Risikoausschlüsse in Versicherungsverträgen müssen klar erkennbar sein, sonst sind
sie unwirksam
Wien (bmsk) - Versicherungsbedingungen können Risikoausschlüsse vorsehen. Diese müssen
jedoch für einen Versicherungsnehmer klar erkennbar sein. Widersprechende Aussagen in einem umfangreichen
Versicherungsregelwerk über eine zeitliche Beschränkung des Versicherungsschutzes, die nur für einen
Juristen auflösbar sind, werden gegenüber einem juristischen Laien nicht wirksam. Das erkannte das Bezirksgericht
Leopoldstadt in einem mittlerweile rechtskräftigen Musterprozessurteil, welches vom Verein für Konsumenteninformation
(VKI) im Auftrag von Konsumentenschutzminister Erwin Buchinger erwirkt wurde.
"Mit dieser Entscheidung wird der Praxis von Versicherungsunternehmen ein Riegel vorgeschoben, Geschäftsbedingungen
so zu gestalten, dass man erst juristische Beratung benötigt, um zu wissen, auf welche Leistungen man letztlich
Anspruch hat", zeigt sich Konsumentenschutzminister Buchinger erfreut über das Urteil.
Im gegenständlichen Fall schloss eine Verbraucherin im Jahr 2003 eine Krankenversicherung nach Unfällen
ab. Wenige Monate später erlitt sie einen Unfall, der einen Krankenhausaufenthalt erforderte. Im Jahr 2006
musste sie sich einer Nachbehandlung unterziehen und absolvierte in weiterer Folge auch einen Rehabilitationsaufenthalt.
Die Versicherung verweigerte die Übernahme der Kosten beider Behandlungen mit der Begründung, dass nach
den Versicherungsbedingungen der Versicherungsschutz zeitlich mit Behandlungen innerhalb von zwei Jahren ab dem
Unfalltag begrenzt sei.
Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen, sowie die Ergänzenden Versicherungsbedingungen der Versicherungsanstalt
zugrunde. Während die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zeitlich unbegrenzten Versicherungsschutz versprechen,
wird in den Ergänzenden Versicherungsbedingungen an einer Stelle der Versicherungsschutz mit einer Zwei-Jahres-Frist
begrenzt. An anderer Stelle dieser Ergänzenden Versicherungsbedingungen wird - hervorgehoben im Fettdruck
-zugesichert, die Versicherungsleistungen würden ohne zeitliche Begrenzung gewährt.
Aus der Urteilsbegründung geht nurmehr hervor, dass auch ein unerfahrener Vertragspartner beim Abschluss von
Versicherungsverträgen grundsätzlich mit Risikoausschlüssen und -einschränkungen rechnen muss.
Allerdings entspricht es der Wertung des Gesetzgebers, Kunden davor zu schützen, dass umfangreiche AGB unübersichtlich
oder gar irreführend gestaltet werden. Zwar geht das Gericht davon aus, dass diese widersprüchlichen
Bestimmungen einer juristischen Auslegung zugänglich sind und daher auch nebeneinander bestehen können.
Es gelangt jedoch zu der Ansicht, dass das angewendete Regelwerk für die Verbraucherin undurchschaubar und
unverständlich war, da von dieser eine Kenntnis juristischer Auslegungsregeln nicht erwartet werden kann.
Insbesondere wurde die Irreführung der Versicherungsnehmerin durch die Hervorhebung im Fettdruck noch gefördert.
Die Klausel, mit der der Versicherungsschutz auf Heilbehandlungen innerhalb zweier Jahre ab dem Unfalltag eingeschränkt
wurde, war daher unwirksam und die Versicherung wurde zur Übernahme der Kosten sowohl der Nachbehandlung als
auch des Rehabilitationsaufenthalts verurteilt. |