Wiener Dommuseum: 75 Jahre Begegnung zwischen Kirche und Kunst   

erstellt am
10. 09. 08

Jubiläumsfeier mit Gratulanten aus Kirche, Kunst und Kulturpolitik - Festrednerin Fenzl: Kirche braucht Kunst als "Seismograph" – Direktor Böhler deponierte "Geburtstagswunsch" nach neuen Räumlichkeiten für das Dommuseum
Wien (pew) - Die Kirche soll mit der Kunst in einem beständigen Gespräch bleiben: Dazu hat die Leiterin des Wiener Diözesanarchivs, Annemarie Fenzl, als Festrednerin bei der 75-Jahr-Feier des Wiener Dom- und Diözesanmuseums aufgerufen. Das 1933 von Kardinal Theodor Innitzer gegründete Museum tue genau dies und gehe damit einen "nicht unschwierigen, aber zukunftweisenden Weg", so Annemarie Fenzl am Abend des 09.09. bei der Festfeier im Wiener Erzbischöflichen Palais. Kunst spüre "wie ein Seismograph die Ratlosigkeit der Menschen von heute auf" und stelle ähnlich wie die Religion die ewigen Menschheitsfragen nach dem Woher, Wohin und Wozu des Lebens. Und darum braucht die Kirche die Kunst, erinnerte Fenzl an ein Wort Kardinal Königs.

Zur Jubiläumsfeier des Wiener Dommuseums waren die Künstler Alfred Hrdlicka und Ernst Fuchs als Ehrengäste gekommen, deren religiösen Arbeiten in jüngster Zeit Sonderausstellungen gewidmet waren, weiters Wissenschaftsminister Johannes Hahn, der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Kardinal Christoph Schönborn wurde durch den Wiener Generalvikar Franz Schuster vertreten. Auch frühere Leiter des Dommuseums wie Rupert Feuchtmüller, Arthur Saliger und Gerhard Ederndorfer waren anwesend.

Der seit zwei Jahren tätige jetzige Museumsdirektor Bernhard Böhler betonte in seinen Begrüßungsworten den Anspruch seines Hauses, eine Begegnungsstätte der Kirche mit zeitgenössischer Kunst zu sein. "Geburtstagswunsch" des Museums seien neue größere Räume, damit dann auch die reichen Bestände moderner Kunst der Sammlungen "Otto Mauer" und "Ferdinand Klostermann" entsprechend präsentiert werden können. Böhler verwies auf die bestehenden Planungen zur Etablierung des Museums in den großartigen barocken Kellerräumen des Erzbischöflichen Palais, wobei es vom Stephansplatz her eine mit der Pei-Pyramide vor dem Pariser Louvre vergleichbare Lösung geben könnte. Die Realisierung dieser Vision würde dem Museum eine "historische Chance" erschließen.

Im Gespräch mit "Kathpress" wies Böhler anschließend auf die Schwierigkeit hin, in einer sich alle paar Jahre wandelnden Kunstszene am Puls der Zeit zu bleiben. Die Kirche könne aber gar nicht anders, als sich immer neu und "immer kritisch", den zeitgenössischen Ausformungen der Kunst zu widmen. Dass das nicht immer einfach sei, hätten die Aufregungen rund um die diesjährige Ausstellung über "Das Religiöse im Werk von Alfred Hrdlicka" gezeigt. Aber als "reine Aufbewahrungsstätte" für vergangene Kunst wolle das Dommuseum nicht fungieren, sagte Böhler.

"Wien ist stolz auf das Dommuseum"
"Wien ist stolz, das Dommuseum in der Stadt zu haben", betonte Kulturstadtrat Mailath-Pokorny in seinen Gratulationsworten, das Museum sei unverzichtbarer "Teil des kulturellen Erbes" der Bundeshauptstadt. Das Verhältnis der Kirche zur zeitgenössischen Kunst empfinde er als "ambivalent", wie Mailath-Pokorny sagte. Er habe im September 1996 an der Fachtagung "Kirche in der Gesellschaft" in Gösing teilgenommen; damals hätten unterschiedliche österreichische Bischöfe unterschiedliche Haltungen gegenüber der Gegenwartskunst eingenommen. Der Wiener Kulturstadtrat deponierte den Wunsch an die Kirche, sich "mit offenem Sinn und Neugier" mit zeitgenössischen Strömungen zu befassen. "Kirche war immer dann am spannendsten, wenn sie sich auf das Unbekannte eingelassen hat", sagte auch Wissenschaftsminister Hahn. Derartige Begegnungen hätten zwar einen unsicheren Ausgang, seien aber herausfordernd und reizvoll. Er beglückwünsche Direktor Böhler und sein Team für die geleistete Arbeit. Hahn und Mailath-Pokorny deuteten Bereitschaft der öffentlichen Hand zur Unterstützung des Dom- und Diözesanmuseums an.

Auf seine positiven Erfahrungen mit Brückenschlägen zwischen Kirche und Kunst wies Ernst Fuchs im Gespräch mit "Kathpress" hin. Vor allem der legendäre Msgr. Otto Mauer, dessen Kunstsammlung heute zu den Höhepunkten des Museumsbestandes zählt, sei ihm ein wichtiger Begleiter gewesen. Auf die Frage nach Parallelen zwischen Kunst und Religion verwies der Maler auf einen Ausspruch Viktor Frankls, der einmal drei Bereiche nannte, die die Menschen aus der Trivialität des Alltags in die Transzendenz herausheben könnten: die Religion, die Kunst und die Liebe.

Informationen: http://stephanscom.at
 
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