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Nationalrat beschließt "Bankenpaket" |
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erstellt am
21. 10. 08
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Gusenbauer:
"Wir schenken den Banken nichts"
Bankenpaket erster Schritt - Konjunkturmaßnahmen müssen folgen
Wien (sk) - "Der Markt, der sich nur selbst reguliert, funktioniert nicht", betonte Bundeskanzler
Alfred Gusenbauer am 20.10. bei der Sondersitzung des Nationalrates. Das österreichische Bankenpaket sei "in
der Lage die Lawine zu stoppen", zeigte sich der Bundeskanzler zuversichtlich, es müsse aber klar sein,
daß dieses Paket ein wichtiger, aber nur erster Schritt sein könne - ein Konjunkturpaket müsse
folgen. "Wir schenken den Banken nichts, wir stellen Garantien zur Verfügung. Es wird nicht in die Tasche
der Steuerzahler gegriffen, sondern der Staat stellt Sicherheiten zur Verfügung", stellte Gusenbauer
einmal mehr klar.
Europa habe gezeigt, daß es in der Lage ist, "erfolgreiches Krisenmanagement" bei einer globalen
Krise zu leisten, betonte Gusenbauer, der sich "nicht vorstellen möchte, wie die Krise ausgesehen hätte,
wenn wir den Euro nicht gehabt hätten", als Beispiele nannte der Bundeskanzler Ungarn und Island. Diese
"Dramatisierung" sei Österreich durch die Mitgliedschaft in der Eurozone erspart geblieben, weil
"wir eine der stabilsten Weltwährungen und damit einen sicheren Hafen haben". Europa habe nun einen
"Werkzeugkasten zur Verfügung gestellt", aus dem die einzelnen Mitgliedstaaten nun entscheiden könnten,
wie sie die Krise bekämpfen, erläuterte Gusenbauer bildhaft.
Das österreichische Bankenpaket sei ein wichtiger Schritt, allerdings ließe sich langfristig das Vertrauen
der Menschen nur durch eine internationale Finanzordnung und effizientere Kontrolle und Überwachung wiederherstellen,
betonte Gusenbauer. Dabei stellte der Bundeskanzler aber klar: "Das heißt nicht, daß wir alles
niederregulieren, aber wir brauchen jene Regeln, die notwendig sind, damit sich die Märkte nicht selbst zerstören."
Koordiniertes Vorgehen zur Ankurbelung der Konjunktur
Allein mit dem Bankenpaket könne man es aber nicht bewenden lassen, denn die Angst vor einer realen
Rezessionsgefahr ist ernst zu nehmen. Gusenbauer sprach sich für ein koordiniertes Vorgehen aus, um die Konjunktur
anzukurbeln. Als Beispiel nannte er: Die Unterstützung von Klein- und Mittelunternehmen, eine Stärkung
der Kaufkraft durch ein Vorziehen der Steuerreform und das Umsetzen von Infrastrukturprojekten. "Wir müssen
jetzt für mehr Vertrauen in das Finanzsystem sorgen und die Konjunktur ankurbeln", so der Bundeskanzler. |
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Molterer: Die Politik ist verpflichtet, rasch, konsequent und umfassend zu handeln
Finanzminister sieht in Finanzkrise große Chance für Europa
Wien (övp-pk) - "Die internationalen Finanzmärkte befinden sich in einer kritischen
Situation, die negative Auswirkungen auf Wirtschaft, Wachstumsperspektive und damit Beschäftigung haben. In
einer solchen Situation ist die Politik verpflichtet, rasch, konsequent und umfassend zu handeln. Wir müssen
den Sparern Sicherheit und den Banken Stabilität geben. Und wir müssen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung
unsere politische Verantwortung für Wachstum, Beschäftigung und Konjunktur wahrnehmen", sagte Finanzminister
Mag. Wilhelm Molterer am 20.10. im Rahmen der Sondersitzung des Nationalrates, in der das Bankenpaket der Regierung
beschlossen wird.
"Europa hat sich in dieser Krise besonders bewährt, der Euroraum hat ein klares Signal gesetzt. Die
gemeinsame Währung hat uns vor gröberen Auswirkungen geschützt, die Europäische Zentralbank
kann als europäische Institution rasch und richtig reagieren. Währung und EZB befinden sich dabei auf
Augenhöhe mit anderen Institutionen der Welt. Diese europäische Perspektive braucht es in der Krisenbewältigung",
betonte Molterer und dankte Bundeskanzler Gusenbauer und Außenministerin Plassnik für deren Kooperation.
