IV-Konjunkturbarometer fällt knapp über Null-Linie – Einbruch bei Auftrags- und Ertragslage
– Erwartungsindikatoren stürzen ab – IV-GS Beyrer: Kluge Konjunkturpolitik notwendig
Wien (pdi) - „Der Befund der aktuellen IV-Konjunkturumfrage fällt ebenso eindeutig wie ernüchternd
aus: der Faden der Industriekonjunktur ist im Spätsommer gerissen. Die Abwärtsdynamik hat sich gegenüber
dem Vorquartal nicht nur fortgesetzt, sondern nochmals verstärkt – die Folge ist ein Fall des IV-Konjunkturbarometers
bis nahezu auf die Null-Linie. Unsere im Verlauf mehrerer Quartale zunehmend pessimistische Erwartungshaltung findet
sich damit von der Realität bedauerlicherweise bestätigt“, bringt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung
(IV) Mag. Markus Beyrer das Hauptergebnis der IV-Konjunkturerhebung für das 3. Quartal 2008 auf den Punkt.
Das aktuelle Bild ist von der Sorge geprägt, dass die in einer wachsenden Zahl von europäischen Ländern
zu beobachtenden rezessiven Tendenzen auch auf die heimische Volkswirtschaft übergreifen könnten. Diese
betreffen nach Dänemark und Italien mittlerweile neben anderen Ländern auch Großbritannien, Spanien
und Deutschland. Als für Österreich erschwerend zeigt sich das monatelange standortpolitische Gestaltungsdefizit
in seiner Verquickung mit der leichtfertigen Ausgabe von Budgetmitteln im Wahlkampf. Nicht budgetierte Mehrausgaben
seit 2007 in Höhe von 2,5 Mrd. € (davon kosten allein die jüngsten Vorwahlzuckerl rund 1,8 Mrd. €)
sind – ohne den Standort strukturell zu stärken – wirkungslos verpufft“, kritisiert IV-Generalsekretär
Beyrer.
Entscheidend sei nun, dass die richtige Konjunktur- und Wirtschaftspolitik durch die Politik entwickelt und umgesetzt
wird. „Das heute im Nationalrat zu beschließende Konjunkturpaket ist dafür erst der Anfang. Weitere
Strukturmaßnahmen werden folgen müssen“, betont Beyrer. Beispiele dafür seien unter anderem:
- Abschaffung Gesellschaftssteuer und Kreditvertragsgebühr – Um die Eigen- und Fremdkapitalzufuhr für
Unternehmen zu erleichtern und den bevorstehenden
- Einbruch bei der Investitionstätigkeit abzufangen, bedarf es der ersatzlosen Abschaffung der Gesellschaftssteuer
ebenso wie der Kreditvertrags- und Darlehensgebühr. Diese Maßnahmen sind – wann, wenn nicht jetzt? –
ein Gebot der Stunde und daher im Zuge der laufenden Regierungsverhandlungen rasch zu beschließen.
- Zur Sicherung der Standortattraktivität für Forschung und Entwicklung insbesondere im Lichte der
Bemühungen von Konkurrenzstandorten spricht sich die Industrie für die Erhöhung der Forschungsfreibeträge
und der Forschungsprämie aus. Konkret geht es um die Erhöhung der Forschungsfreibeträge um jeweils
zehn Prozentpunkte und die Anhebung der Forschungsprämie um zwei Prozentpunkte.
- Notwendig und sinnvoll ist eine effiziente und vorausschauende Raumordnungspolitik. Der Bundesgesetzgeber soll
durch eine Rahmenkompetenz die Möglichkeit haben, grundsätzliche Bestimmungen über Planungsmaßnahmen
der überörtlichen und kommunalen Raumplanung sowie Planungs- und Koordinationspflichten zu regeln und
damit die Raumordnung der Länder an bestimmte Mindestanforderungen zu binden. Zudem müssen geeignete
Standorte und Korridore für übergeordnete Infrastrukturprojekte ausgewiesen und gesichert werden.
- Ein Gesamt-Investitionspaket für den Kraftwerksbau muss geschnürt werden. Dabei ist ein Schwerpunkt
auf Wasserkraft zu legen – kombiniert mit einem Sondergesetz über ein Fast-Track-Procedure für die Genehmigung
dieser Projekte in einer maximalen Dauer von zwei Jahren ab Antragsstellung (politisches Commitment durch Bund-Länder-Vertrag
– 15a-Vertrag).
