Wien (pk) - Eingeleitet wurde die Diskussion über das Interbankmarktstärkungsgesetz und Finanzmarktstabilitätsgesetz
im Nationalrat durch eine Stellungnahme von Bundeskanzler Dr. GUSENBAUER. Er machte geltend, dass die aktuelle
Finanzmarktkrise nur Teil einer globalen, weiter reichenden Krise sei. So verwies er etwa auf die in den letzten
Monaten stark gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise, das enorme Außenhandelsdefizit mancher Staaten,
die Klimakrise und das steigende Ungleichgewicht zwischen Rohstoff produzierenden und Rohstoff konsumierenden Ländern.
Als eines der Hauptprobleme der Finanzmarktkrise sieht Gusenbauer das derzeit fehlende Vertrauen zwischen den Banken.
Aufgrund dieser Vertrauenskrise bekämen auch gut dastehende Banken nicht das notwendige Kapital, das sie brauchen,
um Kredite an Unternehmen und "den kleinen Häuselbauer" zu vergeben, skizzierte er. Es habe sich,
so der Kanzler, gezeigt, dass sich der Markt nicht selbst regulieren könne, sondern dabei sei, sich selbst
zu ruinieren, wenn man nicht eingreife. Die Politik sei aufgefordert gewesen, rasch zu handeln.
Auf EU-Ebene hatte nach Meinung Gusenbauers das Treffen der Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder zentrale
Bedeutung für die Stabilisierung der Finanzmärkte. Die Mitglieder der Euro-Zone hätten sich auf
einen gemeinsamen Aktionsplan geeinigt, der, wie er erklärte, im Wesentlichen ein "Werkzeugkasten"
sei. Es bleibe den einzelnen Ländern überlassen, welche Werkzeuge davon sie einsetzten. Er wolle sich
nicht vorstellen, wie sich die Krise ausgewirkt hätte, wenn es in weiten Teilen der EU nicht den Euro gäbe,
sagte Gusenbauer, zu den bestehenden Problemen wären mit Sicherheit noch Devisenspekulationen dazugekommen.
Dass das österreichische Bankenpaket verhältnismäßig groß ausgefallen ist, begründete
Gusenbauer damit, dass der österreichische Bankenanteil am Bruttosozialprodukt höher sei als in anderen
Ländern wie zum Beispiel Deutschland. Gleichzeitig zeigte er sich zuversichtlich, dass das geschnürte
Maßnahmenpaket imstande sein werde, "die Lawine zu stoppen". Das Paket könne aber nur ein
erster Schritt sein, bekräftigte der Kanzler, auf lange Sicht müsse es zu einer neuen internationalen
Finanzordnung mit einer effizienteren Kontrolle kommen.
Ausdrücklich unterstrichen wurde von Gusenbauer, dass mit dem vorliegenden Paket den Banken "nichts geschenkt
wird". Der Staat stelle lediglich Haftungen zur Verfügung, für die die Banken zahlen müssten.
Sollten diese darüber hinaus Eigenkapital benötigen, könnte der Staat die erworbenen Anteile zu
einem späteren Zeitpunkt wieder gewinnbringend verkaufen. "Es wird nicht in die Taschen der Steuerzahler
gegriffen", versicherte der Kanzler.
Warum sich die Börsen trotz der EU-weiten Maßnahmenpakete noch nicht beruhigt haben, führte Gusenbauer
auf eine "sehr manifeste Rezessionsangst" zurück. Diese Rezessionsgefahr sei keine eingebildete,
sondern eine reale, bekräftigte er. Deshalb hätten sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder
beim Europäischen Rat auch darauf verständigt, dass etwas getan werden müsse, um Wachstum und Beschäftigung
zu fördern. Das Beste wäre es, wenn die EU-Länder in dieser Frage ebenso koordiniert vorgehen würden
wie bei der Eindämmung der Finanzkrise, betonte Gusenbauer. Der Kanzler strebt unter anderem steuerliche Anreize
für Unternehmen zur Ankurbelung von Investitionen, eine Stärkung der Kaufkraft durch Steuerentlastungen
für ArbeitnehmerInnen und das Vorziehen von Infrastrukturprojekten an.