"Wir haben dem Bankenpaket das europäische Fundament zugrunde gelegt." Das beinhaltet das Paket:
- "Wir geben den Menschen durch die Einlagensicherung Sicherheit für ihre Einlagen. Diese Einlagensicherung
gilt für natürliche Personen unbegrenzt und bis 50.000 Euro auch für Klein- und Mittelunternehmen."
- "Wir haben die rechtliche Grundlage geschaffen, um den Banken die nötige Liquidität zu geben.
Dadurch kommt und bleibt der Finanzkreislauf in Gang. Dafür wird auch die Clearingstelle geschaffen und die
Haftung des Bundes eingesetzt." Molterer: "Das gibt es nicht zum Nulltarif. Die Banken zahlen dafür
Haftungsentgelt."
- Wenn notwendig, wird die Eigenkapitalausstattung sichergestellt. Die Republik kann damit als ultima ratio Eigentumsrechte
übernehmen. Somit spannt der Staat einen Schutzschirm, damit keine Wettbewerbsnachteile entstehen.
- Durch das Verbot zeitlich befristeter Lehrverkäufe wird der Spekulation ein Riegel vorgeschoben.
- Per Verordnung kann der Finanzminister künftig, wenn notwendig, die Spielregeln mitbestimmen - etwa bei
der Begrenzung von Managergehältern, bei der Dividendenpolitik, bei den richtigen Investitionen von Banken
etwa in Klein- und Mittelunternehmen. Molterer: "Dieses Instrument ist eine positive Einflussmöglichkeit
des Finanzministers".
"Die Haftungen des Staates sind ein Schutzschirm. Damit wollen wir vermeiden, daß direktes Steuergeld
eingesetzt werden muß. Niemand will natürlich, daß diese Haftungen tatsächlich schlagend
werden", sagte der Finanzminister.
"Neben der Krisenbewältigung kommt uns aber eine zweite große Aufgabe zu: nämlich, zu erkennen,
was wir daraus lernen können. Europa muß mit neuen Bewertungsrichtlinien, Eigenkapitalrichtlinien, Richtlinien
für Managementgehälter, mit der Europäischen Rating-Agentur und der Europäisierung der Aufsichten
die richtigen Antworten geben. Am Ende des Prozesses muß als logische Konsequenz eine europäische Aufsicht
stehen", fügte Molterer hinzu. Mit dem Vorschlag der Spekulationssteuer und der Finanztransaktionssteuer
werde Österreich in den europäischen Prozess auch neue Perspektiven einbringen. "Diese Instrumente
sind unverzichtbar, wenn wir in Europa und weltweit langfristig neue Fundamente schaffen wollen."
Dies sei die dritte große Aufgabenstellung, die Molterer sieht: die Neugestaltung der weltweiten Finanzarchitektur.
"Jetzt besteht die große Chance, daß Europa aus der Krise heraus die richtige europäische
Initiative setzt und als Trendsetter weltweit die Spielregeln bestimmt. Das ist eine große Chance für
Europa, für unsere Heimat und unsere Wirtschaft. Ein neues europäisches Selbstbewusstsein muß dazu
führen, daß etwa die USA nicht mehr alleine die Spielregeln bestimmen und dann selbst nicht einhalten",
fuhr der Finanzminister fort. "Tatsächlich bilden die USA bereits das europäische System in den
eigenen Reihen nach. Damit hat Europa die grundsätzliche Chance, die soziale Marktwirtschaft weltweit als
Fundament zugrunde zu legen - mit klaren Spielregeln, Transparenz der Märkte und der Aufsicht. Das ist die
Aufgabe des Staates im Sinn der sozialen Marktwirtschaft."
"In Österreich brauchen wir die richtige Antwort auf die Konjunkturperspektive. Wir wollen und müssen
das Kreditvolumen, das die europäische Investitionsbank sicher stellt, für unsere Arbeitsplätze
und KMUs bestmöglich nutzbar machen. Ein solides Fundament unserer Staatsfinanzen haben wir", sagte der
Vizekanzler und dankte abschließend allen Fraktionen des Hauses, die in einer ungewöhnlichen Situation
so koordiniert und konsequent reagiert haben. "Das sollten wir in wichtigen Grundsatzfragen auch in Zukunft
so halten."
