Molterer: Wachstum sichern, um Beschäftigung zu halten
Wien (pk) - Erster Punkt der Tagesordnung anläßlich der Nationalratssondersitzung am 24.09.
war eine Erklärung von Vizekanzler Finanzminister Molterer zum Thema "Die richtigen Antworten in der
Steuer- und Finanzpolitik Österreichs auf die globale Finanzkrise".
Bundesminister Mag. MOLTERER ortete eine kritische Lage auf den internationalen Finanzmärkten, auf die es
besonnen, effizient und nachhaltig zu reagieren gelte, zumal diese Krise noch nicht ausgestanden sei und wohl auch
Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben werde. Darauf müsse man entsprechende Antworten geben. Konkret
müsse man sich also fragen, mit welcher Politik Österreich seinen Vorsprung nicht nur halten, sondern
auch ausbauen könne.
Das Ziel müsse dabei sein, Wachstum zu sichern, um Beschäftigung zu halten. Seine Partei habe eigene
Leitlinien erarbeitet, mit denen Österreich auf der Schiene zu Wachstum und Vollbeschäftigung gehalten
werden könne. Die einzelnen Punkte dieses Programms erläuterte der Redner sodann, dabei den Bogen von
der Europa- bis zur Energiepolitik spannend. Vor allem brauche das Land ein starkes Europa, das allein im Wettbewerb
am globalen Markt bestehen könne.
Österreichs Steuerpolitik müsse auf diese Zielsetzungen abgestellt werden, führte der Vizekanzler
weiter aus. So müsse der Mittelstand entlastet werden, die Familien gelte es zu fördern. Dabei müsse
diese Reform leistbar sein, weshalb eine Mehrwertsteuersenkung, wie sie die SPÖ fordere, ebenso kontraproduktiv
wäre wie die Abschaffung der Studiengebühren, brauche man doch entsprechende Gelder für Investitionen
in die Bildung. Man dürfe keine neuen Schulden machen, denn diese gingen auf Kosten der Zukunft. Man brauche
fünf Punkte für die Zukunft, das sei eine Politik der Verantwortung und der Verlässlichkeit.
Bundesminister FAYMANN erinnerte die ÖVP daran, dass sie jahrelang getrommelt habe: "Mehr privat, weniger
Staat". Warum habe diese Parole plötzlich gefehlt? Weil die Bevölkerung erkannt habe, welch wichtige
Rolle der Staat bei der Sicherung der Pensionen einnehme. Auf die staatlichen Pensionen könne man sich eben
verlassen, ebenso wie auf die soziale Sicherheit, namentlich die Gesundheitsvorsorge, welche gleichfalls der Staat
sichere. Seine Partei werde eine soziale Gesundheitsreform in Angriff nehmen, denn das sei man den Menschen schuldig.
Es brauche entsprechende Maßnahmen gegen eine Schwächung der Konjunktur. Es genüge nicht, über
die Zukunft zu reden, vielmehr müsse man eben auch die Verantwortung für die Gegenwart tragen. Hier hätte
man also die Steuerreform vorziehen müssen. Durch eine Steuersenkung hätte man eine wichtige Weichenstellung
vornehmen könne, denn es gelte jetzt zu handeln, um die Zukunft wirklich zu sichern. Es gelte, jetzt anzupacken
und nicht zu bremsen, aufzuschieben und zu warten.
Der Redner erläuterte das Programm seiner Partei auf so verschiedenen Gebieten wie Infrastruktur-, Bildungs-,
Familien- und Umweltpolitik und meinte, in schwierigen Zeiten müsse man entsprechend handeln, seine Partei
stehe dafür. Konkret brauche es eine bürgernahe EU, die sich nicht darauf beschränkt, die Märkte
zu liberalisieren, sondern auch den sozialen Ausgleich befördert. Denn es müsse der Mensch im Mittelpunkt
stehen, und genau darum gehe es seiner Partei, weshalb im Sinne von mehr Gerechtigkeit allen die gleichen Chancen
zustehen müssten, etwa im Bereich der Universitäten, weshalb die Studiengebühren abgeschafft werden
müssen, oder im Bereich der Grundnahrungsmittel, wo im Sinne einer Stärkung der heimischen Kaufkraft
die Mehrwertsteuer gesenkt werden müsse. Seine Partei stehe auf Seiten der Menschen, stehe für ein sozial
gerechtes Österreich.
Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) erinnerte angesichts der internationalen Finanzkrise an Versäumnisse der
Aufsichtsbehörden weltweit und auch in Österreich. Diese hätten völlig verschlafen, was sich
bei den Banken und Versicherungen getan habe. Risken seien nicht gestreut worden und es fehle völlig an Transparenz.
Daher traue nun keine Bank mehr der anderen, weil sie nicht wisse, wie diese dastehe. Das verteuere Kredite für
Private und Firmen und habe negative Auswirkungen auf die Konjunktur. Vor diesem Hintergrund sollte man über
die hohen Beträge, die die USA nun aufwenden, um das Finanzsystem zu stabilisieren, nicht erschrecken. Bedenklich
wäre es aber, so Van der Bellen, wenn der "Moral hazard" künftig weitergehe, weil man sich
auf staatliche Interventionen verlassen zu können glaube.
In diesem Zusammenhang warf der Klubobmann der Grünen der ÖVP vor, die Menschen in den letzten Jahren
in private Pensionsvorsorgen hineingetrieben zu haben und dafür viele hundert Millionen Euro an Subventionen
ausbezahlt zu haben. Für die Grünen sei immer klar gewesen, dass die staatliche Pension im Zentrum der
Altersvorsorge bleiben müsse.
Bei der SPÖ vermisste Van der Bellen detaillierte Vorschläge für eine Entlastung jener Menschen,
die so wenig verdienen, dass die keine Lohn- und Einkommenssteuer zahlen. Dabei erinnerte Van der Bellen an das
grüne Steuersenkungsprogramm vom letzten Mai und hielt es für gerecht, wenn gut verdienende Menschen
entsprechend zur Finanzierung des Bildungs- und Sozialstaates beitragen. Die vorgeschlagene Mehrwertsteuersenkung
auf Lebensmittel bezeichnete Van der Bellen hingegen als "schwachsinnig" und kritisierte die Bereitschaft
der SPÖ, gemeinsam mit der FPÖ einen "ersten Schritt heraus aus der EU" setzen zu wollen.
Statt über Bildungspolitik, die notwendige Energiewende und Maßnahmen gegen die Diskriminierung der
Frauen zu diskutieren, trommle die SPÖ gebetmühlenartig die fünf Punkte Faymanns. Der Abschaffung
der Studiengebühren werden die Grünen zustimmen, zugleich sei aber klar, dass die Universitäten
viel mehr Geld brauchen, wenn sie international bleiben sollen, darüber brauchen die Unis einen Europäischen
Finanzausgleich.
Schließlich wandte sich Van der Bellen an die FPÖ und erteilte deren Wahlkampfaussagen gegen die Zuwanderung
eine Absage. "Die österreichische Wirtschaft braucht Zuwanderung, wenn verhindert werden soll, dass Firmen
ins Ausland gehen, um dort die nötigen Fachkräfte zu finden", schloss Van der Bellen.
Abgeordneter Dr. CAP (S) konzentrierte sich auf die Sorgen der Menschen wegen der Teuerung, der steigenden Lebensmittelpreise
und Mieten. Immer mehr ÖsterreicherInnen in den Supermärkten zögernd vor den Regalen und fragen
sich, ob sie sich das eine oder das andere Lebensmittel überhaupt noch leisten können. "Hartherzigen
Politikern", die diese Realitäten ignorieren, erteilte Cap eine klare Absage. Die SPÖ sei nicht
bereit, die Hartherzigkeit jener zu akzeptieren, die das Lebensinteresse der Menschen an leistbaren Lebensmitteln
ignorierten. Es sei auch nicht zu akzeptieren, wenn ÖVP-Politiker wie Wolfgang Schüssel in der EU eine
Front gegen die Mehrwertsteuersenkung in Österreich zu schmieden versuchten, obwohl sie wüssten, dass
der begünstigte Steuersatz beim Ab-Hof-Verkauf der Bauern durch die Mehrwertsteuersenkung keineswegs gefährdet
sei. Entschieden wandte sich Cap auch gegen die Behauptung, die Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel würde
die Staatsschulden erhöhen. Jede Steuerreform erhöhe die Staatsschulden. Die ÖVP führe dies
aber immer nur gegen soziale Forderungen ins Treffen.