Die Politik sei angesichts der kritischen Situation auf den Finanzmärkten und der daraus resultierenden negativen
Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung verpflichtet, rasch, konsequent und umfassend zu handeln, betonte
Finanzminister Mag. MOLTERER. Es gehe darum, den Sparern Sicherheit und den Banken Stabilität zu geben. Die
europäischen Institutionen hätten sich in dieser Situation bewährt, die Europäische Zentralbank
habe auf Augenhöhe agieren können. In der zur Debatte stehenden Vorlage sei nicht nur die Sicherheit
der Spareinlagen für Private ohne Begrenzung vorgesehen, sondern auch der Einlagen von kleinen und mittleren
Unternehmen bis 50.000 €. Es werde auch die rechtliche Grundlage geschaffen, damit den Banken die notwendige Liquidität
zur Verfügung stehe und so der ökonomische "Blutkreislauf" in Gang gehalten werde. Die Banken
hätten dafür ein Haftungsentgelt zu entrichten, betonte der Finanzminister. Als "ultima ratio"
könnte der Staat auch Eigentumsrechte übernehmen. Zudem werde es als neues Instrument ein zeitlich befristetes
Verbot für Leerverkäufe geben, und schließlich werde es neue Spielregeln geben, nach denen der
Staat bei Managergehältern mitbestimmen und Auflagen vorsehen können. Dieses Paket stelle einen "Schutzschirm"
dar, durch den verhindert werden solle, dass Geld der Steuerzahler direkt eingesetzt werde müsse.
Molterer ging dann auf europäische Maßnahmen – EU-weite Einlagensicherung, eine europäische Ratingagentur,
die Europäisierung der Aufsicht – ein. Eine Vernetzung der nationalen Aufsichtbehörden reiche nicht,
betonte der Finanzminister, es brauche eine europäische Aufsicht. Schließlich sei eine Finanztransaktionssteuer
"unverzichtbar".
Bei der anstehenden Neugestaltung der weltweiten Finanzarchitektur sei Europa der Trendsetter, der die Spielregeln
bestimme, fuhr Molterer fort und sah darin eine große Chance und einen Beweis für ein neues europäisches
Selbstbewusstsein. Klare Spielregeln, Transparenz und Aufsicht – mit diesen Worten fasste der Minister die aktuellen
Notwendigkeiten zusammen. Auch hinsichtlich der Konjunktur gehe es jetzt darum, die "richtigen Perspektiven
zu setzen", etwa in Richtung der KMU, und dies auf dem soliden Fundament der Staatsfinanzen.
FPÖ-Klubobmann STRACHE merkte kritisch an, dass das Paket nicht auch Maßnahmen für die Stärkung
der Konjunktur vorsehe, und forderte ein entsprechendes Paket ein, zumal dies in den letzten Jahren verabsäumt
worden sei. Strache erinnerte in diesem Zusammenhang an die Forderung seiner Fraktion auf ein Steuerentlastungspaket
im Ausmaß von 6 Mrd. €. Das zur Debatte stehende Paket von 100 Mrd. € berge auch Risken, betonte Strache.
Das europäische Frühwarnsystem habe in der gegenwärtigen Krise versagt; dass davon viele betroffen
seien, illustrierte der Redner am Fall eines Bauleiters. Zu den Geschädigten zählten auch jene, die in
die 2. und 3. Säule der Pensionsvorsorge investiert hätten, sowie zahlreiche Kreditnehmer. Seine Fraktion
werde, auch wenn das Vertrauen in die Regierung schwer gemacht worden sei, dem Paket zustimmen.
Es gehe darum, den BürgerInnen den Zugang zu Krediten sicher zu stellen und insgesamt das Vertrauen in die
Banken und in den Finanzmarkt zu stärken, betonte Strache. Er appellierte an die Regierung, auch die Vorschläge
der Opposition ernst zu nehmen. "Der Neoliberalismus, diese Geißel der Menschheit, ist gescheitert",
lautete der Befund des FPÖ-Klubobmanns. Strache befürchtete, die Krise der Finanzmärkte würde
auf die Realwirtschaft durchschlagen, es sei daher notwendig gegenzusteuern.
SPÖ-Klubobmann Dr. CAP fasste als Erkenntnis aus der Krise zusammen, der Staat müsse offenbar den Markt
vor sich selbst schützen. Es sei ein Irrweg gewesen, auf die 2. und 3. Säule der Pensionsvorsorge zu
vertrauen: Investitionen in den Pensionsfonds seien "den Börsebach hinunter geschwommen", sagte
Cap pointiert. Privat sei eben nicht immer besser und nicht immer die Lösung. Als konkrete Erfordernisse nannte
Cap die Verfolgung von Malversationen "mit aller Härte", die Herstellung richtiger Relationen bei
den Managergehältern und die Verschärfung der Aufsichtsmaßnahmen – das Gegenargument, dies würde
zu einer Kapitalflucht führen, ließ der Redner nicht gelten.