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Strache: Bankenpaket weist noch einige Fragen auf
FPÖ-Obmann kritisiert Fehleinschätzungen am Anfang der Krise
Wien (fpd) - In seiner Rede zum Bankenpaket erklärte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache,
dass seine Partei diesem zustimmen werde, weil es ein Weg in die richtige Richtung sei. Ausreichend sei es aber
nicht und auch nicht so risikofrei, wie SPÖ und ÖVP behaupten würden. Man müsse auch die Bürger
und die KMU mit einem raschen Konjunkturpaket entlasten. Strache kritisierte auch die Fehleinschätzungen am
Anfang der Krise. Auch in der EU habe das Frühwarnsystem gefehlt. Den Regierungsparteien warf der FPÖ-Chef
Pharisäertum vor, sie seien die Blockierer der letzten Jahre gewesen. Wie Strache weiter ausführte, würden
durch die Krise vor allem zwei Gruppen massiv geschädigt: Zum einen jene, die in die zweite und dritte Säule
der Pensionsvorsorge investiert hätten, und zum anderen jene, die Kredite aufgenommen für ihr Eigenheim
aufgenommen hätten und jetzt mit Mehrzahlungen konfrontiert seien.
Das Finanzsystem leiste einen wesentlichen Beitrag für das Funktionieren der gesamten Wirtschaft, so Strache
weiter. Funktioniere es, stelle es für Unternehmen und Bürger den Zugang zu Krediten sicher und ermögliche
die notwendigen Investitionen. Allerdings sei der Inter-Banken-Markt beinahe vollständig zum Erliegen gekommen.
Dies bedeute, dass sich die Banken gegenseitig kein mehr Geld leihen, so dass auch solide Banken ihren Verpflichtungen
nicht mehr nachkommen könnten.
"Durch mangelnde Transparenz auf den Finanzmärkten wurden die Risiken des Finanzgeschäftes verästelt
und überall auf der Welt an Kunden weitergegeben", sagte Strache. "Am Ende wusste niemand mehr,
wer die Risiken gekauft hat. So haben z.B. die Banker die Risiken aus dem US-Immobiliengeschäft, teilbar und
handelbar gemacht. So wussten am Ende weder die Behörden noch die Käufer, wo Risiken in welcher Höhe
verpackt waren. Das Problem ist, man kann Risiken so oft teilen wie man will, aber sie bleiben als Summe bestehen."
Die Finanzkrise werde sich mit einer Wucht auf die reale Wirtschaft durchschlagen, die vor kurzem noch nicht für
möglich gehalten wurde, warnte Strache. "Die Krise frisst sich mit beängstigender Geschwindigkeit
ins Fundament des Finanzsystems und gefährdet damit die Geldversorgung der Realwirtschaft. Sie gefährdet
den Mittelstand, sie gefährdet die Arbeitsplätze."
Das Paket der Bundesregierung weise aber einige Fragen auf, erklärte Strache. Bei einer möglichen Verstaatlichung
gelte es zu klären, wer darüber entscheide, welche Banken gerettet werden sollten. "Und wird das
dann wie üblich brav zwischen Rot und Schwarz aufgeteilt? Und wie wird dafür Sorge getragen, dass die
staatlichen Maßnahmen den Wettbewerb in der Bankenbranche nicht völlig verzerren?"
Strache thematisierte auch die exorbitante Managergehältern in den Banken und forderte einen Offenbarungseid.
Denn die Manager würden Verantwortung tragen und müssten auch zur Haftung herangezogen werden können. |
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Westenthaler will genaue Kontrolle
"Vergelt's Gott für die Anteilnahme am Tod Jörg Haiders"
Wien (bzö) - "Der Staat ist nicht der beste Banker, er hat nur mehr Geld", warnte
BZÖ- Klubobmann Peter Westenthaler vor einer Verstaatlichungswelle im Sog des Banken-Pakets. Zu Beginn seiner
Rede dankte er aber allen seinen Kollegen im Nationalrat für die ehrliche und aufrichtige Anteilnahme am Tod
des BZÖ-Obmanns Dr. Jörg Haider, der "Zeit seines politischen Wirkens ein leidenschaftlicher Parlamentarier
war."
Verwundert ist Westenthaler über die Höhe des Gesamtpakets von 100 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Spanien
bietet ebenfalls 100 Mrd. auf, die BRD 400 Mrd., die USA 700 Mrd. Die Begründung Gusenbauers, daß der
Finanzsektor Österreichs einen wesentlich höheren Wertschöpfungsanteil am BIP hat als in anderen
Ländern könne nicht gelten; denn laut Eurostat liege der Wert fast in allen europäischen Ländern
bei rund 4 Prozent. Da müsse man schon damit rechnen, daß die Österreicher fragen, "woher
nimmt die Regierung das Geld?"