Was wir mit der weltweiten Finanzkrise derzeit erleben, sei die größte Niederlage des Neoliberalismus.
Die ÖVP wolle diesen Weg in der Pensionspolitik aber dennoch fortsetzen, kritisierte Cap, der es nicht hinnehmen
wollte, dass mit der Sicherheit der älteren Menschen an den Börsen spekuliert werde. Die Wahlentscheidung
am 28. September sei auch eine Entscheidung darüber, ob dieser Weg fortgesetzt werden soll oder nicht. Schließlich
setzte sich der SP-Klubobmann mit der Bildungspolitik der ÖVP auseinander und warf ihr vor, sie wolle, dass
die alten Eliten oben bleiben, die anderen aber dort, wo sie sind, nämlich unten.
Abgeordneter STRACHE (F) betonte die Notwendigkeit, die Kaufkraft der Menschen zu stärken und damit die schwächer
werdende Konjunktur zu stärken. SPÖ und ÖVP kritisierte Strache wegen ihrer Weigerung, eine Politik
gegen die Teuerung zu betreiben. Dazu komme, dass 50 % der Inflation, unter der die Menschen leiden, hausgemacht
seien. Die SPÖ spreche nach Gusenbauer von einer "neuen Wahl", versuche aber erfolglos vergessen
zu machen, dass ihr Spitzenkandidat Faymann die rot-schwarze Politik der letzten beiden Jahre und insbesondere
die Erhöhung der Mineralölsteuer mitzuverantworten habe. Überdies zeige die Ausgrenzungspolitik
Faymanns gegenüber der FPÖ an, dass alles beim Alten bleiben solle. Konkret verlangte Strache Maßnahmen
zur Stärkung des zerbrechenden Mittelstandes und eine entschiedene Politik zur Unterstützung der Familien.
Die ÖVP erinnerte der Redner daran, dass ihre Parteifreunde in Deutschland für eine Senkung der Mehrwertsteuer
auf Lebensmittel eintreten und plädierte dafür, durch eine amtliche Preiskontrolle sicher zu stellen,
dass die Steuersenkung vom Handel an die Konsumenten weitergegeben wird. Dass der Wahlkampf die Chance eröffnet
habe, Maßnahmen zur Entlastung der Menschen zu setzen, begrüßte Strache ausdrücklich, unterstrich
das Eintreten der FPÖ für einen Teuerungsausgleich zugunsten der Pensionisten und sah die Chance, noch
kurz vor der Wahl mehr zur Entlastung der Menschen zu tun, als in den beiden Jahren zuvor geschehen sei.
Die dritte Kraft FPÖ brauche es auch, um die Politik der "EU-Bücklinge", die in Brüssel
auf die Lebensinteressen der Österreicher vergessen, zu beenden. Es gehe um Europa, sagte Strache, das dürfe
aber nicht dazu führen, die Interessen der ÖsterreicherInnen in diesem Haus nicht mehr vertreten zu können.
An die Adresse der Grünen richtete Strache die Aufforderung, ihre heimatverachtende Politik einzustellen,
da Heimat, Umwelt und Naturschutz zusammengehören. Die Abschaffung der Studiengebühren zeige, dass es
möglich sei, Österreicher gegenüber Asylanten und Nicht-EU-Bürgern besser zu stellen, diese
Politik gelte es auch auf anderen Gebieten, etwa bei der Familienbeihilfe umzusetzen, schloss Strache.
Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) skizzierte die aktuelle Krise des internationalen Finanzsystems, die schwerste
seit Jahrzehnten, und identifizierte als Ursache das viele billige Geld, mit dem die US-Notenbank während
der letzten Jahre den Amerikanern ermöglicht habe, über ihre Verhältnisse zu leben. Während
die Österreicher 11 % ihres Einkommens sparen, lag die Sparquote in den USA zuletzt bei Null. Schüssel
warnte vor dieser Mentalität, zumal sich auch viele Europäer daran gewöhnt hätten, permanent
"in Rot" zu leben. Das gehe auf Kosten kommender Generationen. Die aktuelle Krise in den USA betreffe
auch Europa, wo einzelne Volkswirtschaften bereits nahe an einer Rezession stünden. Daher sei es falsch, wenn
sich die SPÖ nun ausschließlich auf ihr Fünf-Punkte-Programm konzentriere. Österreich sollte
alles daran setzen, die Erfolge der letzten Jahre - seit kurzem herrscht Vollbeschäftigung - zu erhalten.
"Wir brauchen mehr Europa und nicht weniger", formulierte Schüssel und forderte, auf europäischer
Ebene die EZB zu stärken, die Stabilitätspolitik in den Mittelpunkt zu rücken und am Konzept der
sozialen Marktwirtschaft festzuhalten. Es werde bereits viel kontrolliert, diesbezüglichen Handlungsbedarf
sah Schüssel allerdings bei den Rating-Agenturen. In Österreich selbst gehe es um den Schutz der Arbeitsplätze
sowie der Wohnungen und Eigenheime.
Konkret trat Schüssel dafür ein, einen Mittelstandsfonds zu gründen und bei der Steuerentlastung
auf Schnellschüsse zu verzichten. Man sollte sich über eine Entzerrung der Einkommensteuertarife Gedanken
machen, aber auf jede "Retro-Politik a la Faymann" verzichten. Sein Satz "Mehr privat, weniger Staat"
habe unveränderte Gültigkeit, denn wer einen starken Staat wolle, müsse ihn von Aufgaben entlasten,
die Private besser erfüllen können", sagte Wolfgang Schüssel.
Abgeordneter WESTENTHALER (B) meinte in Richtung SPÖ, Faymann sei die Wahl am Sonntag ziemlich gleichgültig,
vielmehr gehe es ihm um die Aufteilung von Ministerposten. So werde Ministerin Schmied bereits als Finanzministerin
ins Spiel gebracht. Das sei eine "Despektierlichkeit" gegenüber dem Wähler.
Westenthaler bezeichnete den heutigen Streit auf der Regierungsbank als "Politmasochismus im Kinder- und Jugendprogramm
des ORF zu Vormittagszeiten" und zeigte sich verwundert darüber, dass Faymann immer wieder betont, so
weitermachen zu wollen. Faymann möchte also wieder eine große Koalition mit denselben Protagonisten,
nur könne – die FPÖ, das BZÖ werden ausgegrenzt, in der Zwischenzeit auch Molterer, Schüssel
und teilweise Bartenstein – eine solche Vorgangsweise dazu führen, dass keine Partei mit Faymann arbeiten
möchte. Diese Präpotenz vor einer Wahl, Parteien auszugrenzen und das Parlament Parlament sein zu lassen,
sei "himmelschreiend und eine Gemeinheit gegenüber den Wählern", so Westenthaler. Auch werden
die Wähler Faymann nicht abnehmen, dass er vier Tage vor der Wahl die Menschen entlasten wolle, denn zu den
sozialen Maßnahmen des BZÖ sage Faymann nein; diese betreffen den Heizkostenzuschuss für Mindestrentner,
den sofortigen Steuerbonus, die Überstundenentsteuerung – 10 Überstunden sollen steuerfrei gestellt werden
-, die Senkung der Mineralölsteuer, die Erhöhung der Pensionen um 4 % und einen Gebührenstopp.
