Dringliche Anfrage der SPÖ an Wirtschaftsminister Bartenstein
Wien (pk) - Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eröffnete am 12.09. die 70. Sitzung
des Nationalratsplenums und gab die Vorlage einer Dringlichen Anfrage der SPÖ an Wirtschaftsminister Dr. Bartenstein
bekannt, die um 14 Uhr aufgerufen und debattiert werden wird. Das Thema lautet: "Versagen des Wirtschaftsministers
Bartenstein bei der Bekämpfung der Teuerung". Zuvor hatte die Präsidentin eine Angelobung vorgenommen.
Der ehemalige Finanzstaatssekretär Alfred Finz rückte auf das Mandat von ÖVP-Abgeordneter Gertrude
Brinek nach, die kürzlich ihr Mandat zurückgelegt hat.
Im Rahmen einer Geschäftsordnungsdebatte protestierte ÖVP-Klubobmann Dr. SCHÜSSEL gegen die kurzfristige
Einberufung der heutigen Sondersitzung "nur 48 Stunden, nachdem sie von der SPÖ beantragt worden war".
Diese Vorgangsweise spreche "allen parlamentarischen Usancen Hohn" kritisierte Schüssel und urgierte
eine konsensuale Vorgangsweise der Präsidentin in der Präsidialkonferenz. Der kurzfristige Sitzungstermin
sei unzumutbar für die Abgeordneten, die im Wahlkampf tätig seien, sagte Schüssel. Es sei üblich,
Sondersitzungen nicht innerhalb von vier Tagen und nicht an Montagen oder Freitagen einzuberufen. "Präsidentin
Prammer hat im Sinne ihrer eigenen Partei und gegen die Mehrheit von drei Parteien entschieden", kritisierte
der ÖVP-Klubobmann.
G-Klubobmann Dr. VAN DER BELLEN hielt in seiner Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung fest, es sei das unbestreitbare
und unbestrittene Recht der Präsidentin, die heutige Sondersitzung einzuberufen. Er gab dem ÖVP-Klubobmann
aber insofern recht, als es unverständlich sei, warum die SPÖ so lange mit dem Einbringen des Antrags
auf Abhaltung einer Sondersitzung gewartet habe. Van der Bellen sprach von einem "Paarlauf zwischen Rot und
Blau auf Kosten der anderen Fraktionen". Die überfallsartige Anberaumung der Sitzung liege offenbar im
Wahlkampfinteresse dieser beiden Parteien, fügte der G-Klubobmann hinzu.
"Genug gestritten" und "Es reicht" - mit diesen Zitaten aus dem Wahlkampf leitete Abgeordneter
HOFER (F) seine Wortmeldung ein, in der er wenig Verständnis für die Wahlkampf-Aufgaben der ÖVP-Abgeordneten
zeigte. "Dafür werden Sie nicht bezahlt", sagte Hofer und mahnte das Recht einer Minderheit der
Abgeordneten ein, eine Sondersitzung zu beantragen. Nicht die Mehrheit sollte darüber entscheiden, wann Nationalratssitzungen
statt finden. Es liege im Interesse der Menschen, diese Sitzung so früh wie möglich abzuhalten, schloss
Hofer.
BZÖ-Klubobmann WESTENTHALER untermauerte die Kritik an der Einberufung der heutigen Sondersitzung mit der
Schwierigkeit kleiner Fraktionen, innerhalb von 48 Stunden Anträge zu wichtigen Themen vorzubereiten. Auch
Westenthaler sprach von einer parteipolitischen Entscheidung der Nationalratspräsidentin. "Sie haben
im Sinne Ihrer Partei und deren Filiale FPÖ entschieden", formulierte Westenthaler. "Das ist nicht
objektiv, das weisen wir zurück".
SPÖ-Klubobmann Dr. CAP warf ÖVP und BZÖ vor, ein "Wahlkampftheater" zu veranstalten und
erinnerte an den aus seiner Sicht undemokratischen ÖVP-Vorschlag, vor Nationalratswahlen keine Plenarsitzungen
mehr abzuhalten. "Das ist undemokratisch", lautete Caps Kritik. Überdies habe die ÖVP das Zusammentreten
der Präsidialkonferenz verzögert, "um heute über die Einberufung einer Sitzung innerhalb von
48 Stunden klagen zu können". Die SPÖ wolle Entscheidungen gegen die negativen Auswirkungen der
Teuerung so früh wie möglich beraten und treffen. Der frühe Sitzungstermin sei auch notwendig, damit
Ausschüsse zusammentreten könnten. Aussagen über politische Hintergründe wies der SPÖ
Klubobmann als völlig unglaubwürdig zurück. "Maßnahmen gegen die Teuerung liegen im Interesse
der Österreicher, dabei geht es nicht um fraktionelle Interessen".
Präsidentin Mag. PRAMMER hielt fest, es sei ihre Verpflichtung, eine von 20 Abgeordneten verlangte Sitzung
innerhalb von acht Tagen einzuberufen. Da in der Präsidialkonferenz am vergangenen Mittwoch über den
Termin der Sondersitzung kein Konsens erzielt werden konnte, habe sie die Entscheidung allein treffen müssen.
Dabei habe sie aus rechts- und demokratiepolitischen Gründen und im Sinne eines Präzedenzfalles aus dem
Jahr 2000 den Argumenten der Antragsteller angemessenes Gewicht eingeräumt. Es hätte als ein Eingriff
in das Minderheitenrecht gesehen werden können, hätte sie die Sondersitzung an einem von der Mehrheit
bestimmten Termin einberufen, sagte Prammer. Überdies habe sie als Präsidentin darüber zu wachen,
dass der Nationalrat die ihm obliegenden Aufgaben erfüllt und Verhandlungen unter Vermeidung jedes unnötigen
Aufschubs abzuhalten. Für den Termin der heutigen Sondersitzung habe sie sich auch deshalb entschieden, um
Ausschusssitzungen in der kommenden Woche zumindest technisch zu ermöglichen. Den Vorwurf parteipolitischen
Handelns wies die Nationalratspräsidentin entschieden zurück. |