Mit dem zur Diskussion stehenden Paket wolle man vor allem Vertrauen schaffen, betonte der SP-Klubchef. Wer Europa
bisher mit Zweifel gegenüber gestanden sei, sollte jetzt überzeugt sein: Die Eurozone, die starke Währung
habe sich in der Krise als Positivum erwiesen. Jetzt aber müssten europäische und nationale Konjunkturprogramme
anlaufen, um den Konsum zu stimulieren. Die Lehren von Keynes und die Politik Kreiskys seien jetzt in einem anderen
Licht zu sehen als "in der neoliberalen Euphorie", stellte Cap fest und betonte, Bereiche wie Gesundheit,
Soziales, Pensionen, Bildung und Sicherheit dürften nicht den freien Kräften des Marktes überlassen
werden.
Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zum vorliegenden Paket in Dritter
Lesung an und interpretierte die Maßnahmen vor allem als Rettungsprogramm zugunsten von Wirtschaft und Steuerzahlern.
Hätte man nicht sofort gehandelt, dann wären mit Sicherheit katastrophale Auswirkungen ähnlich jenen
der Weltwirtschaftskrise 1929 eingetreten, war für den Redner klar. Irritiert zeigte sich Van der Bellens
über den Umstand, dass Gewinne nach wie vor privatisiert, Verluste hingegen sozialisiert werden. Als Provokation
empfand er zudem auch die hohen Boni der Banker. Handlungsbedarf bestand für den Klubobmann der Grünen
überdies bei den Finanzmarktaufsichten, die den Entwicklungen, wie er sagte, immer hinterhergelaufen sind.
Finanzprodukte seien schneller entwickelt worden, als sie verstanden oder gar beaufsichtigt werden konnten. Wenn
man dieses Problem nicht in den Griff bekommt, dann werde es in zehn Jahren eine neue Krise geben, warnte Van der
Bellen.
Die Reaktion der EU würdigte der Redner als beeindruckend, wobei er aus den jüngsten Ereignissen aber
auch die Notwendigkeit von Reformen und Vertragsänderungen auf europäischer Ebene ableitete. An die Adresse
der SPÖ gerichtet stellte er fest, es sei fraglich, ob die Sozialdemokraten angesichts solcher komplexer Fragen
noch immer Volksabstimmungen für Vertragsänderungen verlangen würden.
In einem Entschließungsantrag forderte Van der Bellen einen Schutzbrief für private Fremdwährungskreditnehmer,
der im Wesentlichen darauf hinausläuft, zu verhindern, dass Fremdwährungskredite an Privatpersonen in
den nächsten drei Jahren von den Banken fällig gestellt werden.
Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) gab zu bedenken, dass mit den Garantien auch Risken verbunden seien und letzten
Endes die Steuerzahler dafür haften. Zur gegenständlichen Debatte meinte er, nun dürfe das Kind
nicht mit dem Bade ausgegossen werden. Der freie, an Spielregeln gebundene Welthandel habe nach wie vor seinen
Sinn, habe doch gerade die Globalisierung in den letzten Jahren hunderte Millionen von Menschen aus der bittersten
Armut herausgeführt. Mit Nachdruck warnte Schüssel auch davor, als Reaktion auf die Finanzkrise die soziale
Marktwirtschaft in Frage zu stellen und die Privatisierung des Bildungs-, des Gesundheits- und des Pensionswesens
zu fordern. Klar war für Schüssel vielmehr, dass der Grund für die Krise nicht ein Marktversagen,
sondern ein Politikversagen gewesen ist, zumal ja die US-Regierung, wie er erinnerte, massiven Druck auf den Bankensektor
ausgeübt hatte, um amerikanischen "Häuselbauern" billiges Geld zur Verfügung zu stellen.
Soziale Marktwirtschaft funktioniere nur, wenn es einen transparenten Markt mit Regeln gibt, zeigte sich Schüssel
überzeugt.
Zur EU bemerkte der Redner, die Finanzkrise habe die Bedeutung der EZB und des Euro unterstrichen und darüber
hinaus auch gezeigt, wie wichtig gerade jetzt der Vertrag von Lissabon gewesen wäre. Änderungen des EU-Vertrags
hielt Schüssel für unumgänglich. Wenn jede einzelne dieser Fragen einem nationalen Referendum unterzogen
werden müsse, dann würden diese Vertragsänderungen aber nicht stattfinden, war für den Redner
klar.
