OGM-Umfrage: Vertrauen in Kommunalpolitik ist am höchsten
Wien (gemeindebund) - Mehr als 600 Bürgermeister/innen und Gemeindevertreter/innen haben an der großen
Bürgermeister-Umfrage teilgenommen, die der Gemeindebund via kommunalnet.at im Sommer durchgeführt hat.
Die Ergebnisse bergen einige Überraschungen.
"Es ist beeindruckend und für uns als Interessensvertretung unheimlich wichtig, dass so viele Amtskollegen
unserem Aufruf gefolgt sind und sich an der Umfrage beteiligt haben", zeigt sich Gemeindebund-Chef Bgm. Helmut
Mödlhammer sichtlich erfreut. "Eine Teilnahmequote von rund einem Viertel der österreichischen Gemeinden
ist schlicht sensationell, so etwas würde man über klassische Marktforschung gar nicht zusammenbringen."
Das große Echo helfe dem Gemeindebund enorm dabei, die Interessen der Gemeinden auch künftig so erfolgreich
wie bisher zu vertreten. "Nur wenn wir wissen, wo unsere Gemeinden der Schuh drückt, können wir
gemeinsam mit den Landesverbänden daran arbeiten, diese Probleme zu lösen", so Mödlhammer,
der dabei als erfolgreiches Beispiel auf die Bemühungen zur Abschaffung der Auflagepflicht von Wählerverzeichnissen
auch am Wochenende verwies. "Die vielen Rückmeldungen haben die Frau Innenministerin darin bestärkt,
sich dafür einzusetzen, dass diese unnötige Belastung für die Gemeinden bei den nächsten bundesweiten
Wahlen wegfallen könnte."
Gemeindepolitiker sehen kommunale Zukunft realistisch
Der erste Teil der Umfrage hatte die Einschätzung über das eigene Amt zum Inhalt. Interessant dabei ist,
dass nur rund 42 Prozent das Amt selbst angestrebt haben, 37 Prozent wurden dazu eher überredet, immer in
sechs Prozent sogar dazu gedrängt. Der Großteil der Befragten übt das Bürgermeisteramt nebenberuflich
aus (70 Prozent), bemerkenswert ist jedoch, dass die Anzahl der hauptberuflichen Bürgermeister steigt und
inzwischen rund 20 Prozent beträgt. Der Rest der Befragten wollte dazu keine Angabe machen. "Dieser Teil
zeigt uns, dass die Aufgaben der Gemeinden und daher auch der Bürgermeister/innen stetig wachsen. In vielen
Fällen ist dieses Amt kaum noch nebenberuflich auszuüben, weil es zuviel Zeit und Aufwand in Anspruch
nimmt, um zusätzlich noch einem zivilen Beruf nachzugehen", so Mödlhammer.
Die Entschädigung für das Bürgermeisteramt bewerten die Gemeindevertreter ebenso sehr realistisch.
63 Prozent meinen, dass die Bezahlung dafür nicht bzw. nur durchschnittlich angemessen ist. Dem entsprechend
überrascht es auch kaum, dass die Schwierigkeiten bei der Suche nach Nachfolgern in der kommunalpolitischen
Arbeit immer größer werden. Unglaubliche 94 Prozent sehen hier sehr große oder große Schwierigkeiten.
"Dieser Wert muss auf allen politischen Ebenen die Alarmglocken schrillen lassen", so Mödlhammer.
"Wenn das Interesse, an Kommunalpolitik aktiv teilzunehmen, weiterhin so abnimmt, dann ist das demokratiepolitisch
höchst gefährlich."
"Erbärmliche soziale Absicherung"
Die Gründe für die politischen Nachwuchssorgen im kommunalen Bereich liegen, so die die Umfrageergebnisse,
auf der Hand. "Mangelnde Gestaltungsmöglichkeiten oder mangelnde gesellschaftliche Anerkennung sind hier
nicht das Thema. Die schwere Vereinbarkeit mit dem Zivilberuf wird von 95 Prozent als starker Hinderungsgrund für
kommunalpolitisches Engagement gesehen", so Mödlhammer. 82 Prozent kritisieren zudem die mangelnde soziale
Absicherung in der Kommunalpolitik. Mödlhammer: "Hier geht es nicht nur um die finanzielle Entschädigung
in einer aktiven Funktion. Die Absicherung im Alter, wenn man viele Jahre lang Bürgermeister/in war, ist erbärmlich.
