Leitl: EU kann mit intelligenter Klimastrategie weltweit Pionierrolle übernehmen   

erstellt am
20. 10. 08

WKÖ-Präsident Leitl und Voest-Generaldirektor Eder fordern Gratis-Zertifikate für Vorzeige-Unternehmen und monieren rasche Entscheidung der EU
Wien (pwk) - „Es liegt an Europa, mit einer vernünftigen Klimaschutzpolitik Pionierarbeit zu leisten und weltweit die Richtung vorzugeben“, sagte Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) beim WKÖ-Europatag über die Auswirkungen der EU-Klimapolitik auf die Industrie. „Mit einer intelligenten Strategie werden wir Nachahmer finden, nicht aber mit dem Schuss ins eigene Knie, der die Industrie und damit Zehntausende Arbeitsplätze aus Europa exportiert.“

EU-Klimapaket: In Österreich 170.000 Arbeitsplätze unsicher
Intelligent sei Klimaschutz dann, wenn moderne Technik belohnt und nicht bestraft und Unternehmen und Jobs gesichert und nicht aus Europa verjagt würden, betonte Leitl. Weder das eine noch das andere sei mit dem EU-Klimapaket gewährleistet wie es von Brüssel im Jänner vorgelegt und jüngst vom Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes in weiten Teilen bestätigt wurde. Ganz im Gegenteil: Allein in Österreich stehen mindestens 170.000 Stellen auf dem Spiel, EU-weit sind sogar 5 bis 8 Millionen zusätzliche Arbeitslose zu befürchten. „Wer das will, versündigt sich am Standort Europa“, warnte Leitl.

Kostenlose Verschmutzungszertifikate für umweltfreundliche Betriebe

Der Wirtschaftskammer-Präsident sprach sich deshalb für die Gratiszuteilung von Verschmutzungszertifikaten für energieintensive Best-practise-Unternehmen aus und monierte darüber hinaus eine rasche Verabschiedung und Festlegung aller wesentlichen Eckpunkte des Pakets: „Die Unternehmen brauchen Rechtssicherheit. Wenn sie jetzt investieren sollen, müssen sie kurzfristig und nicht erst 2010 oder 2011 wissen, wie die Spielregeln bis 2020 aussehen.“

Mit moderner Politik gemeinsam langfristige Lösungen suchen
Positiv äußerte sich Leitl über die Unterstützung, die er bei EU-Industriekommissar Günter Verheugen für die Anliegen der Wirtschaft gefunden hat. Verheugens Kabinettschefin Petra Erler, die den Kommissar bei der WKÖ-Diskussion vertrat, bestätigte die Notwendigkeit einer „intelligenten Lösung“. Ziel der EU sei eine moderne Industriepolitik mit langfristigen und stabilen Rahmenbedingungen. „Die dem internationalen Wettbewerb ausgesetzten Betriebe dürfen nicht aus Europa hinausgetrieben werden“, so Erler. Zugleich müsse man erkennen, dass Europa die Erde nicht alleine retten könne. „Wir müssen andere ins Boot holen.“ Als positiv wertete Erler Signale des dieswöchigen EU-Gipfels, den am stärksten betroffenen Unternehmen durch 100% Zuteilung von Gratiszertifikaten entgegen zu kommen.

Voest-Generaldirektor Wolfgang Eder wies mit alarmierenden Daten auf die drohenden Folgen der geplanten EU-Regeln für sein Unternehmen hin. Bei einer vollen Umsetzung des Auktionierungssystems ab 2013 müsse die Voest vorsichtig geschätzt mit Zusatzkosten von 300 bis 600 Millionen für den Emissionshandel rechnen. Sollte der Preis für eine Tonne CO2 gegen 100 Euro steigen, drohen sogar Kosten von 1,3 Milliarden Euro. „Dann sind wir in ein bis zwei Jahren weg, weil wir nicht mehr wettbewerbsfähig sind“, warnte Eder. Die volkswirtschaftlichen Kosten für Österreich wären enorm: Die Voest zahlt im Jahr rund 650 Millionen Euro an Steuern und Abgaben, gibt 850 Millionen Euro für Löhne und Gehälter aus und zeichnet mit fünf Milliarden Euro für fünf Prozent aller österreichischen Exporte verantwortlich.

„Es geht nicht darum, den Klimaschutz zu verhindern, sondern um eine vernünftige Balance“, appellierte der Voest-Generaldirektor und forderte ebenso wie WKÖ-Präsident Leitl ein Benchmarking-Modell für die Zuteilung der Zertifikate, bei dem die energieeffizientesten Unternehmen mit Gratiszertifikaten belohnt werden.
 
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