Die Fabrik der Zukunft    

erstellt am
02. 09. 08

Wien (öaw) - Mit September 2008 startet das internationale EU-Projekt flexWARE. Ziel ist, drahtlose Technologien für den Einsatz in der Industrie fit zu machen und die dafür benötigte Infrastruktur zu entwickeln. Die Forschungsstelle für Integrierte Sensorsysteme der ÖAW koordiniert das Projekt.

Ethernet ist die führende Technologie für die Verbindung von Rechnern in lokalen Netzwerken (LANs), sowohl in Büros als auch im Heimbereich. Es hat sich auch in den modernen Netzen der industriellen Automatisierung großflächig etabliert. Der Vorteil liegt auf der Hand: Man kann die Netzwerktechnologie vom Schreibtisch des Direktors bis zur Produktionsmaschine durchgehend anwenden. Typische Beispiele für industrielles Ethernet sind PROFINET, EtherNet/IP und Ethernet Powerlink.

Ethernet hat jedoch einen Nachteil: Es ist drahtgebunden. Betrachtet man sein drahtloses Gegenstück im Bürobereich, Wireless LAN (WLAN), so drängt sich die Frage nach dem analogen Einsatz im Automatisierungsbereich auf. Die Vorteile gegenüber drahtgebundenen Technologien sind offensichtlich: Maschinen, Produktionsketten, Sensoren und Steuerungseinrichtungen gewinnen durch den Wegfall der Verkabelung an Flexibilität beziehungsweise Mobilität - ein wesentliches Potenzial für bisher nicht realisierbare Anwendungen. Dazu kommen die möglichen Kosteneinsparungen bei Installation und Betrieb des Systems durch den Wegfall der Verkabelung.

Neues EU-Projekt flexWARE
Mit aktueller Bürotechnologie kann dies nicht gelöst werden. Im September 2008 startet unter der Koordination der Forschungsstelle für Integrierte Sensorsysteme (FISS) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) das Projekt flexWARE (Flexible Wireless Automation in Real-Time Environments) im 7. Rahmenprogramm der EU. Acht namhafte Projektgruppen aus fünf EU-Ländern sind beteiligt. Die Projektpartner kommen sowohl aus der Forschung, als auch aus der Industrie. Ziel ist zum einen, die für industrielle Anwendungen notwendige Infrastruktur zu entwickeln, zum anderen wollen die Forscher die bestehenden Technologien so erweitern, dass sie die wesentlich anspruchsvolleren Anforderungen im Industriebereich (Echtzeit, Robustheit, Störungssicherheit, etc.) erfüllen.


Drahtlose Automation in Echtzeit
"Ganze Fabriken sollen über drahtlose Netzwerke gesteuert und kontrolliert werden können ", sagt Projektkoordinator Georg Gaderer von der ÖAW-Forschungsstelle. Grundvoraussetzung dafür ist eine sichere und vor allem zuverlässige Kommunikation. Unter Echtzeitgarantien (real-time) versteht man das Eintreffen des Ergebnisses zum richtigen Zeitpunkt. Echtzeitgarantien wurden bis dato im Bürobereich nicht besonders beachtet, denn es ist beispielsweise egal ob eine E-Mail auf eine Millionstelsekunde genau ankommt, es wird auf eine Maximierung des Datendurchsatzes geachtet. Gaderer: "Im Fall der Automatisierungssysteme ist jedoch ein verlässliches zeitliches Verhalten unverzichtbar und somit ein wichtiger Anforderungspunkt bei flexWARE."

Die Forscher wollen auch die derzeit noch existierende technologische Lücke zwischen Industrieautomation und Drahtlostechnologie schließen. "Dabei werden wir als Kommunikationsmedium das bekannte WLAN verwendet, die Architektur wird jedoch darauf ausgelegt sein, auch andere Funkverbindungen wie Bluetooth oder ZigBee einsetzen zu können", erklärt Georg Gaderer.

Die Fabrik der Zukunft steuert sich selbst
Die Vision der Forscher ist es, ein vollständig deterministisches und vernetztes System zu kreieren, um echtzeitfähige drahtlose Kommunikation in der Automatisierungsbranche und eine neue Flexibilität zu schaffen. Dazu müssen sowohl die Sensoren (das sind zum Beispiel Temperaturfühler oder einfache Schalter) und die Aktuatoren (wie zum Beispiel Motoren oder die mechanischen Elemente von Maschinen), aber auch bestehende drahtgebundene und drahtlose Netze integriert werden. Gaderer: "Dieses Ziel ist im Speziellen für die Fabrik der Zukunft wichtig, da Abläufe innerhalb der Produktion nicht mehr statisch vorgegeben sein müssen, sondern eine Dynamik und die Fähigkeit zur Rekonfiguration fordern." Ein Szenario wäre der Ausfall von Teilen einer automatisierten Anlage wegen Wartungsarbeiten oder einem Fehler. Dann ist es notwendig, dass andere Teile der Fertigungsstraße diese Aufgaben übernehmen, was folglich zu einer dynamischen Rekonfiguration der beteiligten Maschinen und Überwachungseinrichtungen führen muss.

ÖAW-Forschungsstelle für Integrierte Sensorsysteme
Neben Beiträgen im Systemdesign, der Architektur sowie der Erhebung von Benutzererfordernissen, liegt der Hauptfokus der Forschungsstelle für Integrierte Sensorsysteme (FISS) der ÖAW bei der Uhrensynchronisation, die die essenzielle Basistechnologie für Lokalisierung und Echtzeitfähigkeit im Projekt darstellt. Die FISS kann auf diesem Gebiet auf viele Jahre Erfahrung und eine weltweit einzigartige Vorreiterrolle verweisen. Hand in Hand mit diesem Know-how gehen die Erfahrungen bei der Positionsfeststellung in Drahtlosnetzwerken, wo bereits mit zwei Projektpartnern erfolgreiche Forschungsprojekte laufen.


Die Projektpartner
Das Projekt ist auf drei Jahre konzipiert. Die Projektpartner der ÖAW-Forschungsstelle sind das Institut Industrial IT (inIT) (Deutschland), das Institut für Automation und Kommunikation e.V. (ifak) Magdeburg (Deutschland), connectBlue AB (Schweden), Oregano Systems Design und Consulting (Österreich), die Universität Catania (Italien), Schneider Electric Industries SAS (Frankreich) und die rt-solutions.de GmbH Deutschland.

Informationen: http://www.flexware.at
 
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