Von einer Arbeitslosenversicherung ganz zu schweigen." Im Büro des Gemeindebundes häuft sich die
Dokumentation von Fällen, bei denen jahrzehntelang aktive Politiker nur ein absolutes Minimum an Pension bekommen.
"Wir werden diese Schicksale in den kommenden KOMMUNAL-Ausgaben im Detail vorstellen", so Mödlhammer.
"Unter diesen Bedingungen ist es kein Wunder, wenn wir künftig keine Gemeindevertreter und Bürgermeister
mehr finden."
Gesundheit, Pflege, Familie und Infrastruktur kosten am Meisten
Der zweite Teil der Umfrage befasste sich mit der operativen Arbeit in den Gemeinden. Die Bereiche "Gesundheit
und Soziales", "Familie, Schule und Kindergärten" sowie "Infrastruktur" sind die
größten finanziellen Brocken, die Gemeinden in den kommenden Jahren zu stemmen haben. 93 Prozent der
Gemeindevertreter glauben, dass die Aufwendungen der Gemeinden für Gesundheit und Pflege in den kommenden
Jahren "sehr stark" oder "stark" ansteigen werden.
86 Prozent der Gemeinden sehen im Bereich "Familie, Kindergärten und Schulen" einen hohen Investitionsbedarf.
"Dazu tragen natürlich auch die kürzlich umgesetzten Pläne im Kindergartenbereich und bei der
Nachmittagsbetreuung von Pflichtschülern bei", so Mödlhammer. "Hier müssen wir aufpassen,
dass die Erwartungshaltungen der Eltern nicht mit jedem Jahr größer und größer werden."
Die Bundespolitik verspreche hier sehr viel, zahlen müssten diese Pläne am Ende aber meist die Gemeinden.
Die Investitionen in die Infrastruktur (Straßen, Wasser, Abwasser, Müll, etc.) nehmen in den Budgetplanungen
der Gemeinden nach wie vor einen hohen Stellenwert ein. 65 Prozent der Gemeinden werden hier in den kommenden Jahren
sehr viel bzw. viel Geld investieren müssen. "Interessant ist, dass die geplanten Ausgaben für die
Errichtung eigener Energieanlagen stark steigen", so Mödlhammer. Immerhin 28 Prozent planen dafür
erheblich mehr Budgetmittel ein, als in der Vergangenheit. "Das zeigt, dass die Gemeinden einerseits Interesse
an größtmöglicher Sparsamkeit, andererseits aber auch an gelebtem Klimaschutz haben."
Klare Mehrheit gegen Abschaffung der Schulsprengel
Die Ablehnung der diskutierten Abschaffung der Schulsprengel wird von der Bürgermeisterumfrage eindeutig bestätigt.
78 Prozent der Befragten sprechen sich gegen dieses Vorhaben aus. "Den Bürgermeister/innen ist sonnenklar,
dass die Umsetzung dieses Vorhabens den Tod für viele Schulen im ländlichen Raum bedeuten würde.
Es kann kein Ziel sein, dass die Kinder nur noch Schulen in oder am Rande der Ballungsräume besuchen. Die
Schulen im ländlichen Raum brauchen Planungssicherheit." Der Gemeindebund hat dieses Gesetzesvorhaben
daher auch in einer scharfen Stellungnahme abgelehnt und vorsorglich den Konsultationsmechanismus ausgelöst.
Demografie wird zum Problem
Ebenso schätzen die Befragten die negativen Folgen der demografischen Entwicklung sehr realistisch ein. Exakt
50 Prozent glauben, dass Ihre Gemeinde von Überalterung und Abwanderung in Zukunft stark betroffen sein wird.
Bei der Betreuung von Pflichtschülern am Nachmittag haben die Gemeinden in den letzten Jahren hingegen enorme
Anstrengungen unternommen. In 62 Prozent der Gemeinden ist eine derartige Nachmittagsbetreuung verfügbar.
Die Entwicklung auf Bundesebene bewerten die Bürgermeister/innen mit Sorge. 48 Prozent glauben, dass die Vorziehung
der Nationalratswahl notwendig war, 42 Prozent halten sie für nicht notwendig (der Rest machte keine Angabe).
