Österreichische Getreideernte um 20% größer als im Vorjahr   

erstellt am
07. 08. 08

Verregnetes Erntewetter wirkte sich negativ auf die Qualität aus
Wien (bmlfuw/aiz) - "Die Getreideernte fällt heuer in Österreich deutlich größer aus als im Vorjahr. Mit einer prognostizierten Gesamtmenge von 3,2 Mio. t ernten wir um fast 20% mehr als im Vorjahr. Inklusive Mais dürft die Grenze von 5 Mio. t dieses Jahr erstmalig überschritten werden", teilte Günter Griesmayr, Vorstandsvorsitzender der Agrarmarkt Austria (AMA), bei einer Pressekonferenz mit. "Die in vielen Teilen Österreichs schlechte Witterung der letzten Wochen verhinderte die Ernte zum optimalen Zeitpunkt.

Diese äußeren Umstände haben zur Folge, dass die Qualitäten vielfach hinter den Erwartungen zurückblieben", berichtete der Vorsitzende des AMA-Verwaltungsrates, Franz Stefan Hautzinger. Die Inlandsversorgung sei bei Mehl und Braugerste jedenfalls gesichert. Bei den Preisen dürfte es insgesamt heuer zu einer Seitwärtsbewegung und einer deutlichen Splittung je nach Qualität kommen.

"Die deutlich höheren Mengen sind nicht nur auf die guten Erträge zurückzuführen, sondern auch auf die Tatsache, dass die Aufhebung der Stilllegungsverpflichtung zu einer Ausweitung der Produktionsflächen von über 25.000 ha Ackerland geführt hat. Die zusätzlich zu vermarktende Menge von etwa 600.000 t stellt eine Herausforderung für die Logistik, Lagerung und Vermarktung dar", erläuterte Hautzinger. Allein für die Bioethanolanlage Pischelsdorf, NÖ, würden aber rund 400.000 t Getreide verwendet. Es handle sich dabei um die schwächeren Weizenqualitäten. Dies sei insofern positiv, da weniger exportiert werden müsse und die kurzen Transportwege sich auch positiv hinsichtlich des Klimaschutzes auswirken würden. Entgegen manchen Befürchtungen bleibe Österreich weiterhin ein Getreideüberschussland, beruhigte Hautzinger.

Extrem schwierige Erntebedingungen verhindern gute Qualitäten

Hinsichtlich Mengen, Qualitäten und Vermarktung könne das Jahr 2008 als extrem bezeichnet werden, so Hautzinger. Bei den Qualitäten zeige sich ein differenziertes Bild: "Die Ernte von Winter- und Sommergerste ist sehr zufriedenstellend; insbesondere Sommergerste hat durchwegs Braugerstenqualität. Bei Weizen können die hohen Anteile im Qualitätssegment des Vorjahres nicht erreicht werden. Lediglich 20 bis 25% liegen im Qualitätssegment, der Rest ist Mahl- und Futterweizen. 2007 lag der Anteil von Qualitätsweizen bei 80%", so Hautzinger. ´

Eher stabile Preise erwartet - Hohe Kosten verursachen Einkommensminus
Bei den Getreidepreisen gehe man derzeit aufgrund der Erstnotierungen von einer Seitwärtsbewegung und von einer starken Qualitätsbezogenheit aus, so der Präsident. Qualitätsweizen notiere derzeit an der Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien mit EUR 205,- bis 215,- je t, Mahlweizen mit EUR 180,- bis 185,- und somit in etwa auf Vorjahresniveau. Bei Futterweizen sei aufgrund der größeren Menge und dem hohen Angebot aus dem Ausland (Schwarzmeerraum) derzeit ein kleiner Einbruch zu verzeichnen. Ein großes Problem für die Getreidebauern seien aber die explodierenden Preise bei Betriebsmitteln. Diese erhöhten die Produktionskosten um etwa EUR 25,- bis 30,- je t und kompensierten die erntebedingt höher erwarteten Erlöse. In Summe werde es für die Getreideproduzenten somit zu einem leichten Einkommensrückgang gegenüber dem Vorjahr kommen.

Getreideanbaufläche um 2,7% gestiegen

Die Getreideanbaufläche ist heuer österreichweit gegenüber dem Vorjahr um 2,7% auf rund 608.200 ha angestiegen. Insbesondere wurden Wintergerste, Roggen und Raps vermehrt angebaut. Reduziert wurde die Fläche bei Sommergerste um 15% sowie auch jene für Körnererbsen und Ackerbohnen. Während im Burgenland die Weichweizenernte noch gute Qualitäten geliefert hat, kommt es in niederösterreichischen Hauptanbaugebieten zu erheblichen Qualitätseinbußen. Die Gefahr des Auswuchses ist für große Mengen gegeben. In Oberösterreich wird befürchtet, dass ein Viertel der Weizenfläche vom Auswuchs betroffen sein könnte. Noch größere Auswuchsschäden werden bei Roggen und Triticale erwartet.

Hartweizen: Erträge zufriedenstellend - Qualität beeinträchtigt

Bei Hartweizen (Durum), der insbesondere in der Teigwarenherstellung Verwendung findet, wurde die Fläche heuer gegenüber dem Vorjahr um 16% auf knapp 18.000 ha ausgedehnt. In den traditionellen Anbaugebieten Ostösterreichs sind die Erträge laut den bisherigen Erhebungen der AMA zufriedenstellend und höher als im Vorjahr, sie bewegen sich im Durchschnitt bei 45 dt/ha. Die nasse Witterung zur Ernte kommt jedoch zum ungünstigsten Zeitpunkt und wirkt sich negativ auf die geforderten Qualitäten (Hektolitergewicht über 80 kg, Glasigkeit über 80%, Fallzahl größer als 350 Sekunden) aus. Aufgrund des geringen Erntefortschritts ist davon nahezu die Hälfte der Durumproduktion betroffen.