Abgeordneter WESTENTHALER (B) sah keine Alternative zum vorliegenden Paket und kündigte ebenfalls die Zustimmung
seiner Fraktion an. Er erwartete sich von den Maßnahmen vor allem eine Stabilisierung des Geldmarktverkehrs
sowie die Wiederherstellung von Vertrauen, und wies gleichzeitig auf die Notwendigkeit einer starken Kontrolle
und voller Transparenz hin. Das Parlament dürfe keinen Blankoscheck verabschieden, sondern müsse die
Kontrolle über die Verwendung der Gelder bekommen, gab Westenthaler zu bedenken und forderte einen Mitwirkungsausschuss
nach deutschem Vorbild. Weiters verlangte er einen Verhaltenskodex für Manager sowie eine europäische
Bankenaufsicht. Angesichts der drohenden Rezession wiederum trat der Redner für Entlastungsmaßnahmen
durch eine Steuersenkung, um mehr Kaufkraft zu schaffen, sowie für den raschen Beschluss eines Konjunkturpakets
ein. Auch warnte Westenthaler vor "Verstaatlichungsromantik" als Folge der Finanzkrise.
Bundesminister FAYMANN zeigte sich erfreut über die breite Zustimmung im Parlament und betonte, man dürfe
nun nicht auf halbem Weg stehen bleiben. Es gehe vor allem darum, die Konsequenzen zu ziehen und Vorsorge zu treffen,
damit sich eine derartige Krise nicht wiederholen kann. Wichtig waren für Faymann in diesem Sinn eine Neuordnung
der Regeln und eine europäische Aufsicht über den Finanzmarkt. Handlungsbedarf sah er allerdings auch
im innerstaatlichen Bereich. Die gleiche Entschlossenheit wie beim Beschluss des 100-Milliarden-Paketes müsse
nun auch aufgewendet werden, um den drohenden negativen Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt entgegen zu
wirken, gab er mit Nachdruck zu bedenken.
Bundesminister DI PRÖLL begrüßte das Paket als ermutigendes Zeichen für die Zukunft und hob
vor allem auch die Reaktion der EU als positiv hervor. Im Übrigen meinte er, die Finanzkrise sei nicht dazu
angetan, eine Re-Verstaatlichungsdebatte alten Zuschnitts anzuziehen. Er zeigte sich vielmehr überzeugt davon,
dass das Wirtschaftsmodell der Zukunft nach wie vor die freie, soziale Marktwirtschaft sein werde, wies aber gleichzeitig
auf die Notwendigkeit von neuen Eckpunkten, wie etwa einer internationalen Regelung der Finanzmärkte, einer
verbesserten Aufsicht sowie mehr Transparenz hin. Eine der Lehren aus der Krise war für Pröll auch die
Erkenntnis, dass es unverzichtbar sei, die Finanzen ordentlich im Lot zu halten, um auf Notfälle reagieren
zu können.
Abgeordneter Mag. KOGLER (G) unterstützte das Paket mit den Worten, "ein klappriges Löschfahrzeug
sei besser als gar keines", hielt es aber für notwendig, nun die Konsequenzen aus den Gründen für
die Finanzkrise zu ziehen. Er forderte in diesem Zusammenhang bessere Regulierung, die Zusammenarbeit der nationalen
Finanzmarktaufsichten, ein Zulassungsverfahren für neue Finanzinstrumente, aber auch die Einführung einer
Finanztransaktionssteuer. Wichtig war für Kogler darüber hinaus eine Kontrolle der Verwendung der Gelder
aus dem Paket, um zu verhindern, dass sich die Banken nun "bedienen".
Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) verwies auf die Verantwortung der USA für die aktuelle Situation im Finanzsektor.
Verursacht habe die Krise die extreme Verschuldung der Vereinigten Staaten. Aussagen führender Finanzexperten
und Politiker wiesen auf die historische Bedeutung der gegenwärtigen ins Werk gesetzten Maßnahmen hin.
Krisen böten aber auch immer Chancen, Österreich sei dabei, diese zu nützen, und hätte die
Regierung nach 2006 stets so agiert wie jetzt, dann wäre die Gesamtperformance dieser Regierung substantiell
besser gewesen. Die Weltfinanzkrise beweise aber auch die evidente Bedeutung Europas. Man brauche also auch künftig
mehr Europa, schloss der Redner.
Abgeordneter Dr. FICHTENBAUER (F) brachte eingangs einen Entschließungsantrag betreffend umfassenden Bericht
über alle in den letzten Jahren eingegangenen Crossborder-Leasings sowie einen betreffend strafrechtliche
Verfolgung krimineller Manager ein. Durch Anstrengung aller Beteiligten sei es gelungen, ein akzeptables Paket
zu schnüren, das auch seine Fraktion mittragen könne, wenngleich es genug Anlass zu Kritik daran gebe.
