WKÖ-Präsident Leitl und Voest-Generaldirektor Eder fordern Gratis-Zertifikate für
Vorzeige-Unternehmen und monieren rasche Entscheidung der EU
Wien (pwk) - „Es liegt an Europa, mit einer vernünftigen Klimaschutzpolitik Pionierarbeit zu
leisten und weltweit die Richtung vorzugeben“, sagte Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich
(WKÖ) beim WKÖ-Europatag über die Auswirkungen der EU-Klimapolitik auf die Industrie. „Mit einer
intelligenten Strategie werden wir Nachahmer finden, nicht aber mit dem Schuss ins eigene Knie, der die Industrie
und damit Zehntausende Arbeitsplätze aus Europa exportiert.“
EU-Klimapaket: In Österreich 170.000 Arbeitsplätze unsicher
Intelligent sei Klimaschutz dann, wenn moderne Technik belohnt und nicht bestraft und Unternehmen und Jobs gesichert
und nicht aus Europa verjagt würden, betonte Leitl. Weder das eine noch das andere sei mit dem EU-Klimapaket
gewährleistet wie es von Brüssel im Jänner vorgelegt und jüngst vom Umweltausschuss des Europäischen
Parlamentes in weiten Teilen bestätigt wurde. Ganz im Gegenteil: Allein in Österreich stehen mindestens
170.000 Stellen auf dem Spiel, EU-weit sind sogar 5 bis 8 Millionen zusätzliche Arbeitslose zu befürchten.
„Wer das will, versündigt sich am Standort Europa“, warnte Leitl.
Kostenlose Verschmutzungszertifikate für umweltfreundliche Betriebe
Der Wirtschaftskammer-Präsident sprach sich deshalb für die Gratiszuteilung von Verschmutzungszertifikaten
für energieintensive Best-practise-Unternehmen aus und monierte darüber hinaus eine rasche Verabschiedung
und Festlegung aller wesentlichen Eckpunkte des Pakets: „Die Unternehmen brauchen Rechtssicherheit. Wenn sie jetzt
investieren sollen, müssen sie kurzfristig und nicht erst 2010 oder 2011 wissen, wie die Spielregeln bis 2020
aussehen.“
Mit moderner Politik gemeinsam langfristige Lösungen suchen
Positiv äußerte sich Leitl über die Unterstützung, die er bei EU-Industriekommissar Günter
Verheugen für die Anliegen der Wirtschaft gefunden hat. Verheugens Kabinettschefin Petra Erler, die den Kommissar
bei der WKÖ-Diskussion vertrat, bestätigte die Notwendigkeit einer „intelligenten Lösung“. Ziel
der EU sei eine moderne Industriepolitik mit langfristigen und stabilen Rahmenbedingungen. „Die dem internationalen
Wettbewerb ausgesetzten Betriebe dürfen nicht aus Europa hinausgetrieben werden“, so Erler. Zugleich müsse
man erkennen, dass Europa die Erde nicht alleine retten könne. „Wir müssen andere ins Boot holen.“ Als
positiv wertete Erler Signale des dieswöchigen EU-Gipfels, den am stärksten betroffenen Unternehmen durch
100% Zuteilung von Gratiszertifikaten entgegen zu kommen.
Voest-Generaldirektor Wolfgang Eder wies mit alarmierenden Daten auf die drohenden Folgen der geplanten EU-Regeln
für sein Unternehmen hin. Bei einer vollen Umsetzung des Auktionierungssystems ab 2013 müsse die Voest
vorsichtig geschätzt mit Zusatzkosten von 300 bis 600 Millionen für den Emissionshandel rechnen. Sollte
der Preis für eine Tonne CO2 gegen 100 Euro steigen, drohen sogar Kosten von 1,3 Milliarden Euro. „Dann sind
wir in ein bis zwei Jahren weg, weil wir nicht mehr wettbewerbsfähig sind“, warnte Eder. Die volkswirtschaftlichen
Kosten für Österreich wären enorm: Die Voest zahlt im Jahr rund 650 Millionen Euro an Steuern und
Abgaben, gibt 850 Millionen Euro für Löhne und Gehälter aus und zeichnet mit fünf Milliarden
Euro für fünf Prozent aller österreichischen Exporte verantwortlich.
„Es geht nicht darum, den Klimaschutz zu verhindern, sondern um eine vernünftige Balance“, appellierte der
Voest-Generaldirektor und forderte ebenso wie WKÖ-Präsident Leitl ein Benchmarking-Modell für die
Zuteilung der Zertifikate, bei dem die energieeffizientesten Unternehmen mit Gratiszertifikaten belohnt werden.
|