Abgeordnete BURES (S) vermisste in der Diskussion, vor allem in den Reden der letzten drei Mandatare, eine "positive
Energie für die Zukunft des Landes". Es gibt ihrer Ansicht nach viel zu tun, und gemeinsam könnten
Berge versetzt werden, dies beginne bei der Sicherung des Gesundheitssystems und reiche bis zu einem sicheren Pensionssystem.
Überleitend zu den fünf Maßnahmen der SPÖ, mit denen die Bevölkerung entlastet werden
soll, betonte Bures, die SPÖ wolle die jungen Familien sowie die PensionistInnen mit der Halbierung der Mehrwertsteuer
entlasten. Auch spreche nichts dagegen, die Familienbeihilfe zu erhöhen, das Pflegegeld für die 400.000
Bezieher anzuheben, wieder den freien Zugang zu den Universitäten zu ermöglichen und die Hacklerregelung
zu verlängern. |
Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) unterstrich, dass die wirtschaftliche Lage schwieriger werde, die Finanzkrise die
Welt noch immer in Atem halte, von den Wirtschaftsforschern die Wachstumsprognose revidiert werde und die Industrie
von einem Auftragseinbruch spreche. Daher brauche man in der Politik eine "starke Führungspersönlichkeit
mit Wirtschaftskompetenz, Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit wie Willi Molterer". Es genügt
aus seiner Sicht nicht, auf jahrelange Erfahrung, wie man sich die Sympathie von Zeitungen erkaufen kann, verweisen
zu können. "In diesen schwierigen Zeiten darf sich die Politik nicht an der Blattlinie einer großen
Zeitung orientieren." Sollte in der heutigen Sitzung die Mehrwertsteuersenkung beschlossen werden, dann könne
man die Senkung der Einkommen- und Lohnsteuer für den Mittelstand nicht durchführen, strich Stummvoll
heraus.
Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) unterstrich, dass die öffentliche Pensionsvorsorge die Hauptsäule
sein und bleiben soll. Zur Sicherheit der jungen Generation müsse es aber im Alter eine Grundpension von 900
€ geben, unabhängig davon, wie viele Unterbrechungen jemand während seines Berufslebens hatte. Diese
Grundpension solle es auch für jene Frauen geben, die im Moment keinen eigenständigen Pensionsanspruch
haben. Im Hinblick auf das Bildungssystem vertrat die Rednerin die Ansicht, dass Bildung vom Kindergarten bis zu
den Universitäten barrierefrei sein sollte. Gleichzeitig sollte es für die Forschung und Wissenschaft
ein gewaltiges Investitionspaket, jedes Jahr 200 Mio. € mehr, geben. Auch sollte nach Ansicht der Rednerin ein
Mindestlohngesetz beschlossen werden, wonach keine Frau, kein Mann weniger als 7,25 € pro Stunde verdienen darf.
Zudem sollte die Notstandshilfe valorisiert werden.
Abgeordneter Dr. FICHTENBAUER (F) kam in seiner Wortmeldung auf den Mittelstand zu sprechen und bedauerte, dass
für den Mittelstand keine entsprechenden Maßnahmen gesetzt werden. Die FPÖ garantiere die Entlastung
des Mittelstandes in der nächsten Legislaturperiode, versprach er. Im Zusammenhang mit der Senkung der Umsatzsteuer
verwies Fichtenbauer darauf, dass es sich hierbei um einen volkswirtschaftlich erwünschten Inflationsdämpfungseffekt
handle und dass diese Beträge umgehend in den Konsum fließen. Im Hinblick auf die Entlastung der Heilmittel
käme es zu einer sofort wirksamen Entlastung der Gebietskrankenkassen im Ausmaß von 100 bis 140 Mio.
€.