Doch angesichts der Brisanz der Situation sei Handeln unabdingbar, deshalb trage man dieses Paket auch mit.
Abgeordneter KRAINER (S) sagte, bei einem Brand müsse man mehrere Schritte setzen. Man müsse den Brand
löschen und dabei vermeiden, dass Panik ausbricht. Man müsse weiters ein Übergreifen des Brandes
auf andere Bereiche verhindern und drittens müsse man den Schaden evaluieren und sicherstellen, dass sich
so etwas nicht wiederholen könne. Die gewählte Vorgangsweise entspreche genau diesen Notwendigkeiten,
und dementsprechend setze man heute den ersten Schritt, die nächsten Schritte würden in Bälde folgen,
müsse man doch ein Übergreifen der Krise auf die Realwirtschaft verhindern. Weiters brauche es künftig
Regulierung, Aufsicht und Kontrolle.
Abgeordneter BUCHER (B) analysierte die Ursachen der gegenwärtigen Krise. Zu Zeiten von Basel II sei man von
völlig falschen Annahmen ausgegangen, man sei den USA tatsächlich auf den Leim gegangen. Die falsche
Strategie, die man dadurch verfolgt habe, sei mithin verantwortlich für die Lage, in der sich viele Unternehmungen
nun befinden. Gegenwärtig müsse man eingestehen, dass die soziale Marktwirtschaft aus den Fugen geraten
ist. Die ungenügenden Mechanismen der Marktwirtschaft nützten einzelne Unternehmungen zu ihrem Vorteil,
und diese Entwicklung dürfe man nicht hinnehmen. In diesem Sinn brachte er einen Abänderungsantrag ein,
wonach ein Mitwirkungsausschuss eingesetzt werden soll, um sicherzustellen, dass die Mittel auch genau dort anlangen,
wo sie hingehörten. In diesem Zusammenhang regte der Redner die Schaffung eines staatlichen Fonds an. Das
Bankenrettungspaket sei richtig, es brauche aber ein Konjunkturbelebungspaket und weitere flankierende Maßnahmen
zur Vermeidung einer Rezession.
Abgeordnete CSÖRGITS (S) wies auf die Auswirkungen der gegenwärtigen Krise auf die Bürger hin und
meinte, die Politik sei daher gefordert, kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen zu setzen, um negative
Auswirkungen der gegenwärtigen Krise hintanzuhalten. Das vorliegende Paket trage dieser Erfordernis Rechnung.
Man müsse nun an einem Strang ziehen und das Wohl Österreichs in den Mittelpunkt des Handelns stellen.
Besonderes Augenmerk legte die Rednerin auf die Stärkung der Nachfrage und auf Maßnahmen zur Entlastung
der Arbeitnehmer sowie insbesondere der Arbeitnehmerinnen.
Abgeordneter AUER (V) erinnerte an die zyklischen Krisen anhand der Beispiele USA, Mexiko und Südkorea, die
sich immer wiederholten, da man sich international auf keine entsprechenden Maßnahmen habe einigen können.
Es gelte, Lehren aus dieser Entwicklung zu ziehen, um solche Krisen in der Hinkunft zu vermeiden. Für Österreich
habe man die richtigen Schritte gesetzt, wobei es überlegenswert sei, österreichische Banken aus ausländischem
Besitz zurückzuholen, um auch hier allfällige negative Entwicklungen a priori zu vermeiden.
Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) kritisierte wie sein Vorredner das Ignorieren der Warnsignale und machte die Deregulierung
der Finanzmärkte für diese negative Entwicklung verantwortlich. Diese Deregulierung habe die ÖVP
betrieben, ihre heutige Haltung sei daher nicht wirklich glaubwürdig. Es brauche ein Sanierungspaket mit glasklaren
Bedingungen, und letztere vermisse er nach wie vor, kritisierte der Redner, der einen Entschließungsantrag
betreffend Managergehälter und Managerhaftung einbrachte. Es werde sich an diesem System nichts ändern,
solange die Spielregeln dieses Systems nicht geändert werden, mahnte der Redner.
Abgeordneter THEMESSL (F) ortete die Ursache der Krise in dem Umstand, dass sich die EU stets an die USA angehängt
habe. Nun sei es wichtig, den heimischen Sparern zu garantieren, dass ihre Gelder sicher seien. Zudem dürfe
man auf jene nicht vergessen, deren finanzielle Verhältnisse gar keine Spareinlagen zuließen. Es brauche
also ein entsprechendes Maßnahmenpaket, um der Wirtschaftskrise wirkungsvoll gegenzusteuern. Hier bestehe
für die Regierung noch großer Handlungsbedarf. Demgemäß brachte er einen Entschließungsantrag
betreffend Steuer- und Abgabenentlastung ein.
