Wiener Stadt- und Landesarchiv erinnert an Walter Nausch   

erstellt am
08. 08. 08

Ausstellung bis 26. September – insgesamt 11 Biographien berühmter Fußballerpersönlichkeiten zwischen 1920 und 1965
Wien (rk) - Das große Fußball-Fest der Europameisterschaft in der Schweiz und in Österreich wirkt weiter. Das Wiener Stadt- und Landesarchiv bringt eine Serie von - alphabetisch gereihten - elf Biographien zu berühmten Persönlichkeiten des Wiener Fußballs zwischen 1920 und 1965.

In einer Rückschau auf seine Teamkarriere in den Nachkriegsjahren erinnert sich Ernst Ocwirk an die obligatorischen Vorbereitungscamps am Kahlenberg und daran, wie die Spieler von Teamchef Walter Nausch für die jeweiligen Partien, wie es im Fußballerjargon heißt, "scharf gemacht" wurden. In seiner vornehmen Art hätte Nausch die Spieler aufgefordert, hinunterzuschauen auf die Wienerstadt: "Für die Stadt da unten, für das Land, für die Menschen müsst ihr spielen. Ihr wisst, was das zu bedeuten hat."

Die ersten Grundkenntnisse in der Kunst des Fußballspiels erlernte Walter Nausch im Volksgarten, später auf den ausgedehnten Wiesen des Praters. Über den unterklassigen FC Josefstadt-Toskana und den FC Libertas kam der Bankbeamte zu den Amateuren (Austria), und ab 1926 zum WAC. Drei Jahre später kehrte er zur Austria zurück und prägte gemeinsam mit Matthias Sindelar den auf hohem technischen Niveau, auf Spielwitz und taktischer Raffinesse basierenden spezifischen Stil des Vereins. Er gehörte zur Stammformation des Wunderteams, 1933 und 1936 wurde er mit der Austria Mitropacupsieger.

Die nationalsozialistischen Machthaber versuchten 1938, sich der Popularität und Fachkompetenz zumindest der wichtigsten Spieler zu versichern. Man bot Walter Nausch eine hohe staatsoffizielle Sportfunktion an: Vom Amt des "Gautrainers" war die Rede und sogar von der Leitung eines noch zu schaffenden Sportministeriums. Eine Bedingung allerdings war daran geknüpft: Er sollte sich von seiner jüdischen Frau, einer hervorragenden Hakoah-Schwimmerin, trennen. Nausch entschied sich für seine Ehe und im November 1938 für die Flucht in das Schweizer Exil. In der Schweiz blieb Nausch dem Fußball erhalten und verbunden. Bei den Züricher Young Fellows wirkte er als Spieler, Trainer und Clubsekretär.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Walter Nausch zur Rückkehr nach Österreich und zur Annahme der Funktion eines ÖFB- Bundeskapitäns (ab 1. September 1948) bewogen werden. Unter seiner Ägide feierte das Nationalteam eine Serie von Aufsehen erregenden Erfolgen, deren bedeutendster mit Sicherheit das Erreichen des dritten Platzes bei der WM 1954 darstellt. Allerdings ist diese Weltmeisterschaft auch mit der denkwürdigen 1:6 Niederlage gegen Deutschland im Semifinale verbunden. Dieses Debakel wurde von der rechtsgerichteten Presse, allen voran der "Blaue Montag", zum Anlass eines beispiellosen Kesseltreibens gegen den Verbandskapitän genommen. Walter Nausch demissionierte noch im Dezember 1954.

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv hat Walter Nausch eine der "11 Biographien" von Persönlichkeiten des Wiener Fußballs gewidmet. Diese sind im Rahmen der gemeinsam mit der Wienbibliothek im Rathaus konzipierten Ausstellung "Die Eleganz des runden Leders - Wiener Fußball 1920- 1965" zu sehen. Die Spezialausstellung "11 Biographien" ist im Foyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs im Gasometer D in Simmering (Zugang über Gasometer A) Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr zu besichtigen, der Eintritt ist frei.

* "11 Biographien"
Die Eleganz des runden Leders - Wiener Fußball 1920-1965
Ausstellung im Foyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs
Simmering, Gasometer D (Zugang über Gasometer A)
Kurator: Wolfgang Maderthaner
Ausstellungsdauer: bis 26. September 2008
 
zurück