"Jahrelang wurde erklärt, es ist kein Geld da", so Westenthaler. Nun dränge sich die Frage
auf "wer zahlt?" Deshalb müsse auch klar gesagt werden, ob das Banken-Paket nicht der Grundstein
für Schulden der nächsten Generation wird. Aus diesem Grund verlangt Westenthaler auch strenge Kontrollmechanismen.
"Das Parlament, wir alle, sind als Treuhänder der Steuergelder gefordert", erinnerte Westenthaler
und forderte, daß ein Mitwirkungsausschuss im Nationalrat beschlossen wird. "Es kann nicht sein, daß
der Steuerzahler für den Getriebeschaden des so genannten Turbokapitalismus zahlt", warnte Westenthaler.
Westenthaler fragt aber auch, wo die Gegenleistungen für die Haftungsgarantien blieben - auch wenn die wirtschaftliche
Situation in Österreich noch lange nicht so schlimm sei wie in anderen Ländern. Vorbeugung sei wichtig,
denn "man kann nicht die Gewinne privatisieren und die Verluste sozialisieren."
Deshalb sei es unabdingbar, daß es im Falle des Falles auch eine Offenlegung und vollständige Transparenz
wie seinerzeit bei der BAWAG gebe, so der BZÖ-Klubobmann. Diesbezügliche Ideen des BZÖ flossen auch
ein. "Der Steuerzahler muß das Recht haben, volle Einsichtnahme zu erhalten." Wichtig ist für
Westenthaler auch ein Verhaltenskodex für Manager, um Misswirtschaft verhindern zu können. "Es darf
kein zügelloses Abcashen und Einsacken geben!"
Eindringlich warnt Westenthaler vor der "sozialdemokratischen Romantik der Verstaatlichung". Eine neue
Verstaatlichungswelle als Folge des Banken-Pakets dürfe nicht entstehen. "Der Staat ist nicht der bessere
Banker, er hat nur mehr Geld", so Westenthaler, der auf die vergangenen Pleiten und Probleme bei DDSG, Semperit
und der BAWAG hinwies. Der Staat solle aber unbedingt Kernaufgaben des Schutzes und der Sicherung wahrnehmen.
Neben dem nötigen Banken-Paket ist für Westenthaler auch ein Entlastungspaket dringend nötig. Die
vorgezogene Steuerreform "2010 ist zu spät, Herr Finanzminister!", könne die Kaufkraft nachhaltig
heben. Gleichzeitig ist auch das oft zitierte Konjunkturpaket mit einem Mittelstandsfonds unerlässlich. Diese
Forderung des BZÖ könnte schon allein durch eine Förderung der zig-tausenden Ein-Mann-Betriebe vorbeugend
für ein größeres Angebot an Arbeitsplätzen sorgen.
"Rasches Handeln ist jetzt notwendig", verlangte Westenthaler. Schon in der nächsten Sitzung könnte
ein Konjunkturpaket mit den vom BZÖ präsentierten Punkten ähnlich dem Banken-Paket rasch beschlossen
werden, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. |
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Lunacek: "Ablehnung der Börsenumsatzsteuer völlig unverständlich"
Grüne sehen erste Rückschritte der Regierung nach Bankenpaket
Wien (grüne) - "Die Ablehnung einer Börsenumsatzsteuer für Österreich -
als auf nationaler Ebene sinnvoller Schritt bis zur Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer
- durch SPÖ und ÖVP sowie FPÖ und BZÖ heute ist völlig unverständlich", erklärte
die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek nach Ende der Sondersitzung des Nationalrates.
"Österreich könnte und sollte mit gutem Beispiel voran gehen und sich vehement und nicht nur mit
Lippenbekenntnissen im Rahmen der EU für die Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer einsetzen,"
so Lunacek.
"Mit der heute von den Grünen beantragten Börsenumsatzsteuer - sie wurde 2000 von ÖVP und FPÖ
abgeschafft - hätte Österreich "ein Zeichen dafür setzen können, daß hemmungslose
Spekulationen nicht hingenommen werden", erklärte Lunacek. "Damit würden dann etwaige österreichische
Vorstöße zur Einführung einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene und dann auf globaler
Ebene glaubwürdiger", bedauerte Lunacek die Ablehnung aller anderen Parteien. |
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