Abgeordneter SCHEIBNER (B) verstand die Aussage von Faymann, er werde in Zukunft alles anders machen, nicht, war
er doch bisher Koordinierungsminister. Somit sei auch die bisherige Pensionserhöhung von 1,7 % über seinen
Schreibtisch gegangen. Wenn heute behauptet werde, man trete für gesicherte Pensionen ein, dann sei das ein
Hohn. Mit Angstmache werde man keine Politik machen können, vielmehr müsse man den jungen Menschen mehr
Geld und Ressourcen geben, damit sie neben einer wichtigen staatlichen Säule auch Freiräume für
die Eigenvorsorge haben, meinte der Abgeordnete. Es muss auch die Familienpolitik geändert werden, damit Kinderkriegen
keine soziale Frage mehr ist. Die Kindergartengebühren müssen abgeschafft und der Kindergarten verpflichtend
eingeführt werden, damit auch ausländische Kinder die deutsche Sprache erlernen.
Abgeordnete CSÖRGITS (S) hielt es für notwendig, dass das Fünf-Punkte-Sofortprogramm der SPÖ
sofort umgesetzt wird. Laut Prognosen kann bis zum Jahr 2009 die Zahl der Arbeitslosen um 25.000 Personen steigen.
Da Arbeitslosigkeit die inhumanste Form ist, arbeitslose Menschen keine Perspektive haben und Arbeitslosigkeit
Armut mit sich bringt, müsse alles daran gesetzt werden, dass es zu einer sofortigen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit,
auch der Jugendarbeitslosigkeit, kommt. Auch müsse alles unternommen, dass es in Österreich keine Zweiklassenmedizin
gibt. Die SPÖ wolle die beste Gesundheitsversorgung für alle Menschen in diesem Land, sie wolle die
Armut bekämpfen, die Arbeitsplätze sichern und ausbauen sowie faire und gerechte Pensionen, betonte die
Rednerin.
Abgeordneter GRILLITSCH (V) warf Infrastrukturminister und SPÖ-Spitzenkandidat Werner Faymann vor, "Harakiri"
zu betreiben, und prophezeite, dass Faymann ebenso wie Bundeskanzler Gusenbauer seine Wahlversprechen brechen werde.
Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und die Abschaffung der Studiengebühren bezeichnete er als
parlamentarische "Verpuffungsaktion", bei der die KonsumentInnen letztendlich "draufzahlen werden".
Die ÖVP stehe hingegen, so Grillitsch, für das Motto: "Rechtzeitig verantwortungsbewusst Zukunft
sichern."
Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) unterstrich, die "Spekulationsblase" sei absehbar gewesen. Finanzminister
Molterer habe auf europäischer Ebene – im Konzert mit den anderen Finanzministern – trotz der Warnungen zahlreicher
Experten dennoch jahrelang zugeschaut. Überdies habe die ÖVP das staatliche Pensionssystem "krank
geredet" und die Menschen mit Förderungen in die betriebliche und private Pensionsvorsorge getrieben,
ohne auf das Risiko hinzuweisen, kritisierte er. Auch auf die Rezession, auf die sich Österreich zubewege,
hat Molterer seiner Meinung nach keine Antwort. Rossmann forderte eine sofortige Entlastung der kleineren und mittleren
Einkommen.
Auch Abgeordneter WEINZINGER (F) äußerte Zweifel, dass Finanzminister Molterer die richtigen Antworten
auf die globale Finanzkrise habe. Die ÖVP habe jahrelang die Verantwortung für das Finanzressort getragen,
skizzierte er, und dabei neue Schulden gemacht, statt den "gigantischen Schuldenberg" Österreichs
abzubauen. Weinzinger fragte sich, was mit jenen 10 Mrd. € geschehen sei, die der Finanzminister in den letzten
drei bis vier Jahren außerplanmäßig eingenommen habe.
Abgeordneter Mag. DARMANN (B) hielt den beiden Regierungsparteien vor, monatelang gestritten zu haben, statt zugunsten
der Österreicherinnen und Österreicher zu handeln. Man könne nicht tatenlos warten, bis die internationale
Finanzkrise auf Österreich durchschlage, bekräftigte er. Darmann forderte sofortige Entlastungsmaßnahmen
und verwies auf positive Beispiele in Kärnten, wo etwa Billigtankstellen für Pendler geöffnet worden
seien.
