Internationale Abschwächung belastet Konjunktur in Österreich   

erstellt am
10. 09. 08

Wien (wifo) - Nachdem das Wirtschaftswachstum in Österreich im II. Quartal an Dynamik verloren hat (+0,4% saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal, +2,0% gegenüber dem Vorjahr), trübt sich die Einschätzung der künftigen Entwicklung der Geschäftslage durch die Unternehmen weiter ein. Die Nachfrageschwäche der wichtigsten Handelspartner belastet die heimische Export- und Industriekonjunktur. In der Sachgütererzeugung wird die Auftragslage als unterdurchschnittlich beurteilt. Impulse kommen von der Bauwirtschaft.

Gemäß der aktuellen WIFO-Berechnung übertraf das BIP in Österreich den Wert der Vorperiode im II. Quartal saison- und arbeitstägig bereinigt real um 0,4% (nach +0,6% im I. Quartal). Gegenüber der Vorjahresperiode betrug der Anstieg 2,0%. Vor dem Hintergrund des Abschwungs auf den wichtigsten Absatzmärkten verloren die Güterexporte deutlich an Dynamik (+0,4% gegenüber der Vorperiode) - im 1. Halbjahr 2007 war die Zuwachsrate noch bei 2% gelegen. Während die Wirtschaftsleistung in Deutschland und Italien im II. Quartal 2008 unter jener des Vorquartals blieb, wuchs das BIP in den von Wertverlusten im Immobiliensektor betroffenen Ländern Großbritannien und Spanien kaum mehr. Vorlaufindikatoren deuten auf eine weitere Konjunkturabschwächung in Europa hin: Der Economic Sentiment Indicator der Europäischen Kommission etwa zeigte im August sowohl im Euro-Raum als auch in der gesamten EU eine zusätzliche Eintrübung der Stimmung in Industrie und Bauwirtschaft.

Die Dämpfung der heimischen Exporte belastete vor allem die Wertschöpfung der Sachgütererzeugung. Sie expandierte im II. Quartal gegenüber dem Vorquartal um real nur 0,2%, nach +1,2% im I. Quartal. Der aktuelle WIFO-Konjunkturtest lässt eine neuerliche Abflachung der Industriekonjunktur erwarten. Während die Fertigwarenlager aufgebaut werden, übertraf der Überhang der Unternehmen mit unzureichenden Auftragsbeständen aus dem In- und Ausland im August den Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Deutlich verschlechterte sich auch die Einschätzung der künftigen Wirtschaftslage: Ein Viertel der Unternehmen rechnet mit einer ungünstigen Entwicklung in den nächsten sechs Monaten und weniger als ein Zehntel mit einer Verbesserung.

Impulse kommen aus der Baubranche. Die Unternehmen bezeichnen ihre Auftragsbestände weiterhin als gut und wollen ihre Belegschaft stabil halten. Die Wertschöpfung der Bauwirtschaft erweist sich auch im abklingenden Konjunkturzyklus als Stütze der Wirtschaft, sie expandierte im II. Quartal gegenüber dem Vorquartal erneut um 0,4%. Die Ausgaben für den Infrastrukturbau wurden beträchtlich gesteigert, während die Wohnbauinvestitionen nur mäßig expandierten.

Obwohl die Dynamik in der Sachgütererzeugung nachlässt, investierten die Unternehmen im II. Quartal in Ausrüstungen; auch hier ist aber bereits eine Abschwächungstendenz zu verzeichnen (+0,7% gegenüber dem Vorquartal, nach durchschnittlich +1% in den vier Quartalen zuvor).

Die hohen Preissteigerungen trüben weiterhin das Verbrauchervertrauen. Auch im II. Quartal entwickelte sich die Konsumnachfrage schwach (real +0,3% gegenüber dem Vorquartal). Die Inflationsrate blieb im Juli nach traditioneller österreichischer Berechnungsmethode mit 3,8% hoch (nach 3,9% im Juni). Wie in den letzten Monaten trugen die Preise von Treibstoffen und anderen Energieträgern den Großteil zur Jahresinflation bei. Gegenüber dem Vormonat ließ die Teuerung hier aber etwas nach. Nach den hohen Preissteigerungen seit Jahresbeginn beruhigte sich der Erdölpreis. Im August notierte das Barrel Rohöl der Marke Brent im Durchschnitt bei 113 $ (Juli 133 $).

Die Konjunkturdämpfung beginnt den Arbeitsmarkt zu erfassen. Während der Beschäftigungszuwachs gegenüber dem Vorjahr auch im August hoch ausfiel (+80.000 bzw. +2,4%), verringert sich die saisonbereinigte Veränderungsrate gegenüber dem Vorquartal seit dem Frühjahr. Der Abbau der Arbeitslosigkeit verlor im Jahresverlauf ebenfalls an Dynamik. Im August waren 184.000 Personen als arbeitslos gemeldet, um 7.000 (3,8%) weniger als ein Jahr zuvor. Im I. Quartal hatte der Rückgang noch 29.000 betragen (-10,7%). Saisonbereinigt steigt die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vormonat bereits. Seit Juli sinkt die Zahl der gemeldeten offenen Stellen (August -2.700 gegenüber dem Vorjahr), ein Vorlaufindikator für die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.
 
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