsern und den Dampfplauderern. Fakt sei,
dass die Österreicherinnen und Österreicher, weiter auf ihren dringend benötigten Teuerungsausgleich
warten müßten. Bis jetzt habe die ÖVP nur die Stiftungen entlastet und ihre schützende Hand
über die Ölmultis gehalten, während kleiner Mann und Mittelstand für die ÖVP offenbar
nicht existierten. Die Zeit der Politscharmützel müßten deshalb endgültig vorbei sein. Bis
jetzt hat nur das BZÖ mit seinem Volksbegehren "Preisstopp Jetzt", eine konkrete Maßnahme
gesetzt um die Politiker der restlichen Parteien endlich wachzurütteln. (mm) |