Nationalrat: Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses liegt vor   

erstellt am
23. 09. 08

Fraktionen bei Bewertung der Ergebnisse uneinig
Wien (pk) - Der Untersuchungsausschuss des Nationalrats zur Causa Innenministerium hat seinen Abschlussbericht vorgelegt. Nach insgesamt 21 Sitzungen musste der Ausschuss aufgrund des bevorstehenden Endes der Gesetzgebungsperiode seine Beratungen vorzeitig beenden und konnte damit nur Teile seines umfassenden Prüfauftrags erfüllen. Auf gemeinsame Schlussfolgerungen konnten sich die Abgeordneten nicht einigen, dem offiziellen Ausschussbericht, der in erster Linie den Verlauf der Beratungen dokumentiert und statistisches Material enthält, wurden daher von den Ausschussmitgliedern eigene Minderheitsberichte bzw. abweichende persönliche Stellungnahmen angeschlossen.

In diesen Berichten und Stellungnahmen werden unter anderem zögerliche Aktenanlieferungen seitens den Innenministeriums und die Respektlosigkeit von Auskunftspersonen gegenüber dem Parlament beklagt. Darüber hinaus ist von "Besetzungs-Zynismus", fragwürdigem Umgang mit Personalakten, Intrigen, Doppelgleisigkeiten und inakzeptablen Zuständen im Innenministerium sowie schweren Mängeln im System die Rede. Die SPÖ und die Grünen sehen außerdem den dringenden Verdacht, dass PolitikerInnen und BeamtInnen durch Polizeibeamte bespitzelt wurden. Das BZÖ wiederum ortet auch im Justizministerium "massiven Machtmissbrauch". Seitens der ÖVP werden vor allem die hohen Kosten des "Kraut- und Rübenausschusses" hervorgehoben, zudem spricht sie von einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch überschießende Aktenanforderungen. Als Konsequenzen werden von den Parteien unter anderem eine klare Festschreibung der Kompetenzen von KabinettsmitarbeiterInnen, ein Verbot von Leiharbeitsverträgen in Ministerkabinetten und eine Stärkung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes im Untersuchungsausschussverfahren gefordert.

Im gemeinsamen Ausschussbericht heißt es unter dem Punkt "Festgestellte Tatsachen" hingegen lediglich lapidar: "Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Protokollen, Auszugsweisen Darstellungen und Kommuniqués des Untersuchungsausschusses."

Insgesamt tagte der Untersuchungsausschuss rund 120 Stunden. Dabei befragten die Abgeordneten 41 Auskunftspersonen, einige von ihnen mehrfach. 2.200 Aktenordner wurden seitens der Ministerien und anderer Stellen angeliefert, fast 500.000 Seiten gescannt. Das Protokoll der Beratungen umfasst 1.757 Seiten.

Eingesetzt wurde der Untersuchungsausschuss im März dieses Jahres. Unter anderem wollten die Abgeordneten aufklären, ob Ermittlungsergebnisse in der Causa BAWAG missbräuchlich für Wahlkampfzwecke verwendet wurden und ob bei Postenvergaben im Innenressort systematisch der ÖVP nahestehende Personen bevorzugt wurden. Aber auch mit den Ermittlungspannen im Fall Kampusch, der Weitergabe von EKIS-Daten von AsylwerberInnen, illegalen Visaerteilungen von österreichischen Konsularbehörden und der möglichen Finanzierung von SPÖ und ÖGB durch die BAWAG sollte sich der Untersuchungsausschuss befassen. Ingesamt wären 32 Prüfaufträge zu erledigen gewesen, die in acht Beweisthemen zusammengefasst worden waren.

Sowohl der Abschlussbericht als auch die Minderheitsberichte der SPÖ und der ÖVP sowie die abweichenden persönlichen Stellungnahmen der Abgeordneten Peter Pilz (G), Peter Fichtenbauer (F) und Peter Westenthaler (B) sind auf der Website des Parlaments im Volltext abrufbar.
 
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