Weichweizen: Anbaufläche gesteigert - Regen verringerte die Qualitäten

Aufgrund des Wegfalls der Stilllegungsverpflichtung wurde bei Weichweizen die Anbaufläche gegenüber dem Vorjahr um über 10.000 ha gesteigert (+3,9%). Das Ertragsniveau ist sehr gut und wird derzeit österreichweit im Schnitt auf 58 dt/ha geschätzt. Der viele Regen zur Erntezeit dämpfte die Qualitäten, die schon aufgrund der hohen Erträge niedriger erwartet wurden als im Vorjahr.

Es wird davon ausgegangen, dass der heurige Weizen zu rund 10% Premiumqualität (über 15% Protein), zu 10 bis 15% Qualitätsweizen- (mind. 14% Protein) und zu etwa 75 bis 80% Mahl- und Futterqualität aufweist. Laut Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung liegen die Hektolitergewichtswerte nach ersten Ergebnissen von Weizen aus dem Burgenland bei durchschnittlich 82 kg, der Mittelwert des Proteingehalts liegt bei 14,3%, Fallzahlen erreichen Werte bis zu 440 Sekunden. Werte aus Nieder- und Oberösterreich treiben diese Qualitätswerte nach unten. Die Versorgung der heimischen Mühlen mit Brotweizen ist laut AMA sichergestellt. Auch die Mischfutterindustrie wird ausreichend mit Weizen versorgt sein.

Roggen: Erhebliche Auswuchsschäden

Die heurige Roggenanbaufläche mit 53.000 ha ist gegenüber dem Vorjahr wiederum deutlich angestiegen (+15%) und liegt sogar über dem langjährigen Durchschnitt. Die Erträge werden bei durchschnittlich 42 dt/ha erwartet. Die bereits geernteten Qualitäten werden als zufriedenstellend bezeichnet. Es ist jedoch zu befürchten, dass es im Hauptanbaugebiet Waldviertel erhebliche Qualitätseinbußen geben wird. Die nasse Witterung lässt Auswuchsschäden befürchten, deren Umfang derzeit noch nicht abgeschätzt werden kann.
Wintergerste: Erträge zwischen 55 und 60 dt/ha

Der Anbau der Wintergerste, die bekanntlich in der Tierfütterung verwendet wird, wurde dieses Jahr ebenso wie bei Roggen ausgedehnt. Die Fläche beträgt heuer rund 84.600 ha (+14% gegenüber dem Vorjahr). Das Ertragsvolumen schwankt zwischen 55 und 60 dt/ha. In Oberösterreich dagegen bewegen sich die Erträge durchwegs über 60 dt/ha bei zufriedenstellenden Qualitäten.

Ausreichend Braugerste trotz Flächenrückgang vorhanden

Die Sommergerstenfläche von rund 101.000 ha ergibt gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang um 17.900 ha oder 15%. Sie wurde somit zum zweiten Mal in Folge deutlich reduziert. Im Vergleich zu den beiden schlechten Vorjahren kann man jedoch heuer auf sehr gute Erträge bauen - der Durchschnittsertrag bewegt sich zwischen 50 und 55 je ha. Durchwegs sehr gute Qualitäten (Siebung über 90%, Eiweißgehalt bei 10,5%) deuten auf ein gutes Gesamtergebnis für die Produzenten hin, sodass ausreichend Ware für die Brauindustrie vorhanden ist.

Ölraps: Überdurchschnittliche Erträge in Oberösterreich

Der Rapsanbau ist gegenüber den Vorjahren wieder angestiegen. Die Fläche von etwa 56.000 ha zeigt eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Es wurden im gesamten Anbaugebiet sehr gute Erträge erzielt. Im Osten sind es 30 dt/ha, im ertragsreicheren Westen wird mit bis zu 35 dt/ha gerechnet. Die Ernteerwartungen werden damit die sehr gute Rapsernte des Vorjahres nicht nur wegen der Flächenauswertung nochmals übertreffen. Ölraps wird entweder zu Speiseöl oder zu Biodiesel verarbeitet.

Anbaufläche bei Körnererbsen weiter verringert - Erträge katastrophal
Der Körnererbsenanbau hat in Österreich nur mehr regionale Bedeutung. Bei dieser Kulturart ist ein stetiger Rückgang im Anbau zu verzeichnen. Die heurige Anbaufläche von 22.300 ha zeigt eine Reduktion um 20% zum Vorjahr. Die Erträge sind mit 15 bis 20 dt/ha katastrophal, eine weitere Reduktion des Anbaus ist daher zu erwarten. Diese Kultur dürfte in Zukunft nur mehr aus Gründen der Fruchtfolge angebaut werden.

Stark ausgedehnt wurde dem gegenüber der Anbau von Körnermais, und zwar auf insgesamt 194.000 ha - das sind um 25.000 ha oder knapp 15% mehr als im Vorjahr. Die Bestände zeigen sich momentan in allen Anbaugebieten großteils sehr gut. In den Bilanzen wird derzeit von Erträgen von über 10 t je ha ausgegangen.
 
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