15% der Weinflächen von Hagel geschädigt - Ernte von 2,4 bis 2,6 Mio. hl erwartet
Wien (bmlfuw/aiz) - "Schwierige Witterungsbedingungen haben dieses Jahr von den Weinbauern während
der gesamten Vegetationsphase große Anstrengungen gefordert. Aufgrund des hohen Maßes an Niederschlägen
hat es in allen Anbaugebieten starken Befall durch Pilzkrankheiten gegeben", teilte der Präsident des
Österreichischen Weinbauverbandes und Vizepräsident der LK NÖ, Josef Pleil, in einer Pressekonferenz
zum Weinjahr 2008 mit.
"Die Winzer waren besonders auch von Hagel beeinträchtigt, die dadurch entstandenen Schäden betreffen
mehr als 15% der Weinflächen und betragen bisher EUR 12,2 Mio. Bis zum heutigen Tag sind bereits mehr als
3.000 Schadensmeldungen aus dem Weinbau eingegangen, das bedeutet eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahr von 48%",
ergänzte Kurt Weinberger, Generaldirektor der Österreichischen Hagelversicherung. Die heurige Weinernte
dürfte aufgrund dieser Witterungseinflüsse deutlich unter den ersten Schätzungen liegen, mittlerweile
wird mit 2,4 bis 2,6 Mio. hl gerechnet, damit läge die Menge auf Vorjahresniveau oder knapp darunter. Die
Qualiät ist laut Pleil in jenen Weingärten, die keine Schäden zu verzeichnen haben, sehr gut.
"Hohe Feuchtigkeit rund um die Blüte hat in vielen Weingärten zu einem lange nicht dagewesenen Infektionsdruck
durch falschen Mehltau, Peronospora, zu einem sehr frühen Zeitpunkt geführt. In manchen Gebieten war
anschließend auch ein starker Befallsdruck durch echten Mehltau, Oidium, zu verzeichnen. Große Anstrengungen
und konsequente Maßnahmen wie umfangreiche Laubarbeit, aber auch das Abschneiden bereits befallener Trauben
waren notwendig, um die Pilzkrankheiten in den Griff zu bekommen. Manche Weingärten, vielfach auch von biologisch
wirtschaftenden Betrieben, waren aber für die heurige Weinernte nicht mehr zu retten", erläuterte
Pleil.
In jenen Weingärten, die keine Schäden zu verzeichnen haben, stehe einer ausgezeichneten Traubenqualität
nichts im Wege. Genügend Feuchtigkeit im Boden und ein hoffentlich schöner und trockener Herbst ließen
eine hohe Reife der Trauben erwarten. "Wie es derzeit aussieht, wird es sehr gute Zucker-Säureverhältnisse
und hohe Extraktwerte geben", so der Präsident.
Lese hat im Burgenland bereits begonnen
Die Most- und Sturmlese hat im Burgenland bereits im August begonnen. Die Traubenlese für den Weinausbau wird
hier bei den Frühsorten in der ersten Septemberhälfte starten und die Hauptlese anschließend in
der zweiten Septemberhälfte stattfinden. In den übrigen Anbaugebieten wird die Hauptlese voraussichtlich
Anfang Oktober beginnen.
Unterschiedliche Ernteschätzungen in Europa
"Von den europäischen Anbaugebieten hört man sehr unterschiedliche Vorausschätzungen. Frankreich
erwartet eine um 10% unter dem Durchschnitt liegende Weinernte, vor allem auch wegen umfangreicher Hagelschäden.
Italien dagegen rechnet mit einer um 10% höheren Produktion gegenüber der letzten Ernte, die aber bekanntlich
durch umfangreiche Trockenschäden in Süditalien sehr klein war. Auch Spanien geht nach den vergangenen
Trockenjahren von einer deutlich größeren Weinernte als zuletzt aus", teilte Pleil mit.
