... und der Wahlkampf hat (erst) jetzt so richtig eingesetzt - auch wenn das Klima - noch - verhältnismäßig
ruhig ist. Die Parteien präsentieren ihre Wahlprogramme, die Auseinandersetzungen finden in zurückhaltendem
Ton statt.
In erster Linie dominiert das von SPÖ-Vorsitzendem Werner Faymann vor eine Woche präsentierte Maßnahmenpaket
im Kampf gegen die Teuerung, die die SPÖ bei einer Sondersitzung des Parlaments zur Abstimmung stellen wird:
die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel soll von 10 auf 5 Prozent reduziert, die Studiengebühren abgeschafft,
eine 13. Familienbeihilfe auch für Familien mit Kindern unter sechs Jahren soll eingeführt werden. Weiters
soll vom Nationalrat die Erhöhung des Pflegegelds (bereits mit der ÖVP abgestimmt) sowie die Verlängerung
der so genannten Hacklerregelung beschlossen werden.
In den vergangenen Tagen meldeten sich sowohl Sprecher von Parteien und Interessenvertretungen zu Wort, die der
Öffentlichkeit ihre Sicht der Dinge darboten. Mit dem größten Widerstand sieht sich Faymann bei
seiner ersten Forderung konfrontiert, der
Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel:
ÖVP-Parteiobmann Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer bleibt nämlich bei seinem Nein,
die Grünen bezeichnen sie als Unsinn, die FPÖ besteht, sollte sie zustimmen, auch die Mehrwertsteuer
auf Medikamente zu streichen, während das BZÖ sich mit einer Halbierung abfinden könnte. Es sieht
nicht so aus, als würde es in diesem Punkt Einigung geben.
Studiengebühren:
Für eine Zustimmung der Abschaffung der Studiengebühren fordern die Grünen den vollen Ersatz
für die Universitäten aus dem Budget, die FPÖ will deren Aufhebung auf ÖsterreicherInnen und
EU-BürgerInnen beschränkt wissen. ÖVP und BZÖ hatten ihre Ablehnung schon deutlich deponiert.
Familienbeihilfe:
Bei der Einführung einer 13. Familienbeihilfe für Familien mit Kindern gibt es zwar eine prinzipielle
Einigung zwischen SPÖ und ÖVP, letztere will jedoch, daß diese auf Kinder in Ausbildung beschränkt
ist, die SPÖ will jedoch alle Kinder, also auch vor dem sechsten Lebensjahr, einführen - so auch FPÖ
und Grüne. Aus dem BZÖ hieß es, ehrlicher wäre es, ein Schul- und Studienstartgeld für
Kinder zu beschließen.
Erhöhung des Pflegegeldes:
Das Pflegegeld soll gestaffelt je Pflegestufe angehoben werden. Da herrscht im großen und ganzen
Einigung zwischen SPÖ und ÖVP, die anderen Parteien und Interessensvertretungen bemängeln aber,
daß die Anhebung zu kurz greife.
Hacklerregelung:
Die SPÖ fordert die Verlängerung der geltenen „Hacklerregelung“, es müsse ein Pensionsantritt
ohne Abschläge nach 45 Versicherungsjahren für Männer und nach 40 Versicherungsjahren für Frauen
möglich sein. Die ÖVP ist gegen die Verlängerung, da sie darin neben wesentlich höheren Kosten
auch einen Anstieg der Frühpensionierungen sieht. Die Grünen würden zustimmen, auch wenn sie darin
keine Dauerlösung sehen. Für die FPÖ müsse dies selbstverständlich unbefristet verlängert
werden, das BZÖ erinnert daran, dies schon längst gefordert zu haben.
Die letzten drei Punkte können wahrscheinlich in den beiden Sondersitzungen des Parlaments noch kurz vor der
Wahl umgesetzt werden. Bei der Mehrwertsteuer und den Studiengebühren wird sich erst herausstellen, ob die
SPÖ von den drei Oppositionsparteien so viel Unterstützung erhält, damit sie - ohne die Stimmen
der ÖVP - eine parlamentarische Mehrheit erreichen kann. Der Ausgang dieser Abstimmungen wird wohl den Ausgang
der Wahl nicht unwesentlich beeinflussen: Kann sich Faymann durchsetzen, wird er wohl von vielen Wählern als
derjenige eingeschätzt werden, der Führungskompetenz beweist und Wort hält. Fällt er damit
jedoch durch, wird ihm das von den anderen Parteien zugeschriebene Image eines Populisten wohl schwer zu entkräften
sein. (mm) |