Kurzfristig weiter verstärkte Kooperation der EU-Bankenaufsichtsbehörden, längerfristig
dezentrales Europäisches Bankenaufsichtssystem erforderlich
Wien (oenb) - „Wir benötigen einen Masterplan mit dem Endziel eines dezentral ausgestalten Europäischen
Bankenaufsichtssystems“, so Ittner im Rahmen einer Veranstaltung des Europäischen Parlaments über geplante
Änderungen in den EU-Bankenaufsichtsregelungen. Direktor Ittner sprach sich damit heute im Zuge der aktuellen
Finanzmarktkrise für eine Weiterentwicklung des derzeitigen institutionellen Aufsichtsrahmens aus.
Die voranschreitende Integration des Binnenmarktes und intensive grenzüberschreitende Geschäftsaktivitäten
der Banken seien mit einer primär nationalen Aufsichtsperspektive nicht vereinbar. Hier handle es sich um
ein „inkompatibles Dreieck“, daher müsse die Aufsicht verstärkt „europäisch“ werden. Kurzfristig
sei in diesem Sinne die Kooperation der nationalen Aufsichtsbehörden weiter zu verstärken. Mag. Ittner
sieht hier die konkrete praktische Zusammenarbeit, die v.a. im Rahmen von sogenannten „Colleges“ der Aufsichtsbehörden
stattfindet, durchaus noch als ausbaufähig an. „Es sollten verstärkt themenbezogen Aufsichtsteams gebildet
und die Aufgabenverteilung noch weiter optimiert werden.“ Parallel dazu sollte die Harmonisierung des Rechtsrahmens
weiter vorangetrieben werden. So müsse sichergestellt sein, dass Banken mit gleichen Risiken auch gleich behandelt
werden, egal in welchem Mitgliedstaat sie konzessioniert sind. Das dürfe jedoch nicht mit einem „one-size-fits-all“-Ansatz
verwechselt werden, da etwa Banken mit vergleichsweise geringem Risiko nicht gleich behandelt werden dürften
wie Banken mit hochkomplexen und riskanteren Geschäftsaktivitäten.
Längerfristig sollte analog zur Erfolgsgeschichte des Europäischen Systems der Zentral-banken ein dezentral
ausgestaltetes Europäisches Bankenaufsichtssystem errichtet werden. Ein solches System könne jedoch nicht
von einem Tag auf den anderen etabliert werden: „Als grundlegende Voraussetzung für die Errichtung eines solchen
Systems bedarf es eines klaren politischen Commitments und wohl auch einer verstärkten politischen Integration.
Darüber hinaus müsste neben der Lösung von technischen und rechtlichen Fragen insbesondere auch
geregelt werden, wie in einem solchen System Krisenfälle gelöst werden“, so Ittner. So sei die jüngst
EU-weite Koordination von Maßnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens und der Sicherung der Funktionsweise
des Finanzsystems zwar sehr zu begrüßen, „im Fall eines Europäischen Aufsichtssystems hätte
es jedoch noch weitergehender Schritte bedurft“.
Dem von einigen internationalen Großbanken favorisierten Konzept eines sogenannten „Lead Supervisors“ erteilte
Ittner demgegenüber eine klare Absage. Der Lead Supervisor – die Benennung einer Aufsichtsbehörde, die
für die gesamte Aufsicht einer grenzüberschreitend tätigen Bankengruppe zuständig ist – würde
v.a. in einer Fragmentierung des Aufsichtsrahmens und Bankgruppen-spezifischen Sonderlösungen resultieren,
die schlussendlich zu einer Wettbewerbsverzerrung für die Banken selbst führen. Im Ernstfall wäre
zudem auch ein effektives Krisenmanagement erschwert.
„Im Sinne einer zielgerichteten Weiterentwicklung der europäischen Bankenaufsichtsarchitektur ist es daher
erforderlich, jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen und Weichenstellungen vorzunehmen. Dafür würde
sich ein Masterplan anbieten, in dem die einzelnen Vorbereitungsschritte hin zu einem Europäischen Bankenaufsichtssystem
fixiert werden“, schloss Ittner. |