Justizministerin Berger bilanziert  

erstellt am
30. 07. 08

 Berger: Vieles ist weitergegangen
Großes Bedauern, dass Familienrechtsreform, Gruppenklage und Jugendgerichtshof nicht umgesetzt werden konnten
Wien (sk) - Ein "großes Anliegen", das in den letzten eineinhalb Jahren umgesetzt werden konnte, ist für Justizminister Maria Berger das Haftentlastungspaket, das seit 1. Jänner in Kraft ist. Bei ihrem Amtsantritt war die Justizministerin mit einem "nicht verantwortbarem Überbelag" in den Haftanstalten konfrontiert. Ein weiterer Schwerpunkt war der Opferschutz. Hier konnte bereits Einiges umgesetzt werden. Berger hofft aber noch auf den Beschluss des Zweiten Gewaltschutzgesetzes beim Sommerministerrat am 12. August. "Die Verhandlungen mit der ÖVP-Seite sind hier so weit fortgeschritten und so gut gelaufen, dass ich davon ausgehe, dass wir dieses Projekt beschließen können", so Berger am 30.07. in einer Pressekonferenz

Das Ziel des Haftentlastungspakets war es, innerhalb eines Jahres den Häftlingsstand um 10 Prozent zu reduzieren, tatsächlich konnte die Häftlingszahl bereits nach einem halben Jahr um 12 Prozent reduziert werden. "Ich glaube, das ist im Sicherheitsinteresse der österreichischen Bevölkerung gelegen, wenn wir uns nun verstärkt der Rückfallprävention widmen können und wenn wir den Tätern bei der Resozialisierung besser helfen können, als in Anstalten mit Überbelag."

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist für Berger die Verbesserung des Opferschutzes. So wurden die budgetären Mittel für die Prozessbegleitung erhöht, auch wurden die Opferrechte ausgeweitet und von den Opfern "sehr sehr positiv aufgenommen". Hier ist etwa die Möglichkeit zu nennen, gegen Verfahrenseinstellungen der Staatsanwaltschaft vorzugehen und einen Fortführungsantrag zu stellen. Auch die Koordinationsstelle, die vom "Weißen Ring" betreut wird, "wurde sehr häufig und mit steigender Frequenz in Anspruch genommen".

Seit 1. Jänner ist auch das neue und verschärfte Korruptionsstrafrecht in Kraft. Auch die Errichtung der Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft wird weiterhin zügig vorbereitet und soll wie geplant mit 1. Jänner 2009 ihren Betrieb aufnehmen. Die Stelle des Leiters ist derzeit ausgeschrieben, dazu kommen vier weitere Staatsanwälte. Weiteres Personal könne derzeit leider wegen der ausbleibenden Budgetierung aufgrund der Unterbrechung der Legislaturperiode nicht eingesetzt werden. Berger verwies auch auf die neue gesetzliche Verankerung der Staatsanwälte und auf die Transparenz-Regelungen. So müssen Weisungen, die vom Justizministerium an die Staatsanwaltschaft ergehen, offengelegt werden.

Auch habe die internationale Zusammenarbeit einen höheren Stellenwert erhalten. Als zwei prominente Fälle seien hier etwa die Auslieferung von Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner und dem Rechtsradikalen Gerd Honsik zu nennen, resümierte Berger.

Sehr gut angenommen werden auch die Ombudsstellen, die letztes Jahr an allen vier Oberlandesgerichten eingerichtet wurden. "Damit gibt es jetzt eine Anlaufstelle für alle Bürgerinnen und Bürger, die ein Anliegen an die Justiz haben."


Zweites Gewaltschutzgesetz - Anzeigepflicht-Neuregelung
Das Zweite Gewaltschutzgesetz beinhaltet etwa die Prozessbegleitung auch bei Zivilrechtsverfahren, einen eigenen Straftatbestand bei lang andauernden Gewaltbeziehungen und weitere Maßnahmen im Kampf gegen häusliche Gewalt. Änderungen gibt es auch bei der Anzeigenpflicht. Künftig soll es eine erweiterte Meldepflicht für die mit Kindern arbeitenden Berufsgruppen geben und die Jugendwohlfahrtsbehörden zur Anzeige verpflichtet sein. Wenn aber die Durchführung eines Strafverfahrens zu Lasten des Opfers gehen würde, dann soll der Staatsanwalt das Verfahren rückstellen. "Das Wichtigste ist uns hier der Schutz der Minderjährigen. Und wenn es nicht anders geht, dann muss der Staatsanwalt eben warten." Die Justizministerin rechnet für das zweite Gewaltschutzgesetz mit einer Beschlussfassung im Sommerministerrat.