Abgeordneter SCHEIBNER (B) zeigte sich froh über den Konsens zur gemeinsamen Bewältigung der Finanzkrise,
meinte aber, man dürfe nicht vergessen, dass nun bis zu 100 Mrd. € an Steuergeld eingesetzt werden sollen,
um Schäden zu beseitigen, die von Spekulanten angerichtet wurden. Drei Viertel der vorgesehenen Mittel werden
aufgewendet, um der Vertrauenskrise zwischen den Banken entgegenzuwirken. Daher wäre es nicht akzeptabel,
wenn Kreditnehmer mit höheren Zinsen oder fällig gestellten Krediten für die Fehler von Bankmanagern
haften sollen. Auch mahnte der Abgeordnete verstärkte Kontrollen ein, da kontrolliert werden müsse, was
mit den Steuergeldern in den Banken passiere. Nicht in Frage gestellt sehen möchte Scheibner die zweite und
dritte Säule des Pensionssystems. Auch die Freiheit der Wirtschaft und der Finanzwirtschaft sei zu wahren
- sie brauche aber Kontrolle und Sanktionen, wenn Missbrauch nachgewiesen wird.
Abgeordnete HAGENHOFER (S) hielt die grenzenlose Freiheit im Finanzsystem für die Ursache der heutigen Situation,
sie habe zur Notwendigkeit geführt, Banken mit Steuergeldern abzusichern. Besorgt zeigte sich die Rednerin
über aktuelle Krisenerscheinungen in Unternehmen der Autozulieferbranche, die über Auftragseinbrüche
klagen und den Abbau von Personal ankündigen. Dies seien die realen Folgen irrationaler Bankgeschäfte.
Nun gelte es Rettungsanker auszuwerfen, um dafür zu sorgen, dass Betriebe Kredite erhalten und Aufträge
vergeben können. Auch um ein Konjunkturpaket, das den Menschen Hoffnung auf Arbeit gebe, werde man laut Hagenhofer
nicht herumkommen.
Abgeordneter AMON(V) würdigte die Bereitschaft aller Fraktionen, dem vorliegenden Maßnahmenpaket zuzustimmen,
auch wenn klar sei, dass es beträchtliche finanzielle Folgen haben könne. Der Abgeordnete begrüßte
die Ermächtigung an den Finanzminister, Einfluss auf Unternehmen zu nehmen, die mit Steuergeldern gesichert
werden müssen. Die zweite und dritte Säule des Pensionssystems sei immer als Ergänzung zum staatlichen
Pensionssystem gedacht gewesen, stellte Amon klar und sah keinen Anlass, das System der Pensions- und der Abfertigungskassen
in Frage zu stellen.
Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) hielt demgegenüber fest, die ÖVP habe die Menschen in die private Pensionsvorsorge
gedrängt. Den Brand, den es nun zu löschen gelte, führte die Rednerin auf die Auffassung zurück,
die Finanzmärkte regelten sich selber, jeder sollte dort die Möglichkeit haben zu spekulieren und zu
gewinnen. Einige wenige haben dort gewonnen, aber viele verloren. Die neoliberale Politik habe seit den achtziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts weltweit Millionen von Menschen in die Armut getrieben, klagte Lunacek: Das müsse
nun ein Ende haben, die internationalen Finanzinstitutionen, insbesondere des Internationalen Währungsfonds,
seien zu reformieren. Außerdem drängte Lunacek auf eine gemeinsame europäische Finanzmarktaufsicht,
die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene und auf die Widereinführung
der Börsenumsatzsteuer in Österreich. Dazu legte Abgeordnete Lunacek einen Entschließungsantrag
ihrer Fraktion vor.
Abgeordneter GRADAUER (F) klagte über die geplante Gaspreiserhöhung in Oberösterreich und wies auf
exorbitanten Spekulationsverluste bei den ÖBB hin. Auch würden die BürgerInnen nicht verstehen,
dass die Großbanken nun mit Hilfe einer staatlichen Bürgschaft die Constantia-Bank um einen symbolischen
Preis kaufen können. Handlungsbedarf sah der Redner auch bei den Pensionskassen, die für die künftigen
Pensionisten nicht einmal eine Inflationsabgeltung erreichen, daher beantragte der Redner eine Novelle zum Pensionskassengesetz
zur Stärkung der Pensionsanwärter.
