Diskussion über Liebe und Ehe bei den Salzburger Hochschulwochen
Wien (epd Ö) - Immer weniger Eheschließungen, immer mehr Scheidungen: "Weil wir diese
Statistiken haben, haben wir diese Unsicherheit", sagte die Religionspsychologin und Ordinaria für Praktische
Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, Univ.-Prof. Dr. Susanne Heine
am 07.08. bei einer Publikumsdiskussion mit dem römisch-katholischen Moraltheologen und Ethiker Univ.-Prof.
Dr. Dietmar Mieth aus Tübingen im Rahmen der Salzburger Hochschulwochen 2008. "Ich führe das nicht
auf Unmoral zurück, sondern auf Unsicherheit - nicht zuletzt wegen dieser statistisch erhobenen Wahrscheinlichkeit
des Scheiterns", erklärte die Theologin in der Diskussion zu Fragen im Umfeld des diesjährigen Hochschulwochen-Themas
"Liebe. Provokationen".
Die Auswirkungen der Papst-Enzyklika "Humanae Vitae" habe sie freilich immer wieder als "Ehekrampf"
erlebt. "Wenn ein Paar spontan Liebe leben will, wenn die Kinderzahl die emotionalen oder finanziellen Kapazitäten
überschreitet", führe sie zu einem dauernden "An-sich-Halten" im Versuch, dieser Vorgabe
zu entsprechen. Mit den steigenden Scheidungszahlen freilich bringen weder Heine noch Mieth die Enzyklika in Verbindung.
Humanae Vitae unterscheide sogar explizit zwischen "Sinn" und "Zweck" der Ehe, betonte der
römisch-katholische Moraltheologe. "Der Sinn der Ehe erfüllt sich in der gegenseitigen Beziehung,
ihr Zweck sind die Kinder." Aus dieser Grundhaltung heraus habe man sich überhaupt damals im Stande gesehen,
der Zeitwahl als Empfängnisregel zuzustimmen.
Dass der Papst nicht weitergegangen sei, liege, so Mieth, möglicherweise daran, dass er an der "Konstanz"
festhalten und dem nicht widersprechen wollte, "was sein Vorgänger 1931 gesagt hat". Tatsächlich
reiche die Bedeutung der "Pillen-Enzyklika" in ihren Aussagen über den Sinn der Liebe weit über
das hinaus, was von ihr gemeinhin rezipiert würde. Er persönlich meine, so Mieth, im Lehrschreiben "eine
Position gegen die Technisierung der Reproduktion darin wahrnehmen zu können", betonte aber, dass dies
ein "Gefühlswert" sei.
Ob ein Paar sündige, wenn es ein schwer behindertes Kind abtreiben lasse, wollten weder Heine noch Mieth entscheiden.
Er jedenfalls plädiere dafür, "dass man das gar nicht weiß", so der Moraltheologe: "Ich
würde Paaren mit Kinderwunsch dazu raten, das gar nicht erfahren zu wollen." Das hänge mit dem Gedanken
der unbedingten Annahme zusammen. Susanne Heine wollte diese Entscheidung dem Gewissen des Paares anheimgestellt
wissen, "und das Gewissen darf niemanden knechten". |