Abgeordneter KRAINER (S) machte geltend, dass Wien das Bundesland mit den niedrigsten Schulden und Niederösterreich
das Bundesland mit den höchsten Schulden in Österreich sei. Zudem verglich er die Regierungsjahre Kreiskys
mit jenen von Schüssel und stellte klar, dass Kreisky in 13 Jahren Alleinregierung fünf Mal ein Nulldefizit
erreicht habe, Schüssel in sieben Jahren hingegen nur ein einziges Mal. Zum Fünf-Punkte-Programm der
SPÖ merkte Krainer an, die SPÖ gebe keine Wahlversprechen ab, sondern handle vor der Wahl, wie die heutigen
Abstimmungen zeigten.
Abgeordnete TAMANDL (V) bekräftigte, Vizekanzler und Finanzminister Molterer stehe für eine verantwortungsvolle
Politik und für eine sichere Zukunft. Jede Familie müsse planen, wie sie ihr Haushaltseinkommen ausgebe,
sagte sie, nichts anderes tue Molterer. Statt einer "völlig unsozialen" Senkung der Mehrwertsteuer
auf Lebensmittel wolle die ÖVP eine echte Entlastung der Bevölkerung durch eine Steuerreform. In einem
von Tamandl eingebrachten V-B-Entschließungsantrag wird der Finanzminister unter anderem ersucht, das Aufsichtsrecht
im Finanzbereich effizienter zu gestalten und sicherzustellen, dass die bis zum Jahr 2010 angestrebte F&E-Quote
von 3 % erreicht wird.
Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) warf der ÖVP vor, die Menschen in die private Pensionsvorsorge gedrängt
zu haben. In einem Entschließungsantrag forderte sie namens ihrer Fraktion die Einführung einer EU-weiten
Finanztransaktionssteuer.
Abgeordneter SCHALLE (B) unterstrich, der richtige Weg aus der gegenwärtigen Misere wäre es, die Binnenkonjunktur
durch eine Stärkung der Massenkaufkraft anzukurbeln. In diesem Sinn urgierte er ein Vorziehen der Steuerreform
sowie eine Einmalzahlung von 200 Euro an sozial Schwache. Scharfe Kritik übte Schalle unter anderem an der
Förderung von Großgrundbesitzern und der "Geldverschwendung" durch den Klimafonds.
Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) meinte, es sei interessant zu sehen, wofür Geld da sei und wofür nicht. So
wolle die ÖVP so genannten "Heuschreckenfonds" 200 Mio. € "in den Rachen schieben", während
sie erst nach langem Drängen dazu bereit gewesen sei, 20 Mio. € für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen
zur Verfügung zu stellen, konstatierte sie. Ausdrücklich erfreut äußerte sich Kuntzl über
die in Aussicht genommene Abschaffung der Studiengebühren, da diese ihrer Ansicht nach bis in den Mittelstand
hinein eine wesentliche Bildungsbarriere sind.
Abgeordneter Mag. STADLER (o.F.) kritisierte den Verlauf der Debatte und sprach von reinem "Wahlkampfgetöse".
Statt Antworten auf die globale Finanzkrise zu finden werde lediglich über das Fünf-Punkte-Programm der
SPÖ diskutiert, kritisierte er. Stadler selbst wertete das Programm als "Wahlkampfgag", mit dem
Faymann vergessen machen wolle, dass die SPÖ in der Regierung 20 Monate lang geschlafen habe. Es sei keine
antizyklische Wirtschaftspolitik, Reserven, die man angesammelt habe, mit der Gießkanne wieder auszuschütten,
argumentierte er. Massive Kritik übte Stadler auch an der "rot-blauen Kuschelkoalition".
Bei der Abstimmung wurde der V-B-Entschließungsantrag betreffend Steuer- und Finanzpolitik Österreichs
im Lichte der globalen Finanzkrise mit V-F-G-B-Mehrheit angenommen. Der Entschließungsantrag der Grünen
betreffend Einführung einer EU-weiten bzw. globalen Finanztransaktionssteuer erhielt lediglich die Unterstützung
der Grünen und der ÖVP und blieb damit in der Minderheit. |