Erste Debatten über mögliche Koalitionen  

erstellt am
01. 10. 08

Faymann für rasche Bildung einer handlungsfähigen "Regierung neuen Stils"
Faymann rechnet mit Regierungsbildungsauftrag am 8. Oktober – Danach unverzüglich Gespräche mit der ÖVP
Wien (sk) - Für die rasche Bildung einer handlungsfähigen "Regierung neuen Stils" sprach sich heute SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann nach einem Gespräch mit Bundespräsident Heinz Fischer aus. Ergebnis der Besprechungen mit dem Bundespräsidenten über das Wahlergebnis vom Sonntag sei, daß er am 8. Oktober - also so wie 2006 zehn Tage nach der Wahl - als Obmann der stimmenstärksten Partei wie üblich den Auftrag zur Bildung einer neuen Bundesregierung erhalten wird, teilte Faymann mit. Wenn er den Auftrag erhält, möchte der SPÖ-Vorsitzende unverzüglich Kontakt mit der Österreichischen Volkspartei aufnehmen und sofort intensive Gespräche zur Bildung einer stabilen Regierung aufnehmen.

Faymann will "eine Regierung neuen Stils bilden, wo sich die Regierung als Partner empfindet, wo das Gemeinsame einer Regierung erkennbar ist, wo man aus Fehlern des Streitens gelernt hat, wo man daraus gelernt hat, daß man immer Rede und Antwort stehen und rechtzeitig Handlungen setzen muß". Als Beispiele nannte der SPÖ-Vorsitzende Maßnahmen für die Beschäftigung und gegen die Arbeitslosigkeit sowie die Sicherung der Finanzierung der Kassenkassen.

Alle diese Themen würden Vertrauen schaffen, machte Faymann deutlich. "Und sich den ganzen Tag zu überlegen, was man gegen den Stimmenzulauf bei Protestparteien unternehmen kann, kann man abkürzen, indem man so arbeitet, daß die Bevölkerung den Eindruck hat, man braucht den Stimmzettel nicht als Denkzettel zu benutzen", betonte der SPÖ-Vorsitzende.

Die Frage, ob es bereits Verhandlungen mit der ÖVP gebe, verneinte Faymann. Es gebe Diskussionen mit Vertretern der ÖVP, die es immer wieder gebe, aber keine Verhandlungen. Dies gebiete der Respekt vor dem Bundespräsidenten, erst nach dem Regierungsbildungsauftrag in Verhandlungen zu treten. Er habe ein gutes Gefühl, daß eine Regierung mit der ÖVP zustande komme, auch wenn ihm bewusst sei, daß es in der Volkspartei auch viele Skeptiker gebe, erklärte Faymann. Der SPÖ-Vorsitzende möchte der ÖVP auf jeden Fall "keine oberlehrerhaften Ratschläge" geben, um die Situation nicht weiter zu belasten.

 

Kurz: "Neustart statt Stillstand für die ÖVP ist notwendig"
Wir müssen uns regenerieren. Wir müssen unsere Versäumnisse analysieren
Wien (jvp)
- Klar gegen eine Neuauflage einer Rot-Schwarzen Koalition oder andere Farbexperimente mit Beteiligung der ÖVP spricht sich der Landesobmann der JVP Wien, Sebastian Kurz, aus. "Wenn wir als ÖVP den Wählerwillen richtig deuten, dann bleibt uns jetzt nur der Weg in die Opposition! Ein Zusammengehen mit der SPÖ oder dem rechten Lager wäre unverantwortlich. Beide Varianten sind keine Option", so der JVP-Landesobmann. Die Opposition sieht Kurz als Chance zur Neuaufstellung der Partei.

"Wir müssen uns regenerieren. Wir müssen unsere Versäumnisse analysieren. Wenn wir gleichzeitig faule Kompromisse mit der Löwelstraße oder den rechten Parteien schließen müssen, wird uns der Neustart der ÖVP nicht gelingen", erklärt der Landesobmann dazu. Und Kurz abschließend: "Opposition ist sicherlich nicht einfach. Es ist mit dieser Rolle wie mit einer Therapie: Sie kann schmerzhaft sein, aber wenn sie wirken soll, dann ist das auch erforderlich!" 

 

Mölzer: Wird sich SPÖ als Preis für Neuauflage von Rot-Schwarz von neuer EU-Linie verabschieden?
Die Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, ob roter Schwenk in der EU-Politik ernst gemeint oder nur ein billiger Vorwahlgag war
Wien (fpd) - Wenn SPÖ-Chef Werner Faymann außer der raschen Bildung einer neuerlichen rot-schwarzen Regierung nach eigenen Angaben keine weiteren Ziele habe, dann stelle sich die Frage, welchen Preis Faymann dafür zu zahlen bereit ist, sagte der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer. "Die ÖVP wird nach ihrem Wahldebakel sicher alles daran setzen, sich die Neuauflage von Rot-Schwarz möglichst teuer abkaufen zu lassen. Und vor allem wird bei ihrem Lieblingsthema, der EU-Hörigkeit, keinen Millimeter nachgeben", betonte Mölzer.