Bei anderen Maßnahmen sei das leider nicht so, verweist Berger auf das Familienrechtsänderungsgesetz und die Gleichberechtigung homosexueller Lebensgemeinschaften, die Gruppenklage sowie auf die Jugendgerichtsbarkeit. "Hier wird die Arbeit nach der Neuwahl weitergehen müssen", so Berger.

Jugendgerichtshof: Molterer konnte nicht über ideologischen Schatten springen
Das Projekt des neuen Jugendgerichtshofs, als Jugendkompetenzzentrum mit Haftanstalt und Jugendgericht, sei den abgesagten Budget- und Planstellenverhandlungen aufgrund der Neuwahl zum Opfer gefallen. "Tatsache ist, dass der Finanzminister die Vorarbeiten genehmigt hatte. Als es jetzt aber darum gegangen ist, die letztendliche Genehmigung zu bekommen, hat es sich plötzlich gespießt." Obwohl Bergers Projekt billiger käme als das ursprünglich geplante Projekt, nämlich ein komplettes zweites Wiener Straflandesgericht auf diesem Platz zu errichten, ist das Jugendkompetenzzentrum nicht genehmigt worden. "Ich denke, dass hier einfach der ideologische Schatten sehr hoch gewesen ist, über den Finanzminister Molterer in seiner Eigenschaft als ÖVP-Vorsitzender nicht springen wollte. Es war ja immerhin auch unter Beteiligung der ÖVP, dass der alte Jugendgerichtshof zugesperrt wurde", sagte Maria Berger.


Verbesserung des Anlegerschutzes
Wofür sich Berger in ihrem Ressort einsetzen werde, ist die Verbesserung des Anlegerschutzes und mehr Transparenz auf den Kapitalmärkten. Hier zeige eine Analyse der aktuellen Fälle "einige Schwachstellen". Während es etwa für Allgemeine Geschäftsbedingungen klare Vorgaben gibt, was die Verständlichkeit betrifft, gilt das für Börseprospekte nicht. Auch bei der Werbung müsste es zu klaren gesetzlichen Vorgaben kommen. Bei Medikamenten etwa gebe es immer den Hinweis über etwaige Risken, ähnliches sollte es auch bei der Bewerbung von Anlagen und Wertpapieren geben. Auch sollte die Übernahmekommission gestärkt werden. "Damit sie früher einschreiten kann und erweiterte Ermittlungsbefugnisse bekommt." Auch sollten Gesellschaften, die im Ausland ihren Sitz haben, aber in Österreich auftreten, einen inländischen Zustellbevollmächtigten haben müssen. Auch mehr Transparenz in Hinsicht auf alle Verträge, die rund um eine Anlageprodukt eingegangen werden, will Berger, etwa bei Management-Verträge oder Regelungen bezüglich Provisionen oder Bezüge. Auch eine Verstärkung der Aktionärsrechte im Rahmen der Hauptversammlung ist angedacht.

"Wichtig in diesem Bereich ist sicher eine funktionierende Finanzmarktaufsicht", weist Berger auf einige Verbesserungen in diesem Bereich hin, betont aber, dass die FMA noch mehr gestärkt werden sollte und hier auch ihre Unabhängigkeit. Die Finanzierung soll daher ausschließlich von staatlicher Seite erfolgen. "Die Tatsache, dass hier die zu Beaufsichtigenden mitfinanzieren, erscheint mir nicht wirklich geeignet, die Unabhängigkeit dieser FMA auch tatsächlich herzustellen." Auch soll die FMA, genau wie alle anderen Behörden, der Amtshaftung unterliegen. Diesbezüglichen anderen Plänen des Finanzministers, dass die Amtshaftung eingeschränkt beziehungsweise abgeschafft werden soll, erteilte Berger damit eine neuerliche Absage. Eine Einschränkung der Amtshaftung in dem Sinn, dass nur mehr die grob fahrlässige und die vorsätzliche Amtshaftung gegeben ist, wäre lediglich denkbar, wenn es "einen wesentlich stärkeren Anlegerschutz" wie etwa in Deutschland gibt.

Auch hier wäre es wichtige gewesen, eine Gruppenklage für die Vielzahl der Geschädigten zur Verfügung zu haben. Dies sei leider an der ÖVP gescheitert.

Bekämpfung der Teuerung durch Verhindern der Mietsteigerungen von 5,6 Prozent im Herbst
Ein weiteres wichtiges Projekt für den Ministerrat am 12. August sei die Abwendung der drohenden Index-Anpassung für den Herbst bei den Kategorie-Mieten und anderen Bereichen des Wohnrechts. Anstelle der 5-prozentigen Index-Schwelle soll eine 10-prozentige Index-Schwelle treten, bevor es zu einer Anhebung der Mieten kommt. Leider sei Wirtschaftsminister Bartenstein trotz anderslautender Zusagen bisher säumig, was die Umsetzung der Reduzierung der Obergrenzen bei den Makler-Provisionen betrifft. "Ähnliches gilt für die Vergebührung der Mietverträge", hier sei Finanzminister Molterer untätig.

