Jürgen Weiss: Neue Perspektiven für den Bundesrat   

erstellt am
25. 07. 08

Vorarlberger Bundesratspräsident will alte Geleise verlassen
Wien (pk) - Bundesratspräsident Jürgen Weiss, der am 1. Juli 2008 – bereits zum vierten Mal – den Vorsitz im Bundesrat übernommen hat, hielt zu Beginn der 759. Bundesratssitzung am 25.07. seine Antrittsrede, in der er mit dem Vorschlag aufhorchen ließ, eingefahrene Geleise zu verlassen und für die Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Arbeit des Bundesrats einen neuen, von bisherigen Versuchen unbelasteten Zugang zu wählen. So riet der Vorarlberger Bundesratspräsident etwa, Stellungnahmen der Länder bei der Begutachtung von Gesetzentwürfen der Ministerien Nachdruck zu verleihen, indem sie der Bundesrat zu Gegenständen von Entschließungen an die Bundesregierung macht. Dieses Instrument sei weniger kontrovers und nicht so stark von Interessen der Parlamentsklubs gesteuert wie absolute oder suspensive Vetos, erläuterte Weiss und erinnerte an ermutigende Erfolge dieser Vorgangsweise, zuletzt etwa beim Wahlrecht im Vorjahr.

Ermutigt sieht sich Bundesratspräsident Weiss auch durch die Möglichkeiten, die das Subsidiaritätsprüfungsverfahren der Europäischen Union dem Bundesrat bietet. "Hier sind wir nicht auf eingefahrene Geleise angewiesen und stehen auch nicht in innenpolitischer Konkurrenz zum Nationalrat." In diesem Verfahren können sich die Landtage gegenüber der EU nur im Wege des Bundesrats wirksam artikulieren, sagte Weiss. "Auf diese und vielfältige andere Weise könnte der Bundesrat für die Länder allein schon dadurch einen Mehrwert schaffen, dass er seine bestehenden Rechte mit mehr Leben erfüllt". Bei der Nutzung ihrer Möglichkeiten sieht Weiss die Landtage und den Bundesrat noch am Anfang, im internationalen Vergleich aber bereits auf gutem Wege und kündigte diesbezüglich verstärkte Bemühungen in den nächsten Monaten an. Als sein Motto nannte Weiss dabei ein Zitat aus der Tradition der Arbeiterschaft: "Es rettet uns kein höh’res Wesen, das können wir nur selber tun".

Den nunmehr acht fraktionslosen Bundesrätinnen und Bundesräten, die dem Bundesrat neben den großen Fraktionen SPÖ und ÖVP angehören, sagte Bundesratspräsident Weiss zu, sie so gut als nach der Geschäftsordnung möglich über die Plenumssitzungen hinaus in die Arbeit einzubeziehen, Transparenz zu gewährleisten und ihnen faire Arbeitsbedingungen zu geben. Dabei begrüßte Weiss die sich abzeichnende Lösung, diesen BundesrätInnen eine Beteiligung an den Beratungen der Ausschüsse zu ermöglichen und würdigte in diesem Zusammenhang die "wertvolle Arbeit, die der bisherige Fraktionsvorsitzende der Grünen, Stefan Schennach, in der Präsidialkonferenz fünf Jahre hindurch geleistet hat".

Abschließend ging Präsident Weiss auf die Wahl am 28. September ein, bei der die WählerInnen die politischen Gewichte im Nationalrat neu verteilen werden. "Unabhängig vom Ergebnis können wir davon ausgehen, dass wir uns im Herbst im Bundesrat in der im Großen und Ganzen selben Zusammensetzung wieder treffen werden. Das ist eine gute Voraussetzung dafür, dass ungeachtet der politischen Rahmenbedingungen die sachliche und einander wertschätzende Form unserer Debatten ihre Fortsetzung findet. Arbeiten wir gemeinsam daran, dass es so bleibt", schloss Bundesratspräsident Jürgen Weiss.
 
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