Auf der anderen Seite werde interessant zu beobachten sein, so der freiheitliche EU-Mandatar, zu welchen Zugeständnissen an die ÖVP Faymann bereit sein werde. "Der SPÖ-Chef hat sich bisher als aalglatter Technokrat erwiesen und zeigte nur in einem Punkt - der Ausgrenzung der FPÖ - eine konsequente Linie. Daher wird er nun, nachdem die SPÖ am Sonntag den ersten Platz verteidigt hat, alles daran setzen wird, um den roten Machterhalt für die kommende Legislaturperiode sicherzustellen. Und deshalb ist es realistisch, daß sich die Sozialisten von ihrem Schwenk in der EU-Linie, wonach in Österreich über künftige EU-Verträge Volksabstimmungen abzuhalten sind, still und leise verabschieden werden", meinte Mölzer.

Daher forderte der freiheitliche Europaabgeordnete den SPÖ-Vorsitzenden Faymann auf, zu erklären, welche EU-Linie die Sozialdemokraten künftig vertreten werden: "Es ist nicht klar, ob die SPÖ die Interessen Österreichs oder jene Brüssels vertreten wird. Aber die Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, ob der angebliche Schwenk in der EU-Politik ernst gemeint oder nur ein billiger Vorwahlgag war", schloß Mölzer.

 

Haider: Nein zu einer Verlierer-Koalition zwischen Rot und Schwarz
Jede Koalitionsform ist besser als eine Neuauflage der großen Koalition. Die Menschen wollen eine Veränderung in der politischen Landschaft haben.
Klagenfurt (bzö) - "Die Österreicherinnen und Österreicher haben bei der Nationalratswahl der großen Koalition eine eindeutige Abfuhr erteilt. Deshalb darf es unter keinen Umständen zu einer Neuauflage dieser Verlierer-Koalition zwischen Rot und Schwarz kommen. Alles andere als eine große Koalition wäre ein Gewinn für die Demokratie. Jede Konstellation - auch wenn wir nicht darin vertreten sind - ist besser als eine Koalition von SPÖ und ÖVP", sagte BZÖ- Bundesparteiobmann Jörg Haider im Rahmen einer Pressekonferenz.

Denn die große Koalition habe den Menschen nur Streit, Chaos und Belastungen beschert. Allerdings würde es bei bestimmten Funktionärskreisen in SPÖ und ÖVP starke Präferenzen für eine neuerliche rot-schwarze Koalition geben. Auch sei der neue geschäftsführende ÖVP-Parteiobmann Josef Pröll für seine großkoalitionäre Einstellung bekannt. "Es ist daher zu befürchten, dass es zu einer neuen großen Koalition kommen wird. Doch die Menschen wollen das nicht. Vor allem die ÖVP wird Probleme bekommen. Die Volkspartei steht bereits vor einer massiven Zerreißprobe, weil die Wünsche ihrer Wählerinnen und Wähler anders sind als die Interessen der Funktionäre", erklärt der Kärntner Landeshauptmann.

In den vergangenen eineinhalb Jahren hätten Rot und Schwarz lediglich Stillstand produziert. Das BZÖ habe hingegen gezeigt, dass es besser gehe. In Kärnten, wo das das BZÖ die Verantwortung habe, seien viele Maßnahmen umgesetzt worden, die sich positiv für das Land und die Menschen ausgewirkt hätten. Der sachliche und lösungsorientierte Kurs des BZÖ sei von den Wählerinnen und Wähler goutiert worden. "Wir haben in Kärnten mit dem Teuerungs-Ausgleich bereits erfolgreich den Kampf gegen die Teuerung aufgenommen, haben die Billigdieseltankstellen für die Menschen geöffnet, konnten Impulse in der Sicherheitspolitik setzen und haben Vorschläge zur Sanierung der Krankenkassen gemacht. Die Menschen haben gesehen, dass wir die Probleme lösen können. Deshalb haben sie uns bei der Wahl ihre Stimme gegeben", so Haider.

Nun gelte es, dass Kärntner-Modell österreichweit umzusetzen. "Die Österreicherinnen und Österreicher wollen eine Veränderung haben. Das hat das Wahlergebnis eindeutig gezeigt. Die Menschen wollen weniger Streit und mehr Sachlichkeit. Von parteipolitischem Geplänkel haben sie genug. SPÖ und ÖVP sein für ihr Nichtstun abgestraft geworden. Daher darf es nicht wieder eine große Koalition geben", betont auch BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner.

