"Neurobiologie in der Psychotherapie" in Graz   

erstellt am
01. 09. 08

Karl-Franzens-Universität Graz, 16. – 19. Oktober 2008
Graz (avm) - Was geht im Gehirn vor sich, wenn Menschen (zu viel) essen oder trinken, wenn sie fröhlich oder depressiv sind? Kann man im Gehirn sehen, was aggressive Menschen von mitfühlenden unterscheidet? Können Therapien durch Blicke in das Hirn sichtbar gemacht werden? Diese und andere Fragen werden während der Tagung „Neurobiologie in der Psychotherapie“ beantwortet.

Verfahren wie Neuroimaging und die Magnetresonanz-Tomografie ermöglichen die neuronalen Prozesse im Gehirn besser zu verstehen. Diese Verfahren zeigen auf, welche Gehirnbereiche für bestimmte Aktivitäten und auch für bestimmte psychische Krankheiten zuständig sind.

Aktuelle Forschungsergebnisse beweisen, dass zum Beispiel bei Bulimie erkrankte Menschen (Bulimie = Ess-Brech-Sucht) andere Regionen des Gehirns aktiv sind als bei Personen mit Heißhungerattacken ohne Erbrechen (Binge-Eating-Disorder). Ergebnisse wie diese verbessern die Therapie von Essstörungen.

Die Wissenschaft ermöglicht anhand objektiver Daten und Bilder auf der Ebene von Zellen und deren Aktivitäten die Auswirkungen von Psychotherapie zu messen und somit die Wirksamkeit der Therapie zu belegen.

Neuropsychologen und Psychotherapeuten lebten lange in verschiedenen Forschungswelten. In den letzten Jahren wurde die Kluft zwischen Gehirnforschung und angewandter Psychologie verkleinert. Man weiß heute, dass neuronale Prozesse und Strukturen durch Psychotherapie dauerhaft verändert werden können. Psychotherapie wirkt nur darüber, dass sie das Gehirn verändert. „Wenn sie das Gehirn nicht verändert, ist sie auch nicht wirksam“, schrieb der bekannte Psychotherapieforscher Klaus Grawe.

Inhalt der 10. wissenschaftlichen Tagung
Wohin der gemeinsame Weg von Neuropsychologie und Psychotherapie geht, stellt Siegfried Gauggel (Aachen) bei der Tagung „Neurobiologie in der Psychotherapie“ vor. Er zeigt in seinem Referat auf, wie die „Neuropsychotherapie“ funktionieren wird und wo heute schon therapeutische Anwendungen möglich sind.

Hans-Peter Kapfhammer (Graz) stellt den aktuellen Stand der Forschungen über die Neurobiologie bei Depression vor.

Anne Schienle (Graz) zeigt, dass das Belohnungssystem im Gehirn von Patientinnen mit Heißhungerattacken (Binge Eating Disorder, BED) besonders empfindlich auf Nahrung reagiert, während Bulimikerinnen mehr Erregung als andere „Essgruppen“ erleben.

Herta Flor (Mannheim) weist nach, dass das Gehirn auch im Erwachsenenalter durch Lernen und Anregung in seiner Struktur und Funktion verändert werden kann.

Rudolf Stark (Gießen) stellt eines der grundlegenden Verfahren der Neuropsychologie, die funktionelle Kernspintomografie, vor.

Christina Stadler (Frankfurt) präsentiert ein verhaltenstherapeutisches Programm für aggressive Kinder und Jugendliche, das ein zweiwöchiges teilstationäres Feriencamp und ein neunwöchiges Elterntraining umfasst.

Ulrich Förstner (Bad Aussee) stellt den aktuellen Stand der Forschung und Behandlung von Zwangserkrankungen dar.

Rainer Holzinger (Linz) spricht über Künstlerpersönlichkeiten, ihre Angst vor Auftritten und deren Behandlung mit kognitiven Strategien und Biofeedback.

Elisabeth M. Weiss (Innsbruck) forscht über die Neuropsychologie des Alterns. Sie zeigt auf, wie Neuropsychologische Verfahren helfen, Risikopatienten für Altersdemenz früh zu identifizieren.

Nähere Informationen über Themen, Inhalte und Referenten der wissenschaftlichen Tagung in Graz sowie die Online-Anmeldung finden Sie im Internet unter http://www.tagung-avm.at.
 
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