Silhavy: Gewalt in der Familie ist keine Privatangelegenheit und kein Kavaliersdelikt   

erstellt am
07. 10. 08

30 Jahre Österreichische Frauenhäuser
Wien (bpd) - Anlässlich der Tagung +30+20+10 Jahre gegen Gewalt an Frauen und Kindern informierte Frauenministerin Heidrun Silhavy in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, Maria Rösslhumer (Geschäftsführerin des Vereins Autonome Frauenhäuser) und Birgit Thaler-Haag (Geschäftsführerin des Frauenhauses Salzburg) am 07.10. über 30 Jahre seit der Errichtung des ersten österreichischen Frauenhauses, über 20 Jahre Verein Autonome österreichische Frauenhäuser und über zehn Jahre Frauenhelpline gegen Männergewalt.

Frauenministerin Heidrun Silhavy betonte: "Gewalt in der Familie ist keine Privatangelegenheit und kein Kavaliersdelikt, sondern vielmehr eine schwere Menschenrechtsverletzung, und als solche aufs Schärfste zu verurteilen." Es müssen zentrale Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Frauen unabhängig und selbstbestimmt leben können, so die Ministerin. Die ökonomische Dimension von Gewalt sei nicht zu vernachlässigen. Mit dem Gewaltschutzgesetz, das mittlerweile vor mehr als zehn Jahren (am 1. Mai 1997) in Kraft getreten ist, habe Österreich eine internationale Vorreiterrolle eingenommen: Seither müssen die Täter die gemeinsame Wohnung verlassen (Wegweisung und Betretungsverbot für zehn Tage, einstweilige Verfügung bis zu drei Monate), und nicht die Opfer der Gewalt entfliehen. Seither wird der Täter zur Verantwortung gezogen und zwar nicht von der misshandelten Frau, sondern von den zuständigen öffentlichen Stellen in einem festgelegten Zusammenwirken.

"Eine wesentliche Begleitmaßnahme des Gewaltschutzgesetzes bildete die Einrichtung von Interventionsstellen gegen Gewalt in ganz Österreich, die neben den Frauenhäusern die zentralen Opferschutzeinrichtungen darstellen. Durch die 60-prozentige Budgeterhöhung der Interventionsstellen im vergangenen und heurigen Jahr, konnte die flächendeckende Betreuung von Gewaltopfern in Österreich gesichert werden, weitere Regionalstellen eingerichtet sowie die Betreuung ausgebaut werden. Dieser Ausbau soll fortgesetzt werden, wobei dabei besonders auf die Ausweitung der muttersprachlichen Beratung geachtet werden soll. Außerdem hat die Vergangenheit gezeigt, dass es neben den bereits getroffenen Maßnahmen immer noch Lücken im Opferschutz gibt, daher ist die Weiterentwicklung gesetzlicher Bestimmungen zentral", betonte Silhavy.

Es sei erfreulich, dass das von Justizministerin Maria Berger ausgearbeitete Gewaltschutzgesetz am 17. September 2008 den Ministerrat passiert habe, jedoch müsse darauf geachtet werden, dass es auch zu einer Beschlussfassung im Nationalrat komme und das Gesetz so rasch wie möglich umgesetzt wird. Wichtige Punkte dieser Gesetzesnovelle sind der Ausbau der Einstweiligen Verfügung, die Prozessbegleitung auch im Zivilverfahren (bisher nur im Strafverfahren) sowie die Schaffung eines neuen Straftatbestandes bei fortgesetzter Gewaltausübung.

Neben diesen gesetzlichen Verbesserungen ist auch der Bereich der Bewusstseins- und Sensibilisierungsarbeit wesentlich. Daher wurde die Frauenhelpline gegen Männergewalt (0800/222 555), die heute ihr 10-jähriges Bestehen feiert, heuer und im vergangenen Jahr mit einer breiten Kampagne intensiv beworben. "Mit weiteren Maßnahmen, wie einer im November stattfindenden Ausstellung zum Thema 'Gewalt im Namen der Ehre', möchte ich ein Zeichen im Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern setzen. Ich werde mich auch in Zukunft für eine bessere finanzielle und qualitative Absicherung der Frauenhäuser in Österreich stark machen", betonte Silhavy.

Österreichweit haben im vergangenen Jahr insgesamt 3.190 Frauen und Kinder in einem der 26 autonomen Frauenhäuser Schutz gefunden. Laut einer Empfehlung des Europäischen Parlaments sollte jedes EU-Mitgliedsland einen Frauenhausplatz pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner zur Verfügung stellen. Frauenhäuser sind auch Kinderschutzeinrichtungen: Allein 1.549 Kinder suchten im vergangenen Jahr mit ihren Müttern Zuflucht in den autonomen Frauenhäusern. Um sie bestmöglich zu unterstützen, benötigt jedes Haus eigens geschultes Personal für die Arbeit mit traumatisierten Kindern. Teilweise ist die Hälfte der Bewohnerinnen in den Frauenhäusern Migrantinnen. Die Frauen[en]helpline[/en wird zirka 50 mal täglich, also mehr als 18.000 mal jährlich gewählt. Die Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie haben allein im Jahr 2007 rund 12.800 Personen betreut, das ist eine Steigerung seit 2001 von über 160 Prozent.

"Hinter all diesen Zahlen und Statistiken stecken Schicksale, Schicksale von Frauen und Kindern. Steigende Zahlen weisen nicht automatisch auf eine Zunahme der Gewalt hin sondern vor allem darauf, dass die Sensibilisierung zugenommen hat. Deshalb werde ich mich auch künftig vehement dafür einsetzen, dass alles getan wird, um Frauen vor Gewalt zu schützen und ihnen die notwendige Hilfe und Unterstützung zu bieten. Gewalt ist kein Kavaliersdelikt", betonte Frauenministerin Silhavy.
 
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