Kommissionsbericht belegt Notwendigkeit des Schutzes vor Piraterie auf europäischer Ebene
Brüssel (europa.ec) - In einem sich wandelnden Binnenmarkt sind europäische Maßnahmen
zum Schutz vor der Umgehung von Zugangskontrollsystemen („Piraterie“) für den Ausbau der Bezahlfernsehdienste
auch weiterhin unverzichtbar. Zu diesem Schluss kommt die Europäische Kommission in ihrem am 06.10. veröffentlichten
Bericht. Dieser Schutz ist gleichzeitig auch eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung neuer Vertriebswege
für digitale Inhalte wie Videoabruf, Online-Angebote oder auch das Mobilfernsehen. Um der Anwendung der EU-Richtlinie,
die diesen Schutz gewährleisten soll, neue Impulse zu geben, richtet die Kommission eine Gruppe von Regierungsexperten
ein, die den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren erleichtern soll, und schlägt vor, dass
die Europäische Union das im Rahmen des Europarats geschlossene Europäische Übereinkommen über
den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten ratifizieren soll. Gleichzeitig
bedauert die Kommission das geringe Angebot an grenzüberschreitenden zugangskontrollierten Diensten und möchte
sich vor allem angesichts der europaweiten Mobilität zahlreicher EU-Bürger einen umfassenden Überblick
über das Potenzial grenzüberschreitender Märkte verschaffen.
Die Entwicklung des Bezahlfernsehens erfolgte unter dem EU-weiten Schutz der Zugangskontrolldienste-Richtlinie
98/84/EG. Zehn Jahre nach dem Erlass der Richtlinie legt die Europäische Kommission in ihrem zweiten Bericht
über deren Umsetzung nun eine Bestandsaufnahme der Entwicklung in einem stark veränderten wirtschaftlichen
und technologischen Umfeld vor.
Dieser Bericht beruht auf Informationen, die aus einer 2007 durchgeführten Studie über die Auswirkungen
der Richtlinie, einer von Februar bis April 2008 durchgeführten öffentlichen Konsultation sowie aus direkten
Kontakten mit den Akteuren des Sektors stammen. Die Studie und die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation
sind unter der gleichen Internetadresse erhältlich wie der Bericht (siehe unten).
Auf der Grundlage der gesammelten Informationen werden in dem Bericht bestimmte Feststellungen getroffen.
Erstens wurde die Bekämpfung der Piraterie von Zugangskontrollsystemen in den verschiedenen Mitgliedstaaten
unterschiedlich geregelt. In einigen Ländern kritisiert die Branche, dass die Sanktionen nicht weit genug
gehen und es in den nationalen Verwaltungen an technischer Sachkenntnis mangele. Überdies wünschen die
Anbieter die Einführung von Strafen für den privaten Besitz manipulierter Zugangssysteme wie gehackter
Decoder, die einen kostenfreien Zugang zum kostenpflichtigen Fernsehen ermöglichen, die in der Richtlinie
bisher nicht vorgesehen sind.
Ferner wird in dem Bericht festgestellt, dass sich zahlreiche neue Arten von Diensten entwickeln, die ebenfalls
unter den Schutz der Richtlinie fallen: Videoabruf, Mobilfernsehen, Internet-Übertragung (Streaming), bei
denen Kontrollsysteme eingesetzt werden, um nur denjenigen Kunden Zugang zu gewähren, die diesen Dienst auch
bezahlt haben.
Was eine etwaige Ausdehnung des durch die Richtlinie gewährten Schutzes betrifft, sind laut Bericht zusätzliche
Informationen erforderlich, sei es in Bezug auf den Schutz des Urheberrechts, exklusive Weiterübertragungsrechte
für Sportereignisse oder den Einsatz von Zugangskontrollsystemen, deren Zweck nicht die Sicherstellung der
Bezahlung eines angebotenen Dienstes ist.
Obwohl die Richtlinie ausdrücklich darauf abzielt, einen Binnenmarkt für zugangskontrollierte Dienste
zu schaffen, muss in dem Bericht festgestellt werden, dass sich grenzüberschreitende Dienste bisher kaum entwickelt
haben. Angesichts der Millionen EU-Bürger, die außerhalb ihres Herkunftslandes wohnen und sich oft vergeblich
Zugang zu Diensten aus dem Heimatland wünschen, wird die Kommission nun Informationen darüber sammeln,
welche potenziellen Märkte es für ein grenzübergreifendes Angebot von audiovisuellen Inhalten und
Kinofilmen gibt.
Zudem hat die Kommission beschlossen, eine Expertengruppe mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten einzusetzen,
die die Anwendung der Richtlinie durch den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zwischen den
nationalen Verwaltungen verbessern und alle neuen Fragen im Zusammenhang mit der Zugangskontrolle erörtern
soll.
Außerdem unterstreicht der Bericht das internationale Ausmaß der Piraterie, die leider nicht an den
europäischen Grenzen halt macht. Im Interesse einer Erweiterung dieses Schutzes möchte die Kommission
dem Rat die Ratifizierung des Europarats-Übereinkommens über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten
Diensten und von Zugangskontrolldiensten vorschlagen. |