Wettbewerbsbehörde und Kartellanwalt sollten aufgestockt werden
Die Justizministerin sprach sich dagegen aus, dass die Bundeswettbewerbsbehörde und der Kartellanwalt, der beim Justizministerium ressortiert ist, zusammengelegt werden, "da ein gewisser Wettbewerb auch zwischen den Behörden durchaus wünschenswert ist." Beide Institutionen sollten aber gestärkt werden und zusätzliche Ressourcen und Befugnisse erhalten.

Angefragt auf die Untersuchungshaft für Tierschützer erklärte Berger, dass die Entscheidung eine Beurteilung mehrer Gerichte war, sowohl des Landesgerichts Wiener Neustadt, als auch des OLG Wien.

 

 Donnerbauer: Entscheidende Versäumnisse im Justizressort
Untätigkeit Bergers bei Sexualstraftäterdatei, Abbruch der Verhandlungen bei Gewaltschutz - Missbrauch ihres Ministeriums für Parteipolitik
Wien (övp-pk) - "Die heute von Justizministerin Berger vorgelegte Bilanz lässt Ergebnisse in den entscheidenden Bereichen vermissen", unterstreicht ÖVP-Justizsprecher Mag. Heribert Donnerbauer. "Wie man bei Bergers ‚Bilanz' erkennen konnte, war Berger offenbar mit Selbstbeweihräucherung beschäftigt und hat es dabei verabsäumt, sich um die Erfüllung ihrer Aufgaben zu kümmern." So hat Berger heute mit keinem Ton die Sexualstraftäterdatei erwähnt. "Kein Wunder, immerhin hat Berger die Sicherheit der Kinder und Familien auf die lange Bank geschoben. Eine inakzeptable Vorgangsweise für eine Justizministerin", resümiert Donnerbauer.

Mit einem Entschließungsantrag vom März 2007 hat das Parlament Berger aufgefordert, eine Evaluation des Strafrahmens bei Sexualdelikten durchzuführen. "Bisher sind beinahe eineinhalb Jahre vergangen und Berger ist noch immer nicht tätig geworden. Bei Sexualdelikten muss die volle Härte des Gesetzes gelten, strengere Strafen sind ein Gebot der Stunde, um die Kinder und Familien zu schützen", so Donnerbauer und weiter: "Obwohl die Ministerin ein fertiges Paket der ÖVP seit Wochen auf ihrem Schreibtisch liegen hat, ist sie bisher untätig geblieben."

Die ÖVP hat beim Thema Gruppenklagen konstruktiv verhandelt und wäre Kompromisse zugunsten der Sache eingegangen. "Es war Berger, die die Verhandlungen Ende Juni von einer Minute zur nächsten abgebrochen hat. Offenbar war die SPÖ zu diesem Zeitpunkt schon zu sehr mit sich selbst und dem Torpedieren der Koalition beschäftigt und konnte sich nicht mehr auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren", betont der ÖVP-Justizsprecher.

"Beinahe skandalös ist Bergers Amtsführung, was die parteipolitische Instrumentalisierung ihres Ressorts anbelangt", so Donnerbauer: Postenbesetzungen aus rein parteitaktischen Motiven standen an der Tagesordnung und darüber hinaus hat Berger ihren Beamten den direkten Kontakt mit den ÖVP-Verhandlern sogar untersagt. "Dass dabei keine Zeit für konstruktive Sacharbeit geblieben ist, verwundert somit nicht. Die offenen Baustellen hat Berger zu verantworten", schließt Donnerbauer.

 

 Steinhauser: Berger aktiv, aber konfliktscheu
Bergers Arbeit als Ministerin zwiespältig
Wien (grüne) - "In vielen Fragen war Justizministerin Berger gegenüber der Blockadepolitik der ÖVP zu konfliktscheu, was mit zum Stillstand in der Justizpolitik beigetragen hat. Wenn Berger jetzt in Aussicht stellt, für den Sommerministerrat eine Mietrechtsreform durchsetzen zu wollen, wird klar, dass der Wahlkampf begonnen hat", erklärte der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser auf die Ankündigungen Bergers. Hinsichtlich des Gewaltschutzgesetzes plädiert Steinhauser dafür, das vorgeschlagene Paket ohne der Anzeigenpflicht noch vor den Wahlen im Parlament zu beschließen. Die ÖVP sollte ihre wahltaktisch motivierte Blockadepolitik aufgeben.

