Ausstellung bis 26. September – insgesamt 11 Biographien berühmter Fußballerpersönlichkeiten
zwischen 1920 und 1965
Wien (rk) - Das große Fußball-Fest der Europameisterschaft in der Schweiz und in Österreich
wirkt weiter. Das Wiener Stadt- und Landesarchiv bringt eine Serie von - alphabetisch gereihten - elf Biographien
zu berühmten Persönlichkeiten des Wiener Fußballs zwischen 1920 und 1965.
In einer Rückschau auf seine Teamkarriere in den Nachkriegsjahren erinnert sich Ernst Ocwirk an die obligatorischen
Vorbereitungscamps am Kahlenberg und daran, wie die Spieler von Teamchef Walter Nausch für die jeweiligen
Partien, wie es im Fußballerjargon heißt, "scharf gemacht" wurden. In seiner vornehmen Art
hätte Nausch die Spieler aufgefordert, hinunterzuschauen auf die Wienerstadt: "Für die Stadt da
unten, für das Land, für die Menschen müsst ihr spielen. Ihr wisst, was das zu bedeuten hat."
Die ersten Grundkenntnisse in der Kunst des Fußballspiels erlernte Walter Nausch im Volksgarten, später
auf den ausgedehnten Wiesen des Praters. Über den unterklassigen FC Josefstadt-Toskana und den FC Libertas
kam der Bankbeamte zu den Amateuren (Austria), und ab 1926 zum WAC. Drei Jahre später kehrte er zur Austria
zurück und prägte gemeinsam mit Matthias Sindelar den auf hohem technischen Niveau, auf Spielwitz und
taktischer Raffinesse basierenden spezifischen Stil des Vereins. Er gehörte zur Stammformation des Wunderteams,
1933 und 1936 wurde er mit der Austria Mitropacupsieger.
Die nationalsozialistischen Machthaber versuchten 1938, sich der Popularität und Fachkompetenz zumindest der
wichtigsten Spieler zu versichern. Man bot Walter Nausch eine hohe staatsoffizielle Sportfunktion an: Vom Amt des
"Gautrainers" war die Rede und sogar von der Leitung eines noch zu schaffenden Sportministeriums. Eine
Bedingung allerdings war daran geknüpft: Er sollte sich von seiner jüdischen Frau, einer hervorragenden
Hakoah-Schwimmerin, trennen. Nausch entschied sich für seine Ehe und im November 1938 für die Flucht
in das Schweizer Exil. In der Schweiz blieb Nausch dem Fußball erhalten und verbunden. Bei den Züricher
Young Fellows wirkte er als Spieler, Trainer und Clubsekretär.
Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Walter Nausch zur Rückkehr nach Österreich und zur Annahme der Funktion
eines ÖFB- Bundeskapitäns (ab 1. September 1948) bewogen werden. Unter seiner Ägide feierte das
Nationalteam eine Serie von Aufsehen erregenden Erfolgen, deren bedeutendster mit Sicherheit das Erreichen des
dritten Platzes bei der WM 1954 darstellt. Allerdings ist diese Weltmeisterschaft auch mit der denkwürdigen
1:6 Niederlage gegen Deutschland im Semifinale verbunden. Dieses Debakel wurde von der rechtsgerichteten Presse,
allen voran der "Blaue Montag", zum Anlass eines beispiellosen Kesseltreibens gegen den Verbandskapitän
genommen. Walter Nausch demissionierte noch im Dezember 1954.
Das Wiener Stadt- und Landesarchiv hat Walter Nausch eine der "11 Biographien" von Persönlichkeiten
des Wiener Fußballs gewidmet. Diese sind im Rahmen der gemeinsam mit der Wienbibliothek im Rathaus konzipierten
Ausstellung "Die Eleganz des runden Leders - Wiener Fußball 1920- 1965" zu sehen. Die Spezialausstellung
"11 Biographien" ist im Foyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs im Gasometer D in Simmering (Zugang
über Gasometer A) Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr zu besichtigen, der Eintritt ist frei.
* "11 Biographien"
Die Eleganz des runden Leders - Wiener Fußball 1920-1965
Ausstellung im Foyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs
Simmering, Gasometer D (Zugang über Gasometer A)
Kurator: Wolfgang Maderthaner
Ausstellungsdauer: bis 26. September 2008 |