Halle-Wittenberg (idw) - Steigende Anforderungen an die Transportkapazität
des Internets führen dazu, daß viele Daten über Glasfaser-Kabel übertragen werden. Dadurch
wird das Internet einem komplexen optischen Netzwerk immer ähnlicher. Solche Netzwerke könnten anfällig
sein für störende Effekte der Quantentheorie. Diese Prozesse untersuchen Physiker der Martin-Luther-
Universität Halle-Wittenberg gemeinsam mit Kollegen aus Israel. Für die Datenübertragung im Internet
besteht demnach vorerst keine Gefahr. Aber für die Vorgänge in bestimmten elektronischen Bauelementen
lassen sich neue Erkenntnisse gewinnen. Eine Zusammenfassung der Studie erscheint am 24.10. in der Zeitschrift
Physical Review Letters.
Der hallesche Juniorprofessor Dr. Jan Kantelhardt, sein Doktorand Lukas Jahnke und seine israelischen Partner können
anhand von Computersimulationen zeigen, daß neben einer ungestörten Weiterleitung der Lichtwellen die
Struktur (Topologie) des Netzwerks entscheidend ist. Wenn die Anzahl der Anschlüsse pro Computer im Netz einigermaßen
gleich verteilt ist und es zudem viele Dreiecks- Verbindungen gibt, schlägt der Effekt der "Lokalisierung"
zu. Eine Ausbreitung der Lichtwellen über weite Distanzen wird dann unmöglich.
Dieser Effekt ist vergleichbar mit einem Übergang von metallischer Leitung zu Isolator-Verhalten bei bestimmten
elektronischen Materialien. Beim Lichtwellennetz wird der Übergang aber durch die Netzwerk-Struktur und nicht
durch Unregelmäßigkeiten im Material ausgelöst. Der durch die Computersimulationen vorhergesagte
Effekt müsste sich in optischen Experimenten mit Laserlicht experimentell nachweisen lassen, so die Physiker.
"Die gute Nachricht ist, daß der gefundene Effekt für das Internet zunächst keine Gefahr bedeutet",
sagt Jan Kantelhardt. "Die heutige Technologie der Glasfaserkabel bewahrt nicht den quantenmechanisch notwendigen
Zusammenhalt der Lichtwellen bei der Weiterleitung ins nächste Kabel." Die wesentliche Bedeutung der
Forschungsergebnisse liege vor allem in dem erweiterten Verständnis des "Lokalisierungs- Effekts":
"Für uns theoretische Physiker ist besonders die Analogie zum Metall-Isolator-Übergang spannend,
denn so kann man mit einem optischen Netzwerk etwas über Vorgänge in elektronischen Bauelementen lernen." |