Wien (wifo) - Heimische Unternehmen mit mindestens einem Tochterunternehmen im Ausland beschäftigen
im Durchschnitt 115 Arbeitskräfte, gegenüber 81 im europäischen Durchschnitt. Ihr Umsatz wuchs zwischen
2000 und 2004 um 4,3% gegenüber +3,8% pro Jahr. Österreichs multinationale Unternehmen wuchsen demnach
etwas stärker und sind größer als im europäischen Durchschnitt, während die Töchterunternehmen
jünger sind. Eine Studie des WIFO im Rahmen des Forschungsschwerpunktes Internationale Wirtschaft (FIW) zeigt,
dass der Zuwachs der heimischen Beschäftigung bei den Mutterunternehmen durch die Aktivitäten von Tochterunternehmen
in anderen westeuropäischen EU-Ländern gebremst wurde. Anders ist die Situation bei Tochterunternehmen
in Ostmitteleuropa: von dort gingen nur sehr schwache dämpfende Effekte auf die Beschäftigtenzahl in
Österreich aus.
Das WIFO untersuchte die Charakteristika und Determinanten des Umsatz- und Beschäftigungswachstums von über
20.000 europäischen multinationalen Unternehmen für den Zeitraum 2000/2004 (davon rund 400 österreichische
multinationale Unternehmen). Am größten sind die multinationalen Unternehmen in der Schweiz, in Großbritannien
und den Niederlanden. Die Umsätze der österreichischen multinationalen Unternehmen im Inland wuchsen
mit +4,3% pro Jahr (Median) kräftiger als in Westeuropa (+3,8% pro Jahr). Am stärksten expandierten die
multinationalen Unternehmen in Irland, Griechenland, Spanien und Finnland, am schwächsten in der Schweiz.
Ein weiteres Charakteristikum österreichischer Unternehmen ist das relativ geringe Durchschnittsalter der
ausländischen Tochterunternehmen: Der Median des Gründungsjahrs beträgt 1994, für das gesamte
Sample 1990. Nur in Irland, Griechenland und Norwegen sind die Tochterunternehmen ähnlich jung.
Aus der empirischen Analyse ergibt sich zudem, dass kleine bzw. mittelgroße multinationale Unternehmen schneller
wachsen als große. Das Wachstum hängt auch signifikant vom durchschnittlichen Gründungsjahr der
Tochterunternehmen ab: Je früher die Tochterunternehmen gegründet wurden, desto höher ist die Wachstumsrate
des Mutterkonzerns.
Die Auswirkungen der Auslandsaktivitäten multinationaler Unternehmen auf die Beschäftigung im Mutterunternehmen
wurden ebenfalls untersucht. Dazu wurden sowohl das relative Lohn- als auch das Beschäftigungsverhältnis
herangezogen. Bisherige Analysen verwendeten häufig entweder nur Informationen über die Beschäftigung,
nicht aber über die Löhne oder Löhne nur auf aggregierter Ebene. Hauptergebnis der empirischen Analyse
ist, dass in- und ausländische Beschäftigung Substitute sind. Dies gilt sowohl für Unternehmen in
der Sachgüterzeugung als auch im Dienstleistungsbereich. Allerdings ist das Substitutionsverhältnis zwischen
dem Beschäftigtenstab der Mutterunternehmen und jenem der Tochterunternehmen in der EU 15 stärker als
gegenüber den Tochterunternehmen in Ostmitteleuropa. Relative Lohnkostenvorteile sind damit ein untergeordneter
Erklärungsfaktor für den teilweise hohen Personalbestand in den Tochtergesellschaften in Ostmitteleuropa.
Ohnehin wird dieses Motiv in Zukunft an Bedeutung verlieren, da die Lohnkostenvorteile dieser Region mit der Zeit
schwinden.
Die Studie zeigt auch, dass eine Zunahme österreichischer Exporte langfristig eine Steigerung der Direktinvestitionen
im Ausland nach sich zieht. Umgekehrt bewirkt eine Steigerung der österreichischen Direktinvestitionen keine
Steigerung der Exporte, aber auch keine Exporteinbußen. Für Ostmitteleuropa ergibt sich ebenfalls ein
positiver Effekt eines Anstiegs der Exporte auf die Direktinvestitionen österreichischer Unternehmen, umgekehrt
gilt aber ein neutraler Zusammenhang. Die Befürchtung, Direktinvestitionen nach Ostmitteleuropa würden
Exporte in diese Region ersetzen, sind damit unbegründet, wie eine neue empirische Untersuchung zum Zusammenhang
zwischen ausländischen Direktinvestitionen (Direktinvestitionsbestand) und Warenexporten für sieben EU-Länder
auf Basis von Sektordaten für die letzten 15 Jahre zeigt. Dabei wurde zwischen sechs Zielregionen für
Exporte und Direktinvestitionen differenziert (EU 15, Ostmitteleuropa, andere Industrieländer, Lateinamerika,
Asien ohne Japan).
Schließlich wurden die Bestimmungsfaktoren der Handelsbilanz für die Industrieländer und für
Österreich analysiert. Demnach hängt der Handelsbilanzsaldo im Durchschnitt positiv vom ausländischen
realen BIP pro Kopf und negativ vom inländischen realen BIP pro Kopf ab. Eine Verbesserung der preislichen
Wettbewerbsfähigkeit (gemessen an der Veränderung des realen Wechselkursindex der um die Lohnstückkostenrelation
zwischen Inland und Ausland bereinigt wurde) hat einen positiven Einfluss auf die Handelsbilanz. Ein Abbau des
Defizits der öffentlichen Haushalte hat ebenfalls einen positiven Einfluss, welcher allerdings nicht robust
ist und stark zwischen den Ländern schwankt. Für Österreich haben die preisliche Wettbewerbsfähigkeit,
das reale BIP pro Kopf der Handelspartner und der Primärsaldo des Staates einen im Ländervergleich überdurchschnittlich
hohen Effekt auf die Handelsbilanz: Eine Steigerung des BIP der Handelspartner pro Kopf um 1% verbessert den Handelsbilanzsaldo
in Österreich um 0,3% des BIP. Eine Verbesserung der Primärsaldos um 1 Prozentpunkt verbessert den Außenhandelssaldo
ebenfalls um 0,3% des BIP. Eine Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit um 1% bewirkt eine Steigerung
des Handelsbilanzsaldos um 0,2% des BIP.
Österreichs Handelsbilanz profitierte jedoch von der Beschleunigung des Wirtschaftswachstums unterproportional.
Dies ist vor allem auf das schwache Pro-Kopf-Wachstum einiger wichtiger Handelspartner Österreichs (Deutschland,
Italien, Schweiz) zurückzuführen. |