Abgeordneter SCHALLE (B) hielt es angesichts fauler amerikanischer Finanzprodukte nicht für ausreichend, mit
dem Finger auf die Verkäufer zu zeigen, man müsse auch fragen, warum europäische Banken diese Papiere
gekauft haben. Ist der enorme Umfang des österreichischen Banken-Rettungspaket ein Hinweis auf negative Informationen
über den Zustand des Bankensektors, fragte Veit Schalle und forderte die Bundesregierung auf: "Legen
Sie die Karten offen auf den Tisch". Versagen ortete Veit Schalle bei den Aufsichtsorganen, den Revisionsverbänden
und bei der FMA und verlangte eine bessere Kontrolle. Nicht nur ÖBB und AUVA, sondern auch Gemeinden haben
über SWAP-Geschäfte und Cross-Border-Leasings sehr viel Geld verloren, für das der Steuerzahler
nun ebenso gerade stehen müsse wie für die Verluste der Millionärsbank Constantia, ohne dass dort
Konsequenzen im Management verlangt würden.
Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) erinnerte seinen Vorredner an die Verantwortung von Verkehrsminister Hubert Gorbach
für die Bestellung des ehemaligen ÖBB-Generaldirektors Huber. Über die Absicherung des Finanzsystems
hinaus brauche Österreich ein Paket zur Konjunkturbelebung, sagte Jarolim. Die Behauptung des ehemaligen Finanzministers
Grasser, Finanzmärkte regulierten sich selbst, sei nun definitiv widerlegt. Dort seien fiktive Werte geschaffen
worden, die sich immer weiter von der Realwirtschaft entfernt haben. Gewinnoptimierungsmodelle für wenige
wie bei der Meinlbank seien abzustellen, sagte Jarolim und brach eine Lanze für eine nachhaltige Ordnungspolitik
in der Finanzwirtschaft.
Abgeordneter Mag. IKRATH (V) legte einen Abänderungsantrag mit formalen Korrekturen an der Regierungsvorlage
vor. Die wesentlichen österreichischen Banken seien solide und sicher - niemand müsse um seine Guthaben
bangen. Das ambitionierte Paket, das nun beschlossen werde, diene der Immunisierung der österreichischen Wirtschaft
gegen die Auswirkungen der weltweiten Krise. Das Sicherungspaket verbessere die internationale Wettbewerbsposition
der Banken gegenüber internationalen Konkurrenten, deren Bonität durch staatliche Haftungen bereits gestärkt
wurde. Von den Banken sei das nötige Verantwortungsbewusstsein, vom Finanzminister Fingerspitzengefühl
bei der Umsetzung der Auflagen zu erwarten, die im Falle eines direkten oder indirekten Engagements des Staates
bei den Banken vorgesehen sei. Die Maßnahmen zugunsten der KMU begrüßte der Abgeordnete ausdrücklich,
weil diese ohnehin unter konjunkturellem Druck stünden.
Auch Abgeordnete Dr. LICHTENECKER (G) bekannte sich namens der Grünen zur Stärkung des Vertrauens in
das Finanzsystem. Ihre Fraktion habe dazu schon im Juli einen Antrag eingebracht, der abgelehnt worden sei. Lichtenecker
befürchtete ein Durchschlagen der Krise auf die Realwirtschaft und mahnte bessere gesetzliche Rahmenbedingungen
für die Öko- und Umweltwirtschaft ein, die im Export unter Druck stehe und einen stärkeren Heimmarkt
brauche. Die Finanzkrise dürfe jedenfalls nicht dazu führen, die Klimakrise aus den Augen zu verlieren,
denn die Klimaerwärmung beschleunige sich rascher als befürchtet. Auch brauche Österreich eine ökosoziale
Steuerreform, um Binnenmarkt und Kaufkraft zu stärken.
Abgeordneter KICKL (F) wies den Versuch von SPÖ und ÖVP zurück, sich mit salbungsvollen Worten als
Gärtner darzustellen, nachdem sie sich im Garten der Wirtschaftspolitik zwei Jahre lang als Bock aufgeführt
habe. SPÖ und ÖVP seien für den Brand mitverantwortlich, den zu löschen sie nun vorgeben. Die
Koalitionsparteien haben die Steuerreform, die die FPÖ verlangt habe, um die Binnenkaufkraft zu stärken
und der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken, abgelehnt, und damit gezeigt, dass sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt
habe. Der ÖVP warf Kickl vor, am Dogma des Neoliberalismus festgehalten zu haben, aber auch die SPÖ sei
neoliberal, wie das Wiener Beispiel zeige, wo nicht einmal mehr die Straßenbahnen der Öffentlichkeit
gehörten, sondern Firmen jenseits der Grenze, an die sie im Rahmen von Cross-Border-Geschäften verscherbelt
worden seien. In einem Entschließungsantrag der FPÖ drängte der Redner schließlich auf ein
Aussetzen der Privatisierungsbestrebungen bei der AUA.
