Ergebnisse der Direktinvestitionsbefragung 2006
Wien (oenb) - Im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz der Oesterreichischen Nationalbank und
der UNCTAD wurde am 24.09. der jüngste World Investment Report in Wien präsentiert. Gleichzeitig stellte
Dr. Aurel Schubert, Direktor der zuständigen Hauptabteilung Statistik, die Ergebnisse der jährlichen
Direktinvestitionserhebung der OeNB vor. Zum Jahreswechsel 2006/07 belief sich der Wert strategischer Firmenbeteiligungen
von Österreichern im Ausland – bewertet zu Marktpreisen – auf 80 Mrd Euro. Der Wert der passiven Direktinvestitionsbestände
betrug 84 Mrd Euro. Angesichts von Neuinvestitionen von mehr als 20 Mrd Euro im Jahr 2007 dürfte daher der
Bestand aktiver wie passiver Direktinvestitionen mittlerweise die 100-Milliarden-Grenze überschritten haben.
Eine erstmals angestellte Analyse zeigt, dass etwa ein Drittel der aktiven österreichischen Direktinvestitionen
auf regionale Hauptquartiere multinationaler Konzerne zurückzuführen ist, während zwei Drittel der
Investitionen von „echt österreichischen“ Konzernen stammen. Mit rund 480.000 „österreichischen Arbeitsplätzen
im Ausland“ arbeiteten 2006 mehr als doppelt so viele Ausländer für österreichische Firmen im Ausland
wie Österreicher in ausländisch beeinflussten Unternehmen (230.000).
Für einen internationalen Vergleich setzte Direktor Schubert die Direktinvestitionen Österreichs in Beziehung
zum BIP. Der Wert der aktiven Direktinvestitionen beträgt 31,2% des BIP, jener der passiven Direktinvestitionen
32,8% des BIP. Damit liegt Österreich zwar bereits deutlich über dem weltweiten Durchschnitt von 25%,
aber immer noch hinter dem EU-Mittelwert (45% aktiv und 38% passiv).
Ein besonders guter Indikator für die Beurteilung der realwirtschaftlichen Bedeutung von Direktinvestitionen
sind die Beschäftigtenzahlen. Zum Jahreswechsel 2006/07 arbeiteten beinahe 479.000 Personen (+10,9%) im Ausland
für Unternehmen, die österreichische Anteilseigner haben. Das ist mehr als das Zweifache der Zahl an
Österreichern, die in unmittelbar in ausländischem Besitz stehenden Unternehmen in Österreich arbeiten
(237.000 bzw. +7,6%).
Als besonders bezeichnete Direktor Schubert die Rekorderträge von 7,5 Mrd Euro, die österreichischen
Auslandstöchter im Berichtsjahr erwirtschafteten. Wie schon 2003 und 2004 übertrafen sie die Erträge
der ausländischen Unternehmen in Österreich (7 Mrd Euro). Mit einer Eigenkapitalrentabilität von
12,5 Prozent konnten die heimischen Auslandsbeteiligungen erstmals mit den ausländischen gleichziehen – ein
Ergebnis, das sich erfreulich von den Verlusten abhebt, die österreichische Direktinvestitionsunternehmen
in den frühen 90er Jahren erzielten.
Deutschland bleibt wichtigster Partner – Osteuropa gewinnt an Bedeutung
Die bedeutendste Änderung bei den passiven Direktinvestitionen war 2006 die Übernahme der bayerischen
HypoVereinsbank durch die italienische Unicredit. Die unmittelbaren Eigentumsverhältnisse der BankAustria-Creditanstalt
hatten sich zwar nicht geändert, dank der „Stammhausbereinigung“, der Zuordnung der passiven Direktinvestitionen
zu ihren Letzteigentümern, kam es jedoch zu einer markanten Verschiebung zwischen Deutschland und Italien:
Deutschland bleibt mit 24 Mrd Euro an Unternehmensbesitz und einem Anteil von 29% wichtigster Investor in Österreich,
Italien liegt mit 19 Mrd Euro bzw. einem Anteil von 23% aber bereits „in Sichtweite“.
