Einstimmige Entscheidung der Jury
Wien (pk) - Das Linzer Architekturbüro Heidl hat den Architektenwettbewerb zum Umbau des Nationalratssitzungssaals
gewonnen. Das gab Nationalratspräsidentin Barbara Prammer 01.08. bei einer Pressekonferenz bekannt. Der Entwurf
des Architektenteams wurde aus insgesamt 21 eingereichten Projekten ausgewählt, die Entscheidung der
Jury unter dem Vorsitz des österreichischen Architekten Boris Podrecca fiel einstimmig. Sieben Projekte hatten
es zuvor in die zweite Stufe des Auswahlverfahrens geschafft.
Wie Prammer bei der Pressekonferenz betonte, hat sich die Jury für "ein ruhiges, klassisches Projekt"
mit klarer Struktur entschieden. Es werde sich gut in das Haus einfügen und alle gestellten Anforderungen
erfüllen, zeigte sie sich überzeugt. Den Ausschlag für die Entscheidung hätten die Architekten
und Architektinnen in der Jury gegeben, betonte die Nationalratspräsidentin, diese haben die Jurymitglieder
behutsam geführt.
Jury-Vorsitzender Podrecca hielt fest, mit dem Entwurf des Linzer Architekturbüros habe ein "poetisches
Projekt" gewonnen, ein Projekt, "das nicht mit den Ohren wackelt", sondern eine "lyrische Antwort"
auf die gestellte Aufgabe gibt. Der Entwurf möge auf dem Papier eher unscheinbar wirken, meinte Podrecca,
er schöpfe das Potential des Raumes aber in vollem Umfang aus und füge sich gut in das Parlamentsgebäude
ein.
Was die Kosten des Umbaus betrifft, hat die Jury mit der Auswahl des Siegerprojekts Prammer zufolge eine "Punktlandung"
zustande gebracht. Für das Projekt sind, ohne Architektenhonorar, 17 Mio. € kalkuliert, damit liegt man im
Kostenrahmen von 21 Mio. € (plus/minus 30 %), auf den man sich im Jahr 2005 in der Präsidialkonferenz des
Nationalrats verständigt hat. Der Preis habe bei der Auswahl des Projekts allerdings keine Rolle gespielt,
unterstrichen Prammer und Podrecca unisono, es habe sich erst im Nachhinein herausgestellt, dass das Projekt das
kostengünstigste unter den drei platzierten Entwürfen sei.
Als nächster Schritt ist nun geplant, mit dem Architektenteam ein Verhandlungsverfahren durchzuführen
und das Büro anschließend mit der Generalplanung zu beauftragen. Allerdings kommt es, wie Parlamentsdirektor
Georg Posch erklärte, durch die vorgezogenen Nationalratswahlen zu Verzögerungen, weil das benötigte
Sonderbudget für den Umbau des Saales nun erst in der nächsten Legislaturperiode beschlossen werden kann.
Der Umbau selbst wird daher voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte 2010 beginnen.
Während der Umbauarbeiten soll der Nationalrat im historischen Sitzungssaal des Parlaments tagen, der zuvor
noch entsprechend adaptiert werden muss. Ein Bezug des neues Saales ist frühestens für Anfang 2012 in
Aussicht genommen.
Neben dem Siegerprojekt vergab die Jury vier weitere Preise: Der zweite Preis wurde einem Entwurf des Wiener Architekturbüros
Katzberger zuerkannt, den dritten Preis erhielt das Projekt des Architektenteams Geiswinkler & Geiswinkler,
das schon für die Gestaltung des Besucherzentrums des Parlaments verantwortlich zeichnete. Zusätzlich
entschied sich die Jury für Entwurfsankäufe eines von den Architekten Andreas Hawlik und Ernst Huss eingereichten
Projekts sowie eines Projekts des Architekturbüros Treusch architecture (beide Wien).
Das Siegerprojekt und die weiteren Entwürfe werden im Herbst im Palais Epstein präsentiert. Ein genauer
Termin steht noch nicht fest.
Der Architektur-Wettbewerb wurde anonym durchgeführt, erst nach der Kür des Siegerprojekts und der weiteren
Preisträger wurde – unter Aufsicht eines Notars – die Identität der WettbewerbsteilnehmerInnen gelüftet.
Von den 21 Entwürfen kamen 19 aus Österreich, zwei aus Deutschland.
Der 10-köpfigen Jury gehörten neben Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, Zweitem Präsidenten
Michael Spindelegger und Dritter Präsidentin Eva Glawischnig-Piesczek die österreichischen ArchitektInnen
Boris Podrecca, Marta Schreieck und Georg Pendl, der dänische Architekt Jan Sondergaard, die spanische Architektin
Benedetta Tagliabue, Wolfgang Gleissner als Vertreter der Bundesimmobiliengesellschaft sowie Parlamentsdirektor
Georg Posch an.
Notwendig geworden ist der Umbau des Nationalratssitzungssaals, weil dieser mehr als 50 Jahre nach seiner Erbauung
starke Abnutzungserscheinungen aufweist und nicht mehr den Anforderungen eines modernen Sitzungsbetriebs entspricht.
Unter anderem geht es darum, sowohl den Saal als auch die Besuchergalerie behindertengerecht zu gestalten, die
Saaltechnik zu modernisieren, bestehende Sicherheitsmängel zu beheben und die Arbeitsbedingungen für
die Abgeordneten zu verbessern. Der Saal sei "absolut nicht mehr zeitgemäß", bekräftigte
Prammer, deshalb habe man sich noch unter ihrem Amtsvorgänger Andreas Khol für einen Umbau entschieden.
Die Planungsarbeiten für den Umbau werden in Zusammenarbeit mit der Bundesimmobiliengesellschaft durchgeführt.
Auch das Bundesdenkmalamt ist eingebunden, mit diesem gibt es, wie Jury-Vorsitzender Podrecca betonte, ein gutes
Zusammenspiel.
Auf die Frage, ob alle Parteien hinter dem Projekt stünden, erklärte Prammer, es sei ihr ein Anliegen,
den Umbau des Sitzungssaals aus der Tagespolitik herauszuhalten. Sie habe als Nationalratspräsidentin die
Verantwortung zu tragen. Durch einen Stopp des Verfahrens würde jedenfalls "eine sehr hohe Summe Geldes
in den Sand gesetzt werden". Im Übrigen gab Prammer zu bedenken, dass auch eine Beschränkung auf
notwendige Instandhaltungsarbeiten viel Geld kosten würde. |