Immerhin haben daher auch schon elf Prozent große Probleme bei der Besetzung von Wahlkommissionen in Ihrer
Gemeinde, 52 Prozent haben geringfügige Probleme damit. Überraschend deutlich ist die Zustimmung für
die mögliche Einführung des Mehrheitswahlrechtes auf Bundesebene. 60 Prozent der Gemeindevertreter stehen
diesem Vorschlag positiv gegenüber. 86 Prozent finden die schon umgesetzte Verlängerung der Legislaturperiode
des Nationalrates richtig.
"Alles in allem stärken die Umfrageergebnisse die Positionen, die der Gemeindebund für seine Gemeinden
vertritt", so Mödlhammer zufrieden. "Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage können kommunalnet.at-Gemeinden
jederzeit auf unserer Intranet-Plattform nachlesen. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die sich daran beteiligt
haben. Es ist wichtig für uns, dass wir unsere Gemeinden mobilisieren können und sie aktiv ihre Forderungen
artikulieren."
OGM-Umfrage: Vertrauen in Kommunalpolitik ist am höchsten
Ergänzend zur Umfrage unter den österreichischen Kommunalpolitiker/innen ließ der Gemeindebund
vom renommierten Marktforschungsinstitut OGM in drei Fragen die Stimmung in der Bevölkerung abtesten. Befragt
wurden insgesamt 502 Personen, die Umfrage ist repräsentativ.
Unmittelbar vor der Nationalratswahl ist die Stimmung unter den Österreicherinnen und Österreichern nicht
besonders gut. Nur 14 Prozent der Befragten glauben, dass die allgemeine Situation nach den Wahlen besser wird.
Immerhin glauben aber auch nur acht Prozent, dass sich die Dinge verschlechtern werden. Der überwiegende Anteil
der Menschen, nämlich 75 Prozent, glaubt, dass es keine Veränderung geben wird.
Ebenso aufschlussreich sind die Antworten auf die Frage: "Welcher Ebene trauen Sie die Lösung der folgenden
Bereiche am ehesten zu? Dem Bund, dem Bundesland oder der Gemeinde". Eindeutigstes Ergebnis dabei ist, dass
die Gemeinden sichtlich die höchste Kompetenz bei der Kinderbetreuung haben. 47 Prozent der Menschen glauben,
dass die Kinderbetreuung bei ihrer Gemeinde am besten aufgehoben ist. Nur 28 Prozent sehen hier die höchste
Kompetenz bei ihrem Bundesland, dem Bund trauen gar nur 13 Prozent die Lösung dieser Herausforderung zu.
Auch im Pflege- und Betreuungsbereich für ältere Mitbürger/innen liegen die Gemeinden ganz vorne.
36 Prozent meinen, die Gemeinden kümmert sich am besten um ältere Menschen. 31 Prozent sehen diese Aufgabe
am besten bei ihrem Bundesland aufgehoben, 22 Prozent beim Bund.
Überraschend ist das Ergebnis im Bereich des Öffentlichen Nahverkehrs. Nach Ansicht von 38 Prozent der
Menschen sollte die Zuständigkeit dafür beim Bundesland liegen. 24 Prozent meinen, das soll die Gemeinde
erledigen, 23 Prozent sehen hier den Bund in der Verantwortung.
Am eindeutigsten wird die Frage beantwortet, welche Ebene am effizientesten und bürgernächsten arbeitet
und daher das höchste Vertrauen genießt. Nur acht Prozent vertrauen den Bundespolitikern am ehesten.
Viel besser ist dieser Wert schon bei den Landespolitikern (20 Prozent). Unangefochten an der Spitze des Vertrauensindex
stehen jedoch die heimischen Bürgermeister/innen. 57 Prozent glauben, dass die Ortschefs am effizientesten
und glaubwürdigsten sind.
"Naturgemäß überrascht uns dieses Ergebnis nicht sehr", so Gemeindebund-Präsident
Bgm. Helmut Mödlhammer. "Wir wissen seit langem, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister
das höchste Vertrauen genießen, nun wissen wir unsere Ansicht auch durch eine objektive Umfrage bestätigt." |