EU-Weinmarktreform: Mehr Licht als Schatten für Österreich
Der Präsident nahm in diesem Zusammenhang auch Bezug auf die Reform der EU-Weinmarktordnung. Der EU-Agrarministerrat
hat sich bekanntlich Ende 2007 nach langer Diskussion auf einen Reform-Kompromiss geeinigt, in der Zwischenzeit
wurden auch entsprechende Durchführungsbestimmungen erlassen. "Ein für die österreichische
Weinwirtschaft sehr wichtiger Erfolg ist die Beibehaltung der traditionellen Weinbereitungsmethoden, insbesondere
die Möglichkeit, in schwächeren Jahren den Most mit geringen Mengen an Saccharose anzureichern",
so Pleil.
Wesentliche Änderungen gibt es auch im Bereich des Bezeichnungsrechtes: Für den internationalen Weinhandel
hat es sich als notwendig herausgestellt, künftig auch die europäischen Weinherkünfte nach dem Rahmen
der Herkunftssysteme von anderen Lebensmitteln nach den Kategorien "geschützte Ursprungsbezeichnung"
und "geschützte geografische Angabe", zu regeln. Dies sind aber formale Maßnahmen, sie ziehen
keine notwendigen Änderungen des derzeitigen österreichischen Qualitätsweinsystems nach sich. Anders
zu beurteilen ist die Neuregelung bei Weinen, die keine Herkunft tragen (früher: Tafelweine). Diese können
künftig unter bestimmten Voraussetzungen auch Sorten- und Jahrgangsangaben tragen. "Diese Änderung
wird von uns sehr negativ gesehen, da die Aufwertung von EU-Tafelweinen das Qualitätsweinsystem konkurrenziert.
Besonders kritisch wird auch das in der neuen Weinmarktordnung vorgesehene Auslaufen des Pflanzrechtsregimes mit
Ende 2015 beurteilt. Dies hätte zur Folge, dass nach diesem Zeitpunkt jeder in Europa ohne örtliche und
mengenmäßige Beschränkung Weingärten auspflanzen kann", gab der Präsident zu bedenken.
Österreichisches Stützungsprogramm in Brüssel eingereicht
Bereits mit dem kommenden Weinwirtschaftsjahr treten die neuen Spielregeln des EU-Weinmarktes in Kraft. Dabei gilt
als wichtigster Erfolg, dass die umfangreichen Maßnahmen zur Destillation und damit Vernichtung eines großen
Teiles des europäischen Weines auslaufen, und das dadurch gesparte Geld künftig für Maßnahmen
eingesetzt wird, die geeignet sind, die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Weines zu stärken.
Dazu musste jeder Mitgliedstaat bis Ende Juni ein nationales Programm bei der EU-Kommission vorlegen, das jene
Stützungsmaßnahmen enthält, die in den nächsten Jahren national umgesetzt werden sollen.
Auch Österreich hat ein diesbezügliches Programm eingereicht. Dieses umfasst mehrere Maßnahmen,
nämlich erstens die Förderung der Umstrukturierung von Weingärten (Umstellung auf marktgerechte
Rebsorten, Verbesserung der Bewirtschaftungstechniken, Bewässerung, Maßnahmen gegen Wildverbiss, Vogelfraß
und Hagel), zweitens die Förderung von Investitionen in die Weinverarbeitung und Weinvermarktung und drittens
die Absatzförderung auf Drittlandsmärkten. Der heimischen Weinwirtschaft stehen für diese Maßnahmen
aus dem EU-Weinmarktordnungs-Topf ab 2008 rund EUR 8 Mio. pro Jahr zur Verfügung, wobei sich diese Summe bis
zum Jahre 2013 auf EUR 13 Mio. erhöht.
Das von der EU ebenfalls angebotene und auf drei Jahre befristete Rodungsprogramm wurde von österreichischer
Seite immer sehr kritisch gesehen und dürfte von den heimischen Winzern auch nicht sehr stark in Anspruch
genommen werden. Bis dato sind weniger als 200 ha bei den Bezirksverwaltungsbehörden zur Rodung beantragt. |