Die Arbeit von Bundesministerin Berger sieht Steinhauser zwiespältig. "Die Modernisierung des Familienrechts ist auf halbem Weg stecken geblieben, beim Mietrecht ist überhaupt nichts weitergegangen", kritisiert Steinhauser. Das war für den grünen Justizsprecher nicht unbedingt die alleinige Schuld Bergers. Die ÖVP hat sich justizpolitisch schon lange auf rechtspopulistischen Kurs begeben und missbraucht das sensible Thema Sexualstraftäter für den Wahlkampf. Andere Themen interessieren die ÖVP nicht. Letztendlich muss sich, so Steinhauser, aber eine Ministerin daran messen lassen, was sie durchgesetzt hat. In der Umsetzung des Haftentlastungspakets sieht Steinhauser Bergers größten Erfolg.

Auch hätte sich Steinhauser gewünscht, dass die Justizministerin eine laute Stimme für den Rechtsstaat gewesen wäre. "Beim überfallsartigen Ausbau des Überwachungsstaats durch Innenminister Platter hat Berger ebenso geschwiegen, wie beim Kappen des Instanzenzugs von AsylwerberInnen zum Verwaltungsgerichtshof", kritisiert Steinhauser. Berger hat damals darauf verwiesen, dass sie im Ministerrat nur zugestimmt hätte, weil sie den Entwurf nicht gelesen hatte.

 

 Fichtenbauer: Tätigkeitsbilanz der Justizministerin durchaus ungenügend
Offenbar Auflistung von Projekten und weniger eine Bilanz
Wien (fpd) - Der freiheitliche Justizsprecher NAbg Dr. Peter Fichtenbauer nimmt die Bilanzpressekonferenz von Justizministerin Maria Berger zum Anlass, festzustellen, dass es sich hierbei offenbar um eine Auflistung von Projekten und weniger um eine Bilanz im eigentlichen Sinne handle. "Das verwundert nicht", so Fichtenbauer. "Die realpolitisch machbaren FPÖ-Vorschläge, etwa beim Opferschutz für Kinder, beim Besuchsrecht und zahlreichen weiteren Initiativen, sind kaum beachtet worden. Gleichzeitig ist die Bundesregierung aber umsetzbare Gegenmodelle schuldig geblieben."

Die diesbezüglichen Versäumnisse auf Regierungsseite seien vor allem dort sichtbar geworden, wo seit Wochen, Monaten, mitunter Jahren nicht Erledigtes zu weiteren Vertröstungen auf ungewisse Zukunft, nicht aber zu den überfälligen Schritten geführt hätte. "Es wird auch in der kommenden Legislaturperiode an der FPÖ liegen, substanzielle Verbesserungen anzuregen und zu thematisieren", folgert Fichtenbauer. "Wir werden uns dieser Aufgabe mit gewohnter Energie stellen."

 

 Darmann: Bergers Justizpolitik als Sicherheitsrisiko für Österreich
Im Endeffekt bleibt keine Einsparung, nur das Risiko der Bevölkerung wird erhöht
Wien (bzö) -
Mit dem Haftentlastungspaket setze Justizministerin Berger wegen einer vorgeschobenen Kosteneinsparung durch die vorzeitige Entlassung von Straftätern inklusive allein heuer 88 Sexualstraftätern die Sicherheit der gesamten österreichischen Bevölkerung aufs Spiel. Durch diese Maßnahme ist die Sicherheitsgefährdung der Bevölkerung höher als der erkennbare Nutzen, übte BZÖ-Jusizsprecher Mag. Gernot Darmann heftige Kritik in Zusammenhang mit Bergers Bilanzpressekonferenz.

"Im Endeffekt bleibt keine Einsparung, nur das Risiko der Bevölkerung wird erhöht", so Darmann. Was den Kinderschutz betrifft, habe es Berger über ein Jahr lang verabsäumt, einen Vier-Parteien-Antrag zum Kinderschutz, der vom BZÖ initiiert worden ist und von den Regierungsparteien für gut befunden wurde, umzusetzen. "Obwohl es sich dabei um ein wichtiges Thema handelt wurde es von Berger stets unter den Teppich gekehrt. Kinderschutz ist für die SPÖ-Justizministerin offensichtlich ein parteipolitischer Spielball", so Darmann.

Viel wichtiger wäre es, alle nur erdenklichen Maßnahmen zu setzen, um Gewalt an Kindern zu verhindern. Justizministerin Berger hätte die Pflicht, an die Kinder in unserem Land zu denken und diese bestmöglich zu schützen. Das BZÖ habe sich in zahlreichen parlamentarischen Initiativen für einen besseren Schutz unserer Kinder stark gemacht, so Darmann abschließend.
 
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