E-Control-Bericht 2007
Wien (pk) - Der österreichische Strom- und Gasmarkt ist mit Ausnahme des Stromgroßhandels nach
wie vor durch hohe Konzentration und durch die Möglichkeit der Diskriminierung nicht integrierter Unternehmen
gekennzeichnet. Das Ziel, unabhängige Netzbetreiber zu schaffen, sei nicht erreicht worden, weil die österreichischen
Vorgaben für die Entflechtung (Unbundling) integrierter Unternehmen nur den Minimalanforderungen der EU-Richtlinie
entsprechen, liest man im Tätigkeitsbericht 2007 des Energiemarktregulators E-Control. Trotz mancher Verbesserungen
beim Konsumentenschutz und bei der Information der Endverbraucher durch das Energieversorgungssicherheitsgesetz
2006 herrsche nach wie vor wenig Wettbewerb auf dem Energiemarkt für Kleinkunden. Trotz Einsparungspotenzialen
von teilweise mehr als 16 % lag die Wechselrate bei den Energielieferanten im Berichtszeitraum unter 1 %, klagt
die E-Control.
Die Personalausstattung der Netzgesellschaften beschränke sich meist auf das Management. Viele Dienstleistungen
würden per Vertrag vom Mutterunternehmen zugekauft, Anlagen und Betriebsstätten von diesem gepachtet.
Darunter leiden Wettbewerb und Kostentransparenz bei den integrierten Netzbetreibern. Der gemeinsame Marktauftritt
(Namensgleichheit, Personalunionen, gemeinsame Unternehmenskommunikation) lasse eine Abgrenzung zu anderen im Wettbewerb
stehenden Unternehmensbereichen nicht erkennen. Dies verunsichere die Kunden, kritisiert die E-Control, die auch
in hohen Wechselkosten den Grund für die geringe Neigung sieht, den Energielieferanten zu wechseln.
Dazu komme, dass integrierte Lieferanten vom integrierten Netzbetreiber Informationen über die Situation im
Netz erhalten, die ihnen bei der Senkung des Ausgleichsenergierisikos Vorteile gegenüber nicht-integrierten
Netzbetreibern bringen. Die E-Control spricht von Ungleichbehandlung und regt an, eine zentrale Kundendatenbank
(Zählpunktdatenbank) einzurichten. Es gelte, jedem Lieferanten gleichen Zugang zu Kundendaten zu sichern und
Diskriminierungen hintanzustellen.
Die Strom- und Gasunternehmen haben die im österreichischen Recht nur sehr allgemein definierten Vorgaben
zur Durchführung des Legal
Unbundling erfüllt, stellt die E-Control klar. Da das Ziel der Unbundling-Bestimmungen, unabhängige und
neutral agierende Netzbetreiber zu schaffen, bis jetzt in Österreich nicht erreicht wurde, drängt die
E-Control auf eine Präzisierung und Verstärkung der Unbundling-Vorgaben und weist darauf hin, dass Länder
mit eigentumsrechtlicher Trennung zwischen Verteilnetz und Vertrieb die höchsten Wechselraten und den am stärksten
ausgeprägten Wettbewerb haben. Um allen Marktteilnehmern gleichen Zugang zu allen wechselrelevanten Kundeninformationen
zu ermöglichen, schlägt die E-Control vor, bei der Ausgleichsenergie für Lieferanten und Erzeuger
getrennte Bilanzgruppen zu bilden.
Zwar hätte das Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006 die Rechte der Konsumenten gestärkt, die Transparenz
verbessert und durch die Verkürzung der Wechselfristen um zwei Wochen die Wettbewerbsvoraussetzungen verbessert.
Es herrsche aber dennoch geringe Markt- und Preistransparenz für die Kunden, stellt die E-Control fest. Die
Einführung der Zählpunktpauschale und die deutliche Erhöhung des Verrechnungspreises für zugewiesene
Ökoenergie im Ökostrombereich habe die Preistransparenz verringert. Marktführer hätten diese
Änderungen benützt, um Preiserhöhungen pauschal mit der Erhöhung des Verrechnungspreises zu
begründen, lautet die Kritik der E-Control.
Energiepreise würden weiterhin teilweise intransparent dargestellt, etwa nur als Durchschnittspreis der Abrechnungsperiode,
kritisiert die E-Control weiter. Gesetzliche Vorgaben zur transparenten und kundenfreundlichen Gestaltung der Energiepreise
in Cent/kWh würden von vielen Lieferanten nicht ausreichend erfüllt. In diesem Zusammenhang berichtet
die E-Control von Marketingaktivitäten der Lieferanten, die aktiv zur Verunsicherung der Kunden beitragen
und die Wechselkosten für andere Lieferanten erhöhen würden. Dies erkläre die niedrige Wechselrate
von 0,9 %, obwohl durchschnittliche Haushalts- oder Gewerbekunden zum Teil mehr als 16 % der Gesamtkosten sparen
könnten, schreibt die E-Control.
