|
||
Römischer Gutshof mit Georadar in Osttirol aufgespürt |
erstellt am |
|
Innsbruck (universität) - Mit Georadar begaben sich Innsbrucker und Wiener Archäologen auf die
Spuren der römischen Vergangenheit in Osttirol. Dabei konnte in Oberlienz ein ausgedehnter römischer
Gutshof, bestehend aus mehreren Gebäuden, entdeckt werden. In Oberlienz wurde im Bereich des Weilers Lesendorf schon seit langer Zeit eine römische Villa vermutet, da auf dem Acker bei Begehungen immer wieder Funde, v.a. Keramik aus römischer Zeit, zutage getreten waren. Daher entschloss sich Florian Müller vom Institut für Archäologien der Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit Wolfgang Neubauer von der Universität Wien und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) im letzten Jahr eine erste Probemessung mit dem Georadar durchzuführen und wurde fündig. Bei Georadarmessungen wird mittels elektromagnetischer Wellen der Untergrund sondiert, und so können im Erdreich verborgene Strukturen wie Mauern, Hohlräume und Bodenniveaus exakt nach Größe und Tiefenlage erfasst werden. Die beeindruckenden Ergebnisse der Probemessung ließen eine größere Anlage vermuten, und daher wurde jetzt die gesamte Wiese auf einer Fläche von über 14 000 m2 untersucht. Die Messungen erfolgten dabei in genau abgesteckten Bahnen im Abstand von jeweils 25 cm. Die Archäologen mussten daher in den drei Arbeitstagen mit dem Messgerät eine Strecke von annähernd 60 km zurücklegen. Aber die erste Auswertung der bei den Messungen gewonnenen Daten entschädigte für alle Mühe. Es ließen sich nämlich eindeutig die Grundrisse von einer Reihe von Gebäuden erkennen. Somit wurde auch die erste Vermutung der Archäologen bestätigt. "Bei dem Komplex handelt es sich um eine typische ‚villa rustica'. So wurde im römischen Reich ein landwirtschaftlicher Betrieb genannt, der aus einem Hauptgebäude und mehreren Wirtschafts- und Nebengebäuden bestand", erklärt Florian Müller. In Oberlienz wurde die gesamte Anlage von einer annähernd rechteckigen Mauer eingefasst und konnte durch ein Tor im Süden betreten werden. Im Inneren dieses ummauerten Bezirkes gruppierten sich mehrere Gebäude um einen großen freien Hofplatz. Beim größten Gebäude, einem langgezogenen rechteckigen Bau mit über 70 m Seitenlänge und einer Vielzahl von Einzelräumen, handelt es sich um das sog. Haupt- oder Herrengebäude, in dem die Besitzer des Gutshofes wohnten. Die zahlreichen anderen Bauwerke, vorwiegend im Norden und Osten der Anlage, dürften als Neben- und Wirtschaftsgebäude, also als Ställe, Scheunen, Lagerbauten, Remisen und Werkstätten wirtschaftlichen Zwecken gedient haben. Ein Gebäude mit einer halbrunden Apsis und Fußbodenheizung kann hingegen als das private Badehaus des Gutsbesitzers angesprochen werden. Martin Huber, der Bürgermeister der Gemeinde Oberlienz, die zusammen mit zahlreichen Sponsoren die Forschungen maßgeblich finanziell unterstützte, freut sich über die neuen Erkenntnisse. "Die Wiese wurde von den Einheimischen immer schon ‚Schlossacker' genannt, und die Messungen bestätigen nun, dass hier einmal ein prunkvolles Gebäude gestanden sein muss." Am Westrand des sonnseitigen Schleinitz-Schuttkegels vor dem eigentlichen Eingang ins Iseltal bot die klimatisch günstige und geschützte Lage schon in der Antike ideale Siedlungsbedingungen. Die Villa von Oberlienz dürfte aufgrund ihrer Größe über den Eigenbedarf hinaus auch für einen regionalen Osttiroler Markt produziert haben. Die Bewirtschaftung erfolgte entweder direkt über den Hausherrn oder mit Hilfe eines Verwalters. Geplant ist nun, die gewonnenen Daten im Zuge einer archäologischen Interpretation genau zu analysieren. "Dies wird dann die Grundlage für die Rekonstruktion und die Erstellung eines 3D-Modells der gesamten römischen Villenanlage von Oberlienz bilden", berichten die Archäologen von ihren zukünftigen Plänen. Diesen Beitrag finden Sie mit Bildern in der "Österreich Journal"-Ausgabe 63 vom 25.08.2008 unter http://www.oesterreichjournal.at |
||
zurück |