Bei den aktiven Direktinvestitionen konnte Deutschland seine Rolle als wichtigstes Partnerland was Anzahl (458)
und Wert (11,1 Mrd Euro) der Direktinvestitionen betrifft nicht nur behaupten, sondern sogar ausbauen (+3,9 Mrd
Euro, was ein Fünftel des Gesamtzuwachses ausmacht). Realwirtschaftlich bedeutsamer ist – nach den Aussagen
Direktor Schuberts – die Festigung von Österreichs Position als wichtiger Investor in Zentral- und Osteuropa.
Von 3.273 erfassten Auslandsbeteiligungen lagen zu Jahresbeginn 2007 mehr als die Hälfte, nämlich 1.725,
in der Region Mittel-, Ost- und Südosteuropa (MOEL-19), wertmäßig waren es 37 von 80 Mrd Euro und
von den 479.000 Auslandsbeschäftigten arbeiteten sogar 345.000 (72%) in dieser bevorzugten Zielregion heimischer
Investoren. Schwerpunkte des Beschäftigungszuwachses im Jahr 2006 waren Russland und Rumänien vor Serbien
und der Ukraine. Am fünften Platz lag als einziges westeuropäisches Land das Vereinigte Königreich
(+3.100 Beschäftigte in österreichischen Auslandsfirmen). Abgesehen von China, wo österreichische
Firmen ihre Aktivitäten 2006 nahezu verdoppelt haben (von 3.700 auf 6.800 Beschäftigte), folgen bis zum
12. Platz ausschließlich weitere Länder des MOEL-Raumes.
Erstmals Daten über Brückenköpfe: Ein Drittel der Direktinvestitionen entfällt auf ausländische
Multis
Abschließend ging Direktor Schubert auf die Frage ein, wie hoch die „wirklich österreichischen“ Direktinvestitionen
seien. Die Umfrage 2006 erlaubt erstmals zuverlässige Angaben über die Rolle ausländisch kontrollierter
multinationaler Konzerne unter den Direktinvestoren Österreichs: Als „regionales Headquarter“ oder „Brückenkopf“
zählen dabei direkt oder indirekt unter mehrheitlicher Auslandskontrolle stehende Investoren. Von 1.006 meldenden
Unternehmen sind nach dieser Definition 278 „ausländisch kontrolliert“. Sie halten 905 der insgesamt 3.273
erfassten Auslandsbeteiligungen. Wertmäßig entfallen 29 der 80 Mrd Euro aktiver Direktinvestitionen
auf ausländische Multis und von den Auslandsbeschäftigten sind es 162.000 von 479.000. Mit anderen Worten
heißt dies, dass rund zwei Drittel der Direktinvestition auf „echt österreichische“ Unternehmen, Stiftungen
oder Privatpersonen entfallen.
Technische Anmerkung: Mit der Neugestaltung der Direktinvestitionsbefragung 2006 fand das umfassende Projekt der
Umstellung der außenwirtschaftlichen Erhebungssystems der OeNB seinen Abschluss. Wesentliche Änderungen
betreffen die Verwendung von Börsekursen bei der Bewertung von börsennotierten Aktiengesellschaften,
die Ausweitung der Begriffs „sonstiges Direktinvestitionskapital“, die gesonderte Ausweisung von „Special Purpose
Entities“ – das sind ausländisch kontrollierte Holdinggesellschaften ohne wirtschaftliche Aktivität in
Österreich, sowie eine geänderte Auswahl „indirekter Direktinvestitionsunternehmen. Rückrechnungen
konnten nur hinsichtlich der Marktpreisbewertung von börsennotierten Aktiengesellschaften vorgenommen werden.
Da außerdem zur Entlastung der Respondenten die Meldegrenzen leicht angehoben wurden, sind unmittelbare Vergleiche
mit dem Vorjahr nur eingeschränkt möglich. |