- Verdoppelung der Mittel für Green ICT auf 14 Mio., um Marktdurchdringung zu verstärken. Vorteile:
Ausbau von internationaler Technologieführerschaft durch österreichische Unternehmen sowie Energiekosteneinsparung.
„Österreich hat aufgrund richtiger Strukturmaßnahmen in der Vergangenheit eine bessere Ausgangsposition,
die aktuelle Finanzkrise und den Konjunkturabschwung zu meistern. Wenn wir es richtig machen, werden wir auch schneller
wieder in den Aufschwung kommen“, betont Beyrer. Dazu bedürfe es allerdings der richtigen Maßnahmen,
gepaart mit einem der spezifischen Situation angepassten Maß an Budgetdisziplin. „Über kurzfristige
Schutzschildfunktionen hinausgehende Wieder-Verstaatlichungsphantasien haben in solch einer Politik naturgemäß
keinen Platz.“
Die Ergebnisse im Detail
Gegenüber dem 2. Quartal 2008 fällt das IV-Konjunkturbarometer, das als Mittelwert aus den Beurteilungen
der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in 6 Monaten gebildet wird, von +22 Punkten
auf +4 Punkte. Die Lagekomponente bildet sich abermals drastisch um 13 Punkte (Saldo +34 nach +47) und damit zum
fünften Mal in Folge zurück, während die Erwartungskomponente von einem bereits marginal negativen
Saldo von -2 Punkten tief in negatives Territorium hinein stürzt (Saldo -27). „Die österreichische Industrie
stellt sich auf eine bis weit in das Jahr 2009 hinein andauernde realwirtschaftliche Schwächephase ein“, analysiert
IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein. „Dabei wurde zusätzlichen konjunkturellen Dämpfern infolge
der Zuspitzung der Finanzmarktkrise noch gar nicht Rechnung getragen“.
Die bis in das erste Quartal hinein auf sehr gutem Niveau angesiedelten Auftragsbestände haben in den letzten
Monaten einen erheblichen Dämpfer erlitten. Schwächer entwickelten sich gleichermaßen sowohl die
inländischen als auch die ausländischen Bestellungen, sodass sich die Gesamtauftragsbestände um
22 Punkte auf einen Saldo von +25 Punkten verminderten, wobei der Saldo der Auslandsaufträge von +42 Punkten
auf +23 Punkte abnahm.
„In saisonbereinigter Betrachtung wird das Produktionswachstum im Herbst zum Stillstand kommen, wenn nicht sogar
leicht rückläufig sein. Die schon seit einem Jahr zu beobachtende Rücknahme des Expansionstempos
der Industrieproduktion, selbst eine geringfügige Rückführung derselben wird jedoch angesichts des
sich beschleunigenden Aufbaus der Fertigwarenlager voraussichtlich noch nicht ausreichen, die Auftragsreichweite
zu stabilisieren“, prognostiziert IV-Ökonom Helmenstein.
„Vor diesem Hintergrund wird sich der bis dato positive Beschäftigungstrend in der Industrie noch während
des laufenden Quartals umkehren (Saldo -19 nach +14)“, betont IV-Generalsekretär Beyrer.
Trotz der in den letzten Wochen schwächeren Entwicklung der europäischen Gemeinschaftswährung –
nach einer ganzen Reihe von aufwertungsbedingt schwierigen Quartalen – setzt auch der Indikator der Verkaufspreise
(-2 nach 0) keinen positiven Kontrapunkt. Die Aussicht auf wechselkursbedingt bessere Erträge der exportorientierten
Unternehmen wurde von der raschen Abkühlung des globalen Konjunkturklimas zunichte gemacht. Gegenwärtig
liegt die Ertragslage im konjunkturellen Nirwana (Saldo +26) – doch es steht ein weiteres Abschmelzen der Unternehmenserträge
bis auf Rezessionsniveaus (Saldo -18 auf Sicht von sechs Monaten) zu befürchten.
Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 452 Unternehmen mit mehr als
297.800 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen
werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten)
Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver
und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.
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