Wien (wifo) - Das WIFO hat die monatlichen Inflationsraten laut HVPI der Periode Jänner 2002 bis
August 2008 für die Länder des Euro-Raumes nach Produktgruppen in eine für alle Länder gemeinsame,
produktspezifische ("internationale") Komponente und eine länderspezifische Komponente für
jedes Produkt in jedem Land ("nationale" Komponente) zerlegt. Demnach war der überwiegende Teil
der Inflationsrate in Österreich auf die internationale Komponente zurückzuführen. Eine ausgeprägte
länderspezifische Inflationskomponente wiesen in Österreich Ende 2007 und Anfang 2008 10 Gütergruppen
aus den Bereichen Nahrungsmittel, Wohnen, Energie, Gesundheit und Verkehr auf. Mit Ausnahme von pharmazeutischen
Produkten und Kraftstoffen (bereinigt um den Effekt der Mineralölsteuererhöhung) ging die österreichspezifische
Inflationskomponente im Jahresverlauf 2008 wieder (deutlich) zurück.
Im Euro-Raum weist die Inflation wegen der ähnlichen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in den einzelnen Ländern
und der europäischen Integration (gemeinsamer Markt, Währungsunion) eine gemeinsame Dynamik auf. Diese
ist zusätzlich durch produktspezifische Entwicklungen begründet, die sich in allen Ländern im Inflationsverlauf
niederschlagen (z. B. Weltmarktpreise für Rohöl).
Daneben wirken aber auch länderspezifische Effekte, die alle Gütergruppen innerhalb eines Landes betreffen
(z. B. nationale Steuergesetzgebung oder abweichende Konjunkturdynamik). Manche Effekte können überdies
produktspezifisch sein, d. h. lediglich auf bestimmte Produktgruppen in einem Land wirken (z. B. durch gesetzliche
Auflagen).
Im Untersuchungszeitraum war der überwiegende Teil der Inflation in Österreich auf die internationale
Komponente zurückzuführen. Mit Ausnahme der ersten Monate des Jahres 2005 und der letzten Monate des
Jahres 2007 wirkte die länderspezifische Komponente für das Gesamtaggregat inflationsdämpfend; nach
Produktgruppen verlief der Preisauftrieb in Österreich aber sehr heterogen. Die 10 Produktgruppen mit einer
ausgeprägten inflationserhöhenden länderspezifischen Komponente wurden näher untersucht:
- Brot und Getreideerzeugnisse waren 2007 in Österreich innerhalb des Euro-Raumes am zweitteuersten, und
die Preise stiegen 2007 und 2008 überdurchschnittlich (Inflationsrate 1. Halbjahr 2008 etwa 10%). Die nationale
Komponente betrug im Jänner 2008 +1,6 Prozentpunkte und verringerte sich bis August auf +0,8 Prozentpunkte.
- Der länderspezifische Inflationsbeitrag für Milch, Käse und Eier betrug im Jahr 2007 +4,4 Prozentpunkte
und machte damit mehr als die Hälfte des überdurchschnittlichen Preisanstiegs in dieser Produktgruppe
aus. Im Laufe des Jahres 2008 nahm er schrittweise ab.
- Auch die Preise von Ölen und Fetten stiegen 2007 vor allem aufgrund der Österreich-Komponente, nachdem
diese in der Periode 2002 bis 2006 inflationsdämpfend gewirkt hatte. Im 1. Halbjahr 2008 verringerte sie sich
wieder deutlich.
- Ebenso verteuerten sich Mineralwasser, Limonade und Saft 2006 und 2007 überwiegend aufgrund der inländischen
Komponente. Da der heimische Inflationsbeitrag im Laufe des Jahres 2008 sank, liegt die Inflationsrate seit Juni
2008 unter dem geschätzten Inflationstrend des Euro-Raumes.
- Seit Anfang 2005 trägt die inländische Komponente zunehmend zum Preisauftrieb der Erzeugnisse für
die Wohnungsinstandhaltung bei. Im Durchschnitt der Jahre 2006 und 2007 waren gut 40% der Inflation darauf zurückzuführen.
Im Laufe des Jahres 2008 verringerte sich diese Komponente, und die Inflationsrate ging zurück.
- Wasserversorgung und sonstige Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wohnung verteuerten sich seit dem IV.
Quartal 2004 in Österreich deutlich stärker als im Durchschnitt des Euro-Raumes. Seit Mitte 2007 liegt
der Preisanstieg aber unter dem "underlying inflation trend" des Euro-Raums.
- Der Strompreis erhöhte sich in den Jahren 2002 bis 2006 überwiegend unterdurchschnittlich. 2007 wurde
die heimische Komponente vom Inflationsdämpfer zum Inflationstreiber, die Inflationsrate lag um knapp 4 Prozentpunkte
über dem Inflationstrend des Euro-Raumes. Durch das Auslaufen von Basiseffekten ließ der Preisauftrieb
2008 deutlich nach, und die Inflationsrate liegt nun deutlich unter dem geschätzten Inflationstrend im Euro-Raum.
- Bewirkte die heimische Komponente in den Jahren 2005 und 2006, dass der Gaspreis in Österreich im Vergleich
zum Euro-Raum weit unterdurchschnittlich anzog, so wirkt sie seit Anfang 2007 inflationserhöhend. Im Jahresdurchschnitt
2007 gingen zwei Drittel des Preisauftriebs auf die heimische Inflationskomponente zurück. Ebenfalls durch
das Auslaufen von Basiseffekten waren die Verbraucherpreise in dieser Produktgruppe im 1. Halbjahr 2008 in Österreich
geringfügig niedriger als vor einem Jahr, während sie im Durchschnitt des Euro-Raumes markant stiegen.
- Für pharmazeutische Erzeugnisse ergab sich seit April 2005 eine ausgeprägte länderspezifische
Komponente, auf die beinahe der gesamte Preisauftrieb zurückzuführen ist. Sie überstieg die internationale
Komponente im Jahr 2007 um 3 und in der ersten Jahreshälfte 2008 um 2,4 Prozentpunkte.
- In der Gruppe der Kraft- und Schmierstoffe entsprachen die Preissteigerungen bis Mitte 2007 der "underlying
inflation" des Euro-Raumes. Im Jahresdurchschnitt 2007 betrug die österreichspezifische Komponente –0,5
Prozentpunkte. Im IV. Quartal 2007 änderte sich dieses Bild markant: Im Dezember 2007 betrug die länderspezifische
Komponente +8,1 Prozentpunkte und stieg bis zum Juni 2008 auf +12,6 Prozentpunkte – den höchsten Wert im Untersuchungszeitraum.
Durch den Wegfall des Basiseffekts der Mineralölsteuererhöhung vom Juli 2007 verringerte sich die österreichspezifische
Komponente im Juli 2008 auf +5,9 Prozentpunkte. Bereinigt um die Wirkung der Mineralölsteuererhöhung
(+5 bis +6 Prozentpunkte) war der Auftrieb der Kraftstoffpreise in Österreich seit Dezember 2007 um 3 bis
6 Prozentpunkte höher als der "underlying inflation trend" des Euro-Raumes. Die länderspezifische
Komponente hat sich damit gegenüber der Periode 2002 bis 2007 markant erhöht.
Quelle: WIFO
Autor: Josef Baumgartner
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