Neue Mehrheiten müssten gesucht und gefunden werden. Denn es gebe stabile, sinnvolle und gute Mehrheiten jenseits von Rot-Schwarz. So würde nichts gegen eine Dreier-Koaltion sprechen -welche Parteien auch immer darin vertreten seien. Das BZÖ sei jedenfalls bereit, Verantwortung zu übernehmen. "Die Wählerinnen und Wähler haben uns einen klaren Arbeitsauftrag für die Zukunft gegeben. Auch wenn das manche Politiker in anderen Parteien nicht wahrnehmen wollen", so Petzner.

In diesem Zusammenhang kritisiert Petzner die Aussagen vom Wiener Bürgermeister Michael Häupl scharf. Dieser habe laut Medienberichten BZÖ und FPÖ als "Koffer" und "Sch..." beschimpft. "Solche Aussagen sind einfach ungeheuerlich. Schließlich haben fast 30 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher eine der beiden Parteien gewählt, die vom Wiener Bürgermeister verunglimpft werden. Häupl kann offenbar nicht verkraften, dass die SPÖ bei den Menschen nicht mehr punkten kann. So ist die SPÖ mittlerweile bei Jungwählern und bei Arbeitern besonders unattraktiv. Das kann man wohl als klaren Denkzettel für die Genossen bezeichnen", sagt der BZÖ-Generalsekretär.

 

 Van der Bellen: Grüne schließen Koalition mit SPÖ und ÖVP nicht aus
Lust in seinem Amt zu bleiben hat Van der Bellen nach eigenen Angaben weiterhin
Wien (grüne) -
Die Grünen denken ernsthaft über eine Koalition mit SPÖ und ÖVP nach. Parteichef Alexander Van der Bellen meinte am 30.09. auf einer Pressekonferenz, man werde sich einer Einladung zu entsprechenden Gesprächen mit den beiden nicht verweigern. Er verwies wiederholt darauf, dass für große Reformen wie etwa im Bereich der Bildung oder dem Gesundheitswesen eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig sei, die man mit einer solchen Dreier-Koalition haben würde. Eine Unterstützung einer Minderheitsregierung schloss er ebenfalls nicht aus. Van der Bellen selbst wird zumindest vorerst an der Parteispitze bleiben.

"Ich werde sie weiter auf die Folter spannen", meinte er nach seiner Zukunft gefragt. Es gehe dabei um höchstpersönliche Entscheidungen, die er nicht auf Zuruf der Medien fällen werde, sagte er. Außerdem wolle er das endgültige Wahlergebnis abwarten, fügte Van der Bellen hinzu. Nach Auszählung der Wahlkarten hofft der Grünen-Chef darauf die bisherigen 21 Mandate im Parlament halten zu können. Auf die Frage, ob er sich der Meinung anschließe, dass seine Partei ohne ihn ein schlechteres Ergebnis eingefahren hätte, meinte Van der Bellen: "Das sehe ich auch so."

Große Lust, weiterzumachen
Lust in seinem Amt zu bleiben hat Van der Bellen nach eigenen Angaben weiterhin. So habe "was sich am Sonntag abgespielt hat" ihm große Lust auf weitermachen gemacht. Aufgrund des starken Zugewinns der Rechtsparteien sei es umso mehr Aufgabe der Grünen "fremdenfeindlichen und antisemitischen Positionen energisch entgegenzutreten".

Fehler gestand Van der Bellen zwar ein, verwies aber darauf, dass man diese schon vor dem Wahlkampf begangen habe. Der Wahlkampf an sich sei nämlich sein bester gewesen, auch medial, ist er überzeugt. Einmal mehr wiederholte er, dass man an den inhaltlichen Positionen der vergangenen Wochen nichts ändern werde. Als Beispiel nannte er etwa die Verteidigung der Grund- und Freiheitsrechte. Insbesondere nach dem schlechten Abschneiden des Liberalen Forums sei es nun eine Verpflichtung den Gedanken der Grundrechte weiter zu verteidigen, meinte er.

Faymann am Zug
Bezüglich anstehender Koalitionsverhandlungen sieht Van der Bellen nun "Faymann am Zug". Er erwarte sich von dem SPÖ-Parteichef und Neo-ÖVP-Chef Josef Pröll, dass diese nicht versuchen, die alte Koalition fortzuführen. Die große Frage werde sein, ob die beiden bereit seien, bei der Bildungspolitik oder im Energiebereich neue Wege zu beschreiten. Neben der sogenannten "Kenia-Koalition" von rot-schwarz-grün schloss Van der Bellen auch eine Unterstützung einer Minderheitsregierung nicht aus. Dabei werde es darauf ankommen, was man seiner Partei anbieten werde, so der Professor.
 
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