Zu den konkreten Vorschlägen des Energiemarktregulators zählen effektive Vorgaben zur Ausweisung von
Informationen, die Möglichkeit von Sanktionen bei Nichteinhaltung und eine deutlichere Darstellung beziehungsweise
Trennung der Aufgabenbereiche der Netzbetreiber und der Lieferanten, unter anderem durch konkretere und strengere
Unbundlingvorgaben.
Einen Beitrag zur Erhöhung der Preistransparenz sowie des Verbrauchsbewusstseins der Konsumenten erhofft sich
die E-Control auch von der Einführung des "Smart Metering". Automatisiertes Strommessen im Sinne
der EU-Energieeffizienzrichtlinie statt des üblichen einmaligen Zählerablesens pro Jahr würde die
Information der Stromkunden über ihren Energieverbrauch verbessern, ihnen ermöglichen, den Verbrauch
zu steuern und die Vorteile flexibler Preismodelle zu nutzen.
Beim Thema Marktkonzentration macht die E-Control auf Diskussionen über weitere Unternehmenszusammenschlüsse
aufmerksam. Bisherige Zusammenschlüsse hätten sich auf Vertrieb und Handel beschränkt - mit dem
Ergebnis, dass die Vertriebstöchter nicht mehr im jeweils anderen Marktgebiet anbieten und somit potenzielle
Wettbewerber wegfallen. Ob die Höhe des weitergegebenen Verrechnungspreises erfolgsneutral sei, könne
nicht nachvollzogen werden, kritisiert die E-Control. Hohe Margen von bis zu 30 % seien jedenfalls ein Indiz für
die Ausnützung der marktbeherrschenden Stellung der angestammten Lieferanten, so die E-Control.
"Die starke Marktstellung der Unternehmen, die hohe Marktkonzentration und die Möglichkeit, als integriertes
Unternehmen andere Lieferanten zu diskriminieren, führen zu relevanten Markteintrittsbarrieren. Diese können
einerseits durch ein effektiveres Unbundling und andererseits durch die Integration anderer nationaler Märkte
zumindest verringert werden. Die Zusammenführung von nationalen Märkten unter anderem durch regionale
Harmonisierung der Rahmenbedingungen sowie einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden
(dies erfolgt bereits unter anderem durch die Regionalen Initiativen von ERGEG) kann der Wettbewerb auch auf den
Endkundenmärkten nachhaltig gestärkt werden. Eine Integration der Großhandelsmärkte alleine
ist jedoch für eine Intensivierung des Wettbewerbs auf den Endkundenmärkten nicht ausreichend. Dies kann
am Beispiel Deutschland /Österreich leicht gezeigt werden, wo trotz identer Großhandelspreise weiterhin
erhebliche Unterschiede bei den Endkundenpreisen bestehen", schließt die Energie Control ihre allgemeinen
Feststellungen zur Situation auf dem österreichischen Energiemarkt.
Das Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006 habe zu einer Stärkung des Konsumentenschutzes auf dem Strom-
und Gasmarkt geführt, räumt die E-Control ein. Im Gasbereich wurde überdies der Zugang zu den Transitleitungen
verbessert, lobt die E-Control und berichtet vom Übergang vom verhandelten zum regulierten Netzzugang samt
Einrichtung eines One-Stop-Shops. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Gastransit und die Methoden
zur Ermittlung von Transportentgelten sind nun von der E-Control zu genehmigen. Die neuen Marktregeln enthalten
die Verpflichtung der Transportkunden, ungenutzte Kapazitäten auf einer von der OMV eingerichteten "Zentralen
Handelsplattform" zu handeln. Die Transparenz bei der Gestaltung der Preise, Kundeninformationen und Rechnungen
wurde verbessert, die gesetzlichen Vorgaben aber nicht bei allen Lieferanten zufriedenstellend umgesetzt, lautet
die Kritik der E-Control. Wie im Strombereich erschwere die unzureichende Trennung der integrierten Unternehmen
die Unterscheidung zwischen den Aufgaben der Netzbetreiber und Lieferanten, was zu Unsicherheit bei den Kunden
führe und deren Wechselwilligkeit verringere.
Transparenzmängel ortet die Regulierungsbehörde auch bei Betreibern von Transitnetzen und darüber
hinaus "grobe Mängel" beim Trans Austria Gasleitungs (TAG) System, das Niederösterreich, Steiermark,
und Kärnten versorgt. Da die Nachfrage nach Kapazitäten das Angebot bei Weitem übersteige, sollten
ENI und OMV das TAG-System bedarfsgerecht ausbauen, liest man im Bericht der E-Control. |