Die Interbankenmärkte in CEE funktionieren nach wie vor gut – CEE-Banken zeigen sich
gegenüber westeuropäischen Banken bei der Aufbringung von Primärmitteln überlegen
Wien (erste bank) - Die Doppelbelastung durch die globale Liquiditätskrise und Angst vor einer
schmerzhaften Wachstumsverlangsamung in der Eurozone wirkt sich negativ auf die Risikoprämien in Zentral-
und Osteuropa (CEE) aus. Die Credit Spreads, die bereits Mitte-September einen Spitzenwert erreichten, sind in
den vergangenen Wochen weiter auf ein neues Allzeithoch gestiegen. Der Hauptgrund dafür war in den Liquiditätsproblemen
europäischer Banken (Fortis, Dexia, Hypo Real Estate, isländische Banken) zu suchen. Die Kosten für
die Absicherung von Staatsobligationen sind angesichts des steigenden Ausfallrisikos stark gestiegen. Für
Ungarn und Polen haben sich die Spreads für CDS auf 396 BP bzw. 185 BP ausgeweitet, während der Spread
für die Tschechische Republik derzeit bei 145 BP steht. Die Entwicklung der Risikobewertung der Länder
und die jüngsten Meldungen im Hinblick auf einige CEE-Finanzwerte sind ein deutliches Zeichen für das
fehlende Vertrauen der Anleger. Sie sagen, dass eine Kreditknappheit sehr schnell da sein kann und verlangen entsprechend
hohe Risikoprämien.
"Die Besorgnis in Bezug auf eine Kreditverknappung in CEE ist nach unserer Meinung aus fundamentaler Sicht
unbegründet. Die Banken in CEE sind von der Subprime-Krise infolge fehlender Engagements nicht betroffen und
mussten auch keine entsprechenden Abschreibungen vornehmen . Die Unterschiede zwischen den Leitzinsen und Geldmarktzinsen
weisen auf ein wesentlich höheres Vertrauen der lokalen Banken untereinander hin. Außerdem stellen wir
fest, dass die CEE-Banken im Aufbringen von Primärmitteln (und deren Weitervergabe in Form von Krediten) wesentliche
effektiver agieren als die Banken in Westeuropa", sagt Alihan Karadagoglu, Credit Research Analyst bei der
Erste Group.
In diesen auf den Finanzmärkten turbulenten Zeiten suchen die Anleger nach einem sicheren Hafen. Staatsanleihen
und die Papiere staatsnaher Emittenten sind besonders gefragt. Weiters zeigen Anleger erhöhtes Interesse an
Unternehmen defensiver Branchen mit relativ gesichertem Cashflow. "Wenn wir uns die Performance von manchen
Euro-denominierten Anleihen aus defensiven Branchen wie Telekoms und Versorger in CEE (inkl. Österreich) anschauen,
so übertreffen diese ihre Branchenindizes seit Mitte September. Speziell Papiere mit kurzen Laufzeiten stechen
mit positiven Ertragsziffern hervor. Dies lässt sich durch die gegenwärtigen Marktbedingungen erklären:
Die Investoren begrenzen das Durationsrisiko indem sie kurzfristige Papiere bevorzugen", betont Karadagoglu.
Auch auf dem Primärmarkt zeigen die Emittenten eine Vorliebe für kurze Laufzeiten; damit vermeiden sie
die Belastung durch die (durchschnittlich) hohen Refinanzierungskosten über viele Jahre. Die neuen Emissionen
müssen attraktive Preise aufweisen. Daher ist - aufgrund der hohen Spreads der neuen Eurobonds - in manchen
Fällen auf dem Sekundärmarkt mit einer Neubewertung bestehender Anleihen zu rechnen. Es wird ein hohes
Volumen ausstehender Fälligkeiten von CEE-Unternehmens- und Bankanleihen im Jahr 2009 geben. Das ausstehende
Volumen mit Laufzeiten bis Ende 2008 beläuft sich auf rund EUR 1.283 Mio. für Unternehmensanleihen (davon
entfällt ein großer Teil auf die polnische Telekom TPSA) und EUR 2.136 Mio. für Bankanleihen. In
den nächsten Monaten dürften die Kreditmärkte weitgehend "geschlossen" bleiben. "In
Anbetracht dieser Situation (hohe Credit Spreads) gehen wir davon aus, dass die Unternehmen ihre Schulden 2008
hauptsächlich aus dem Cashflow und mit Bankkrediten bedienen werden. Allerdings werden die Banken bei der
Kreditvergabe auch in CEE selektiver vorgehen und höhere Risikoprämien verlangen", schließt
Karadagoglu.
Das Qualitätsniveau von CEE-Unternehmensanleihen ist weiterhin relativ robust. Bonitätsprobleme bleiben
auf wenige Fälle beschränkt. Die Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Upgrades und Downgrades
erklärt sich in erster Linie durch die negative Rating-Entwicklung bei Speculative Grade Unternehmen. In den
letzten drei Quartalen gab es im CEE-Ratinguniversum von Moody's einschließlich russischer und bulgarischer
Unternehmen sieben Downgrades bei vier Emittenten (drei wurden zweimal heruntergestuft) und zwei Upgrades*) .
Aussichten
- Die Kreditmärkte begrüßen den koordinierten Ansatz, den die europäischen Länder zur
Stützung der Finanzmärkte eingeschlagen haben. "Es wird jedoch einige Zeit dauern, bis auf den eingefrorenen
Kreditmärkten wieder Tauwetter einsetzt. Daher wird die volatile Entwicklung der Spreads von CDS anhalten
bis das Vertrauen wiederhergestellt ist und die Zinsdifferenzen dürften auf entsprechend hohem Niveau bleiben."
- CEE-Unternehmen aus der Kategorie Investment Grade zeichnen sich generell durch einen hohen Cashflow aus. Außerdem
ist die Liquidität zusätzlich durch Kreditlinien bei Banken gesichert. Daher gehen wir davon aus, dass
bei diesen Unternehmen keine Liquiditätsrisiken zu erwarten sind. Allerdings sind die operativen Cashflows
durch die Konjunkturverlangsamung sehr wohl gefährdet, speziell in zyklischen Branchen und bei Unternehmen
Kategorie Speculative Grade, wo 2009 mit Bonitätsverschlechterungen gerechnet werden muss.
- In den nächsten Monaten dürfte der Primärmarkt nach unserer Einschätzung geschlossen bleiben.
Wo neue Anleihen emittiert werden, ist in manchen Fällen mit einer Neubewertung bestehender Emissionen auf
dem Sekundärmarkt zu rechnen. "Wir bevorzugen vor allem CEE-Eurobonds von Emittenten aus defensiven Branchen
- Telecoms und Versorger - die generell stabile Cashflows erwirtschaften und ein günstigeres Risiko-Ertragsprofil
aufweisen als ihre westeuropäischen Vergleichsunternehmen", so die Zusammenfassung von Alihan Karadagoglu,
Credit Analyst bei der Erste Group.
*) Downgrades (alle in der Kategorie Speculative Grade): Zlomrex (polnischer Stahlproduzent;
Caa1), Irkut (russischer Flugzeugbauer, Ba2), NAK Naftogaz Ukrainy (B1), Kremikovtzi (bulgarischer Metall- und
Eisenkonzern; Ca), Vestel Elektronik (türkisches Technologieunternehmen; B2) und Upgrades: TPSA Telekomunikacja
Polska (A3), Megafon (russischer Mobilfunkbetreiber; B2) unter anderen.
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