Abgeordneter Mag. DARMANN (B) bekräftigte, beim vorliegenden Maßnahmenpaket gehe es um einen "Löscheinsatz".
Mittel- und langfristig werde es aber notwendig sein, dafür Vorsorge zu treffen, dass international ein sicheres,
"feuerfestes" Konstrukt der Finanzmärkte aufgebaut wird, bekräftigte er. Nur so sei künftig
ein Übergreifen von "Schwelbränden" zu verhindern. Besondere Kritik übte Darmann an der
Intransparenz und der mangelnden Kontrolle am US-Finanzmarkt. Er verlangte aber auch eine umfassende Kontrolle
der österreichischen Kredit- und Versicherungswirtschaft.
Abgeordnete TAMANDL (V) setzte sich mit den Wortmeldungen einzelner Abgeordneter auseinander und wandte sich dagegen,
der künftigen Regierung vorzugreifen und im Parlament über das vorliegende Maßnahmenpaket hinaus
"Kraut und Rüben" zu beschließen. Darüber hinaus wies sie darauf hin, dass es noch gar
nicht sicher sei, wie viele der vom Bund zugesagten Haftungen überhaupt schlagend würden. Erfreut äußerte
sich Tamandl über die erhöhte Einlagensicherung für kleine und mittlere Unternehmen. Gleichzeitig
hob sie die Notwendigkeit hervor, Betrieben einen erleichterten Zugang zu Krediten zu gewähren.
Abgeordneter Mag. STADLER (o.F.) kündigte an, dem vorliegenden Gesetzespaket entgegen seiner ursprünglichen
Absicht in Dritter Lesung zuzustimmen. Er habe großes "Bauchweh" dabei, meinte er, allerdings gebe
es keine Alternative. Die Hauptlast des Hilfspakets wird seiner Auffassung nach der Mittelstand tragen, also jene,
"die tatsächlich noch Steuern zahlen".
Generell forderte Stadler eine strengere Kontrollen der Banken und eine weitreichendere Haftung für Bankmanager.
Sollten die Banken das ablehnen, werde sich das Parlament zu wehren wissen, bekräftigte er. Stadler stellte
in diesem Zusammenhang auch in Frage, ob Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner zu Recht in der Haftanstalt sitzt, während
andere Bankmanager, die für ähnliche Risikogeschäfte verantwortlich seien, nicht behelligt würden.
Als "Gebot der Stunde" nannte Stadler die Einrichtung eines staatlichen Fonds für KMUs.
Das Interbankmarktstärkungsgesetz und das Finanzmarktstabilitätsgesetz sowie die damit in Zusammenhang
stehenden Gesetzesänderungen wurden vom Nationalrat unter Berücksichtigung des V-S-Abänderungsantrags
in Dritter Lesung einstimmig verabschiedet. Der Abänderungsantrag des BZÖ blieb in der Minderheit.
Von den Abgeordneten einstimmig angenommen wurde auch die dem Bericht des Finanzausschusses angeschlossene Entschließung
betreffend Neuausgestaltung einer leistungsfähigen Anlegerentschädigung. Die Entschließung betreffend
Gleichstellung der Anleihen im Direktbestand und in Fonds erhielt Stimmenmehrheit. Die Entschließungsanträge
der Grünen betreffend Schutzbrief für private FremdwährungskreditnehmerInnen und KMU-Sicherheitspaket,
betreffend Managergehälter und betreffend Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer sowie die Entschließungsanträge
der FPÖ betreffend Cross-Border-Leasing, betreffend strafrechtliche Verantwortlichkeit krimineller Bank- und
Finanzdienstleistungsmanager, betreffend Entlastung österreichischer Bürger und Unternehmen, betreffend
notwendige Änderungen im Pensionskassengesetz und betreffend AUA-Privatisierung lehnte der Nationalrat hingegen
mehrheitlich ab.
Einhellige Zustimmung erhielt schließlich ein Antrag, der darauf abzielt, die außerordentliche Tagung
des Nationalrats mit Ende der Sitzung für beendet zu erklären. |