Preisverfall bei Getreide - Kommission verweigert weiter Marktmanagement bei Mais
Wien (bmlfuw/aiz) - Die Entscheidung der EU-Kommission zur Wiedereinführung von Importzöllen
für Getreide wurde am 23.10. im Amtsblatt L 250 der EU veröffentlicht. Die Verordnung tritt am dritten
Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft, also am 26.10. Ausgenommen von der Zollpflicht ist Getreide, das
sich am Tag der Veröffentlichung schon auf dem Weg in die EU befand.
Die Einfuhrzölle für Roggen und Sorghum betragen ab Sonntag Euro 19,11 pro t, für Weizen einfacher
und mittlerer Qualität im Rahmen von Kontingenten Euro 12,- pro t und außerhalb der Kontingente Euro
95,- pro t. Weizen wird damit wohl nur mehr im Rahmen der Importkontingente in die EU gelangen können. Weiters
werden für Futtergerste im Rahmen von Kontingenten Euro 16,- pro t eingehoben. Für Mais wurde vergangene
Woche ein Importzoll von Euro 8,68 pro t berechnet. Dieser Satz kann sich aber schnell wieder ändern.
Die Wiedereinführung der Getreidezölle wird als erstes Zeichen der Europäischen Kommission gewertet,
die von einem starken, extern und nicht von fundamentalen Marktdaten bestimmten Preisverfall gekennzeichneten Märkte
für Agrarrohstoffe in die Hand zu nehmen. Die Kommission gab letztlich dem Druck zahlreicher Mitgliedstaaten
- darunter auch Österreich - nach. Die Zölle waren seit Ende 2007 ausgesetzt. Die Kommission begründete
die Wiedereinführung der Zölle mit den gefallenen Getreidepreisen. Brotweizen koste in Hamburg und Rouen
weniger als Euro 180,- pro t. Außerdem sei der Binnenmarkt ausreichend mit Ware versorgt, sodass Importe
gebremst werden könnten.
Kommission verweigert weiter Marktmanagement bei Mais
Allerdings bleiben weiterhin schwerwiegende Probleme am EU-Maismarkt: Hier machen sich die hohen Produktionszahlen
2008 als "bearish" bemerkbar. Dabei hätten weder die EU noch Österreich aus der riesigen Ernte
2008 ein Überschussproblem, sie haben vielmehr ein Verteilungsproblem: Der französische Analyst Strategie
Grains erwartet in seinem Oktober-Bericht für die EU heuer bei einem Maisangebot von 64,1 Mio. t (60,4 Mio.
t Ernte plus 3,7 Mio. t Anfangsbestand, Ernte 2007: 47,9 Mio. t) bei 62,7 Mio. t Verbrauch und 1,5 Mio. t Export
sogar eine leicht negative Maisbilanz. Die Importe sollen drastisch von zuletzt (2007/08) 13,8 Mio. t auf 3,1 Mio.
t zurückgehen. Dasselbe gilt im Prinzip für Österreich. Laut AMA bestehe ausreichend Nachfrage und
Bedarf, um auch die große Maisernte Österreichs heuer von gut 2 Mio. t (plus 15%) am Markt unterzubringen.
Damit ist der Mais in Europa kein Überschuss-, sondern ein Verteilungsproblem. Er wächst nicht dort,
wo er gebraucht wird, wie in Spanien, und er kann dorthin nur zu hohen Kosten transportiert werden. Dies lässt
etwa die Verbraucher auf der iberischen Halbinsel lieber Mais aus Übersee heranschippern, weil sie das billiger
kommt.
Vor diesem Hintergrund werden die Forderungen aus der zentraleuropäischen Binnenlage an die EU-Kommission
immer lauter, mit der deutlichen Aufstockung der 2008/09 auf 700.000 t begrenzten Maisintervention auf das Zehnfache
und mit Zuschüssen zu den Transportkosten von Mitteleuropa auf die iberische Halbinsel ein Zeichen der Verantwortung
für das Management der Märkte zu setzen. So können in Österreich zurzeit im Schatten des "Großen
Bruders" Ungarn nicht einmal mehr die schwachen Preise der Euronext von aktuell gut Euro 130,- pro t gehalten
werden. Diese Woche fiel die Wiener Maisnotierung auf Großhandelsabgabestufe mit Euro 100,50 pro t schon
unter den Interventionspreis von Euro 101,31 pro t. Dennoch machte die EU-Kommission bisher keinerlei Anstalten
den Forderungen der mitteleuropäischen Mitgliedstaaten nach Marktmanagement nachzukommen und die Hoffnungen
darauf in Zukunft gelten auch als sehr begrenzt. |